Gamechanger

Zum Allrounder geworden: deutscher Eurofighter verschießt ersten Meteor

Im schottischen Lossiemouth verschoss ein Eurofighter der Bundeswehr erstmals den Lenkflugkörper Meteor: Mit einer Reichweite von bis zu 200 Kilometern ergänzt die Rakete den Waffenmix am Kampfjet. Warum war dieser Erstverschuss besonders? Und wie erhöht Meteor die Wirksamkeit des Eurofighters im Einsatz?

Ein Mann steht seitlich an einer Rakete. Im Hintergrund steht ein anderer Mann.

Bisher war der Eurofighter mit dem Kurzstrecken-Lenkflugkörper IRIS-TInfra-Red Imaging System–Tail/Thrust Vector-Controlled – einem hitzesuchenden Lenkflugkörper – und dem Mittelstrecken-Lenkflugkörper AMRAAMAdvanced Medium-Range Air-to-Air Missile ausgestattet. Der Langstrecken-Lenkflugkörper Meteor ergänzt den Waffenmix für Distanzen außerhalb der Sichtweite der Pilotinnen und Piloten. Mit Meteor steht den Luftfahrzeugführerinnen und -führern ein hochmoderner und äußerst leistungsstarker Effektor zur Verfügung, um gegen feindliche Luftfahrzeuge in hoher und mittlerer Entfernung wirken zu können. Denn im Bündnisfall muss die Bundeswehr über eine größere Bekämpfungsreichweite als ihr Gegner verfügen. 

Schottland als Kampagnenland – doch warum?

„Wir haben in Schottland den Luxus, dass der Atlantik direkt ‚vor der Haustür‘ liegt und wir die Lenkflugkörper über See verschießen können. Deutschland ist ein sehr dicht besiedelter Raum, wo ein Verschuss eines Lenkflugkörpers mit einer derart hohen Reichweite nicht möglich ist“, erklärt „Bookie“, einer der Piloten vor Ort. Es war also notwendig, die Kampagne außerhalb von Deutschland durchzuführen.

Das britische, spanische und italienische Militär nutzen ebenfalls den Eurofighter und beteiligen sich demnach auch an dem Beschaffungsprojekt Meteor. Alle Staaten verfolgen das gleiche Ziel, arbeiten zusammen und tauschen Daten aus. Insgesamt werden künftig mehr als sechs Nationen den Lenkflugkörper nutzen.

  • Zwei Personen schauen mit einer Taschenlampe unterhalb eines Kampfjets nach oben.

    Vor jedem Flug machen Pilot und Techniker zusammen einen Sicherheitscheck

    Bundeswehr/Dirk Bannert
  • Ein Mann und eine Frau sehen in den Innenraum eines Cockpits#en eines Kampfjets.

    Sonja S. verschafft sich einen Überblick zu Beginn ihrer Zeit als Kampagnenführerin vor Ort

    Bundeswehr/Dirk Bannert
  • Ein Kampfjet fliegt schräg nach oben. Im Hintergrund sind Gebäude und Felder zu sehen.

    Auf dem Weg zur Testrange

    Bundeswehr/Dirk Bannert
  • Zwei Kampfflugzeuge stehen auf einer asphaltierten Fläche; im Hintergrund ist ein Feld zu sehen.

    In Loussiemouth waren drei Eurofighter im Einsatz: Zwei wurden mit Lenkflugkörpern ausgestattet, der dritte fungierte als sogenanntes Chase-Luftfahrzeug und dokumentierte das Abgangsverhalten des Lenkflugkörpers mit einer Kamera

    Bundeswehr/Dirk Bannert

Wie läuft eine solche Erprobung ab?

Die Planung beginnt frühzeitig. Denn für ein solches Vorhaben sind viele einzelne Schritte notwendig: Beispielweise wäre die Testrange – der Ort des Verschusses – nicht mehr verfügbar gewesen, wenn der Verschuss zu spät geplant worden wäre. Die Anzahl der Zeiträume, in denen die Erprobung möglich gewesen wäre, war begrenzt. Auch das Wetter sei ein Faktor, der großen Einfluss auf eine solche Kampagne habe, sagt Sonja S., die der Kampagnenführung angehört. 

Im Fokus der Planungen stehen auch die technischen Weiterentwicklungen: „Plattformseitig – also am Eurofighter – gab es ein nationales Update der Avionik – also der elektrischen und elektronischen Geräte an Bord des Flugzeugs – welches auch die Integration des Lenkflugkörpers Meteor betrifft. Bei der Planung der Verschusskampagne hatte man sich daher frühzeitig darauf verständigt, diese Weiterentwicklung abzuwarten, um den neuesten Stand der Technik zu untersuchen,“ berichtet Oberstleutnant Stefan R., der ebenfalls Teil der Kampagnenführung ist. Deshalb liegt zwischen den ersten Tragversuchen – also dem Tragen der Lenkflugkörper am Eurofighter – und dem Erstverschuss ein Zeitraum von circa drei Jahren.

