Transkription: 65 Jahre WTDWehrtechnische Dienststelle 61 - Rückblick 2022
Transkription: 65 Jahre WTDWehrtechnische Dienststelle 61 - Rückblick 2022
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Die Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bundeswehr in Manching trägt seit nunmehr 65 Jahren mit ihren Erprobungen dazu bei, dass der Bundeswehr sicheres und leistungsfähiges Fluggerät zur Verfügung steht.
Blicken wir zurück auf einige Höhepunkte aus der Geschichte der WTDWehrtechnische Dienststelle 61.
Die Reise begann 1957 in Oberpfaffenhofen. Damals noch unter dem Namen Erprobungsstelle 61, von den Beschäftigten auch kurz als E-Stelle bezeichnet.
Schon bald erwies sich das Gelände als unzureichend für zukünftige Projekte und Erprobungen.
Als neuer Standort wurde der schon bestehende Flugplatz in Manching gewählt. Dort wurde Anfang der 60er Jahre intensiv mit der Schaffung der notwendigen, damals äußerst modernen Infrastruktur begonnen. Besonders das Großbauprojekt der Werft 1 mit ihren markanten Pylonen prägt auch heute noch die Silhouette der Dienststelle.
Im Jahre 1965 war es dann soweit. Die Erprobungsstelle zog um nach Manching.
Die 60ger Jahre waren geprägt von Luftfahrzeugen aus den USA, welche in den Betrieb der Bundeswehr integriert werden sollten. Dazu leistete die E-Stelle einen wichtigen Beitrag. Erprobt wurden unterschiedlichste Luftfahrzeugmuster. So zum Beispiel der Hubschrauber Sikorsky S-64, auch fliegender Kran genannt. Die berühmte Bell UH-1D war ebenso immer wieder im bayrischen Luftraum zu sehen.
Experimentelle Projekte gehörten damals zur Tagesordnung. Die Möglichkeit zum Raketenstart des Starfighters ist auch heute noch ein beeindruckender Anblick und eine der spektakulärsten Erprobungen.
Das Thema Senkrechtstarter beschäftigte die Erprobungsstelle Ende der 60er Jahre. Dabei wurden 3 verschiedene Muster erprobt und getestet. Die Do-31. Die VJ-101. Und die VAK 191 B.
Im Laufe der Jahre wuchs die Erprobungsstelle 61 stetig und wurde zu einer festen Größe in der Region. Schon damals lockte sie viele begeisterte Zuschauer in die Dienststelle, wenn zum Flugtag geladen war.
Die 70er Jahre. Sie standen ganz im Zeichen internationaler Zusammenarbeit. Dies gipfelte in einem europäischen Großprojekt. Dem Tornado. Der immer noch fest zur Bundeswehr gehörende Jet hatte im Jahre 1974 seinen Erstflug in Manching. Unter den Augen zahlreicher Vertreter der Partnernationen Großbritannien, Frankreich und Deutschland konnte der Tornado erstmals zeigen was er kann.
Die Infrastruktur wurde immer weiter ausgebaut. Neue Messanlagen und Geräte wurden eingeführt. Ein weiteres Highlight war der Bau der Werft 2 Mitte der 70er Jahre. Diese Werft wurde unter anderem die Heimat der Transall. Dieses Transportflugzeug war schon seit 1967 fester Bestandteil des Erprobungsbetriebs der E-Stelle. In dieser Zeit waren bereits viele verschiedene Luftfahrzeugmuster in Manching zu Hause, was die Dienststelle bis heute einzigartig macht. Alphajet, CH-53, Transall. Bell-UH1D, Tornado, Starfighter. 1967 wurden bei der Erprobungsstelle 111 Luftfahrzeuge geführt. Es gab immer viel zu sehen am Himmel über Manching.
Auch Erprobungen im Ausland gehörten schon immer zum Alltag des Flugversuchs. Ob in den USA, in Schweden oder in Südafrika. Oder Anfang der 80er in Großbritannien bei einer umfangreichen Erprobung des Lenkflugkörper Sidewinder mit der F-4 Phantom. Die Erprobungsstelle 61 erfüllt ihren Auftrag weltweit. Bis 2004 gab es in Istres, Frankreich, sogar eine eigene Außenstelle.
Im Jahre 1987 erfolgte eine Umbenennung der Dienststelle. Aus E-Stelle wurde Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bundeswehr, kurz WTDWehrtechnische Dienststelle 61. Der neue Name änderte nichts an den Aufgaben, es wurde weiter erprobt.
1988 erfolgte die Grundsteinlegung für den neuen Zentral-Tower. Er sollte die beiden bisherigen Kontrolltürme ersetzen und es den Fluglotsen ermöglichen, beide Startbahnen von einem Turm aus zu kontrollieren.
Das Ende des kalten Krieges stellte die WTDWehrtechnische Dienststelle vor neuen Herausforderungen. Mit der Auflösung der Nationalen Volksarmee der DDR wurden Anfang der 90er Jahre verschiedene NVANationale Volksarmee-Luftfahrzeuge nach Manching überführt. Diese wurden am Standort geflogen und getestet. Mit Hubschraubern wie dem Mi-24 oder dem Kampfjet Mig 29 war dies eine spannende Zeit für alle Beteiligten.
