Schießversuche nur bei bestem Brandschutz
Schießversuche nur bei bestem Brandschutz
- Datum:
- Ort:
- Meppen
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Das Testen von Waffen und Munition ist für die Bundeswehr dringend notwendig, aber es ist ein im wahrsten Wortsinne brandgefährliches Geschäft. Nach dem Moorbrand 2018 hat die Bundeswehr aus den Geschehnissen für den Betrieb an der Wehrtechnischen Dienststelle für Waffen und Munition (WTDWehrtechnische Dienststelle 91) gelernt und umfangreiche Konsequenzen gezogen.
In den vergangenen Monaten wurden in Sachen Brandschutz die Voraussetzungen geschaffen, um den Schieß- und Erprobungsbetreib bald wieder ausdehnen zu können. Wichtigste Messlatte ist dabei stets die Waldbrandgefahrenstufe. Einfach formuliert: Ist es zu trocken, wird nicht geschossen.
Doch auch wenn das Wetter die Tests erlaubt, gibt es seit dem 27. April zusätzliche und sehr umfangreiche Sicherungsmaßnahmen an der WTDWehrtechnische Dienststelle 91. Dazu gehören unter anderem ein optimiertes Wegenetz und ein neu angelegter Löschwasserteich sowie zusätzliche Löschtechnik. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, um eine weitere Fläche für Erprobungen zu nutzen. Vor der Freigabe jedes Tests wird jeweils genau untersucht und bewertet, wie der Brandschutz hierfür sichergestellt ist.
Vielfältige Maßnahmen nach Moorbrand
Die Bundeswehr hat aus dem Brand des Moores im Jahr 2018 viel gelernt. Damals hatten denkbar ungünstige Konstellationen und der unvorhersehbare Ausfall von Löschtechnik zu einem wochenlangen Schwelbrand geführt, der nur in einem gemeinsamen Kraftakt unter Kontrolle gebracht werden konnte.
Um die phasenweise Wiederaufnahme des Schieß- und Erprobungsbetrieb vorzubereiten, hat das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBwBundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr) die notwendigen Maßnahmen geplant und in Zusammenarbeit mit der WTDWehrtechnische Dienststelle 91 sowie dem Bundeswehr-Dienstleistungszentrum Leer entsprechend umgesetzt. Dabei immer im Fokus: der Brandschutz.
Tiefrohrbrunnen, Lösch- und Moorraupen
So wurde ein neuer Löschwasserteich im nördlichen Bereich des Schießplatzes angelegt. Außerdem wurden mehrere mobile Löschwassercontainer beschafft.
Das Wegenetz erstreckt sich nun über eine Länge von gut 30 Kilometern. Die Bundeswehrfeuerwehr kann auf diesen Straßen in einem möglichen Brandfall schnell zu Brandherden gelangen.
Darüber hinaus entstehen zehn Tiefbohrbrunnen, die der Feuerwehr die Löschwasserentnahme vereinfachen. Zusätzlich zu zwei Löschraupen erwirbt die WTDWehrtechnische Dienststelle 91 zurzeit zwei Moorraupen, die speziell für das Befahren von Moorgebieten konzipiert sind.
Die zusätzliche technische Aufrüstung steht damit potenziell auch für Brände außerhalb des Übungsgeländes zur Verfügung, wenn sie dort gebraucht wird.
Konzept mit fünf Phasen
Für die Wiederaufnahme des Erprobungsbetriebes an der WTDWehrtechnische Dienststelle 91 entstand ein Konzept aus fünf aufeinander aufbauenden Phasen. Am 26. November 2018 begann mit der Phase 1 der Laborbetrieb. Der Startschuss für die Phasen 2 und 3 ist am 27. Februar 2019 erfolgt. Er ermöglicht Schießen in geschlossenen und gedeckten Stellungen sowie mit Zielflächen im Kernbereich der Dienststelle. Seitdem können unter anderem wieder Erprobungen mit Kleinkaliber für ein neu zu beschaffendes Sturmgewehr stattfinden.