Vielseitiges Spektrum vor Ort

Ein Mann steht vor einer Halle in der ein Kampfjet steht.

Bookie ist einer der Eurofighterpiloten und gibt einen Einblick in seinen Alltag vor Ort. Der Hauptmann fliegt das Kampfflugzeug seit mittlerweile sechs Jahren.

Bundeswehr/Dirk Bannert

Vier Fragen an „Bookie“

Was genau sind Ihre Aufgaben hier vor Ort?

Vor Ort bin ich primär als sogenannter „Shooter“ geplant, also um die Lenkflugkörper zu verschießen. Daneben ist es auch meine Aufgabe, Daten zu sammeln, auszuwerten und zu unterstützen. Die Daten werden dann durch ein integriertes Team aus Fachexpertinnen und -experten der Bundeswehr und Industrie ausgewertet. Während des Fluges versuchen wir auch, deren Vorgaben umzusetzen.

Welche Funktionen sind noch vor Ort vertreten?

Von meinen Kameraden werden außerdem die Aufgaben der Planung abgedeckt: Diejenigen schreiben also dann die Flugpläne, die geflogen werden sollen. Auch die Koordination ist eine Aufgabe hier vor Ort. Derjenige steht also im ständigen Kontakt mit der Range, wo die Lenkflugkörper verschossen werden. Dahinter steckt ein sehr, sehr hoher Koordinationsaufwand: Wir fliegen hier vor Ort verschiedene Profile – also geplante Flüge mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und Konfiguration sowie anderen Parametern. Diese müssen alle einzeln vor Ort abgesprochen werden. Da kommt es auf jedes Detail an: Auf welcher Gradzahl fliegt das Ziel? Wie schnell fliegen wir? Und das ist dann auf einen Kilometer pro Stunde runtergebrochen – also sehr genau. Als Ziele dienen Drohnen, die extra für diesen Zweck zum Einsatz kommen.

Weshalb ist Meteor ein „Gamechanger“ für die Luftwaffe?

Meteor ist einer der modernsten Lenkflugkörper mit einer sehr hohen Reichweite. Auch deshalb ist ein derart großer Luftraum wichtig, um diese Kampagne durchführen zu können. Man kann sich die Reichweite des Meteor etwa als die Entfernung zwischen Köln und Stuttgart vorstellen. Der Lenkflugkörper ist neben der enorm hohen Reichweite äußerst leistungsstark, effektiv und spielt damit in der „ersten Liga der Lenkflugkörper“ mit. Das trägt ungemein dazu bei, den Eurofighter als Waffensystem zu behaupten. Dadurch können wir uns selbst besser schützen, weil Ziele bereits auf große Entfernung bekämpft werden können und nicht so nah an uns herankommen können. So ist Meteor auch in Bezug auf die Abschreckung ein großer Gewinn.

Wie aufwendig sind die Planung, Durchführung und Nachbereitung einer solchen Kampagne?

Die Planung einer solchen Kampagne ist sehr aufwendig und nimmt teilweise Jahre in Anspruch. Das hat auch den Hintergrund, dass der Luftraum aufgrund seiner besonderen Merkmale von mehreren Nationen genutzt wird. Dementsprechend sind die Übungszeiträume vor Ort sehr eng getaktet und deshalb muss eine solche Kampagne frühzeitig angemeldet werden. Die Flugprofile müssen geplant und durchgerechnet werden, weil wir im Vorfeld wissen möchten, welche Daten genau gesammelt werden sollen. Nichts wird hier dem Zufall überlassen. Dazu gehört auch, dass die Profile vorab durch verschiedene Simulationsprogramme laufen. Die zuständigen Ingenieurinnen und Ingenieure werten gemeinsam mit den Testpiloten die Simulationen aus und entscheiden, welche Profile im Live-Verschuss überprüft werden sollen.

Gelungene Kampagne auf dem Weg zur Zulassung

„Auf der Kampagne ist der erste Meteor-Lenkflugkörper von einem deutschen Eurofighter erfolgreich verschossen worden. Das ist ein wichtiger Meilenstein für das Waffensystem Eurofighter und auf dem Weg zur Zulassung des Systems.

Als Erprobungsdienststelle ist dies unsere Aufgabe und wir sind froh, einen so wichtigen Beitrag für die Zulassung zu leisten. Dass die Kampagne von der Vorbereitung bis hin zur Durchführung trotz einiger Herausforderungen so gut gelaufen ist, war schon echt eine tolle Leistung von allen Beteiligten“, fasst Sonja S. rückblickend zusammen.

Mit der Kampagne konnte gezeigt werden, dass der Wirkverbund Eurofighter und Meteor funktioniert.

von: Heike Westhöfer

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