Einen großen Stellenwert hat bei der WTDWehrtechnische Dienststelle schon immer die eigene Berufsausbildung. Seit dem Jahr 1967 werden Elektroniker und Fluggerätmechaniker ausbildet. Viele aktive Beschäftigte der WTDWehrtechnische Dienststelle begannen ihre berufliche Karriere in der Berufsausbildung der WTDWehrtechnische Dienststelle 61.
Im Jahre 1999 waren endlich die Baumaßnahmen für den neuen Tower abgeschlossen und dieser konnte in Betrieb genommen werden. Weithin sichtbar ist er seither Wahrzeichen der WTDWehrtechnische Dienststelle 61.
Zur Tradition wurde es, regelmäßig die Türen für die Bevölkerung zu öffnen. Interessierte Bürgerinnen und Bürger konnten sich so vor Ort über die Arbeit der WTDWehrtechnische Dienststelle informieren.
Ein neues Jahrtausend, ein neues Zeitalter. Ein Meilenstein zu Beginn der 2000er Jahre war die Übernahme des ersten eigenen Eurofighters, der IPA 3.
Dies war aber nur der Anfang einer neuen Generation von Luftfahrzeugen bei der Bundeswehr. Mit den Hubschraubern UH Tiger und NHNATO-Helicopter 90 wurden weitere Muster eingeführt, die von der WTDWehrtechnische Dienststelle begleitet und erprobt werden.
Auch das Transportflugzeug A400M wird von der WTDWehrtechnische Dienststelle 61 von Beginn an in diversen Projekten begleitet.
Mit der Einführung neuer Flugzeuge endet oft die Zeit für altgediente Flugzeugmuster. 2013 fand in Manching der letzte Flug einer deutschen F-4 Phantom statt. Sie wurde würdig verabschiedet.
Die Erprobung unbemannter Luftfahrzeuge gewann zunehmend an Bedeutung. Ein besonderes Highlight im Jahr 2013 war die Landung des Eurohawk in Manching. Mit diesem großen unbemannten Fluggerät folgten Flüge zur Erprobung der Aufklärungssoftware.
2015 veranstaltete die Bundeswehr mit dem Tag der Bundeswehr erstmalig einen bundesweiten Tag der offenen Tür an ausgewählten Standorten. Die WTDWehrtechnische Dienststelle 61 war erster Standort des Bereichs AINAusrüstung, Informationstechnik und Nutzung. Für alle Beteiligten war es eine äußerst gelungene Veranstaltung.
Viele Erprobungen erfolgen in enger Kooperation mit anderen Dienststellen. Regelmäßig arbeitet die WTDWehrtechnische Dienststelle eng und erfolgreich mit Einheiten der Truppe zusammen. Sei es bei der Erprobung verschiedener Rettungsmittel oder bei der Erprobung spezieller Verfahren der Spezialkräfte der Bundeswehr mit dem neuen leichten Unterstützungshubschrauber LUHLight Utility Helicopter.
Mit dem ein oder anderem weinenden Auge mussten zuletzt auch in Manching zwei allseits beliebte Luftfahrzeugmuster in den Ruhestand verabschiedet werden. Zuerst traf es die Transall. Diese flog seit 1967 bei der WTDWehrtechnische Dienststelle und ihr letzter Flug erfolgte Ende 2021 von Manching nach Altenstatt.
Auch die Bell UH-1D gehört mit ihrem letzten Flug bei der WTDWehrtechnische Dienststelle im Juli 2022 nur noch zur Geschichte der Bundeswehr.
Mit der Übernahme des ersten eigenen A400M im Frühsommer 2022 wurde ein starkes Zeichen für die WTDWehrtechnische Dienststelle 61 gesetzt. Auch zukünftig ist die Flugerprobung der Dienststelle für die Bundeswehr unerlässlich.
Die Dienststelle konnte über viele Jahrzehnte ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen und zeigen, welch umfangreiche Aufgabenfelder sie abdecken kann. Viele Themen sind nach wie vor von aktueller Bedeutung und werden die WTDWehrtechnische Dienststelle auch künftig beschäftigen. Das Testen von Bewaffnung und deren Integration in Luftfahrzeuge bleibt weiterhin eine elementare Aufgabe. Neue Absetzverfahren werden bei der WTDWehrtechnische Dienststelle entwickelt. Selbstschutzanlagen werden erprobt. Alle für die Zulassung von Luftbetankungsverfahren notwendigen Erprobungen werden bei der WTDWehrtechnische Dienststelle durchgeführt. Modernste Messtechnik ist für valide Ergebnisse bei Erprobungen unerlässlich. Diese kann die Dienststelle gewährleisten. Infrastruktur und Kompetenzen für Erprobungen im Bereich Nachtsichtfähigkeit sind für alle Luftfahrzeugmuster vorhanden. Mit einem eigenen Kompetenzzentrum für unbemannte Systeme ist die WTDWehrtechnische Dienststelle auch im Bereich unbemannte Luftfahrzeuge bestens aufgestellt.
Seit nun 65 Jahren trägt die WTDWehrtechnische Dienststelle 61 mit ihren Erprobungen dazu bei, dass der Bundeswehr sicheres und leistungsfähiges Fluggerät zur Verfügung steht. Sie musste sich immer wieder an die Gegebenheiten der jeweiligen Zeiten anpassen. Dies hat sie immer gut gemeistert und das wird sie auch in Zukunft tun.