Die zweigeteilte vierte Phase erlaubt das Schießen mit Zielen außerhalb des Kernbereiches der WTDWehrtechnische Dienststelle 91. Mit der Freigabe der Phase 4.2 kann der Betrieb nunmehr auf den nördlichen Bereich ausgeweitet werden. Damit ist die gesamte Fläche der WTDWehrtechnische Dienststelle 91 mit Ausnahme der Moorflächen theoretisch wieder nutzbar. Die fünfte Phase würde schließlich die uneingeschränkte Nutzung des Schießplatzes ermöglichen. In allen Phasen steht der vorbeugende und abwehrende Brandschutz an der WTDWehrtechnische Dienststelle 91 im Mittelpunkt.
„Dank der guten Zusammenarbeit mit den verschiedenen Dienststellen ist es uns gelungen, die gesamten Auflagen für die Phase 4.2 innerhalb weniger Monate zu realisieren“, erklärt Frank Dosquet, der stellvertretende Leiter der WTDWehrtechnische Dienststelle 91. „Die Phase 4.2 ermöglicht uns dringend notwendige Versuche, denn aufgrund der Trockenheit haben wir alle Tests mit erhöhtem Brandrisiko in den vergangenen Wochen ausgesetzt.“
Naturschutz: Wiederherstellung der Moorflächen
Für den Schutz und die Wiederherstellung der Natur wurde und wird auch sonst viel getan. Ein Arbeitskreis arbeitet die Umweltschäden durch den Moorbrand auf. Er setzt sich aus verschiedenen Dienststellen der Bundeswehr, den zuständigen Naturschutzbehörden des Kreises und des Landes sowie dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) zusammen. Die Teilnehmer haben einvernehmlich Verfahren zur Renaturierung festgelegt.
Darüber hinaus stellt die Bundeswehr die geschädigten Moorflächen im europäischen Flora-Fauna-Habitat und Vogelschutzgebiet „Tinner Dose, Sprakeler Heide“ wieder her.
Eine weitere Maßnahme besteht darin, das Triefmoor auf dem Schießplatz wieder zu vernässen. Außerdem entstehen durch den Einstau aus den Moorflächen naher Fließgewässer neue, wertvolle Biotope auf dem Erprobungsplatz.
Einzigartig in der Bundeswehr
Die WTDWehrtechnische Dienststelle 91 ist das Fach- und Technologiezentrum für Waffen und Munition der Bundeswehr. Die Dienststelle ist dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) nachgeordnet. Sie stellt die für die Bundeswehr notwendige Expertise für die sichere Handhabung von Waffen und Munition bereit.
Nur die WTDWehrtechnische Dienststelle 91 verfügt in der Bundeswehr über die fachtechnische Kompetenz bei Munition aller Art, optischem und optronischem Gerät zur Aufklärung, Schutz mobiler Plattformen, persönlicher Schutzausstattung, Feldlagerschutz und vielem mehr. Zur Untersuchung von entsprechenden Systemen, Geräten und Technologien steht der WTDWehrtechnische Dienststelle 91 unter anderem der größte voll-instrumentierte Schießplatz Westeuropas zu Verfügung.
Für die Bundeswehr stellt die Dienststelle aufgrund ihrer Fachkompetenz in all diesen Bereichen eine Schlüsselrolle dar. Mit der nächsten Phase 5 wäre die Wiederaufnahme sämtlicher Versuche in allen Fachbereichen möglich. Für den Start dieser Phase müssen unter anderem noch Fahrzeuge und Geräte zur Verfügung stehen, die zurzeit speziell für die WTDWehrtechnische Dienststelle 91 gefertigt werden.
„Um Versuche auf dem gesamten Gebiet des Schießplatzes fortzuführen, arbeiten wir mit Hochdruck daran, die Auflagen der Phase 5 zu erfüllen. Da die Konzeption und Fertigung der sehr speziellen Systeme und Geräte jedoch ihre Zeit brauchen, gehe ich davon aus, dass wir die letzte Phase im nächstem Jahr einnehmen können“, sagt Frank Dosquet. „Es geht um den Schutz der Soldatinnen und Soldaten, die wir mit diesem Gerät in weltweite Einsätze schicken. Sie verdienen unser höchstes Engagement. Die notwendigen Tests dafür müssen aber immer auch im Einklang mit Brand- und Naturschutz stehen.“