Detektion – wie sich die Bundeswehr gegen chemische Kampfstoffe wappnet
Gefahren für die Gesundheit und sogar für das Leben von Soldatinnen und Soldaten gehen auch von unsichtbaren oder unscheinbaren Substanzen aus. Zum Einsatz kommen diese Stoffe auch in atomaren, biologischen oder chemischen Waffen. Doch wie kommt die Bundeswehr diesen Gefahren auf die Spur? Welchen Herausforderungen stellen sich die Fachleute dabei?

Eine Möglichkeit ist die Detektion, also das möglichst frühzeitige Aufspüren von radiologischen, biologischen und chemischen Stoffen. Damit beschäftigen sich Expertinnen und Experten des Wehrwissenschaftlichen Instituts für Schutztechnologien – ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutz (WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz) im niedersächsischen Munster tagtäglich. Der Leiter des Instituts Frank Sabath berichtet mit großer Begeisterung: „Die Tätigkeiten am WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz beinhalten Forschungs- und Erprobungsaspekte. Die Mischung beider Bereiche macht die Arbeit hier so spannend und einzigartig.“
Was sind chemische Kampfstoffe?
Chemische Kampfstoffe oder auch Chemiewaffen können in allen klassischen Aggregatzuständen vorkommen. Das heißt, sie können fest, flüssig oder gasförmig sein. Kampfstoffe sind sie deshalb, weil sie toxisch auf Menschen wirken und beispielsweise mittels Raketenwerfer oder Flugzeug verteilt werden, um eine große Reichweite zu erzeugen und so größtmöglichen Schaden zu bewirken. Werden sie in gasförmigem Zustand eingesetzt, sind sie oft nicht mit dem bloßen Auge zu erkennen und deshalb besonders tückisch.
Die Palette der chemischen Kampfstoffe ist sehr umfangreich: Einige Stoffe reizen oder verletzen Augen, Nase oder Rachen, andere rufen eine Schädigung der Lunge hervor. Besonders gefährlich sind die sogenannten Nervenkampfstoffe, da diese die Weiterleitung von Signalen in und zwischen den Nerven beeinträchtigen. Dieser Eingriff in den menschlichen Organismus kann tödlich sein.
Breites Möglichkeitsspektrum
Im Forschungs- und Erprobungsfeld der chemischen Detektion sind schon eine Vielzahl von Möglichkeiten vorhanden. Als Werkzeug dient häufig ein Detektor. Mit diesem Gerät können bestimmte Stoffe, die zum Beispiel auf einer bestimmten Oberfläche abgelagert sind, bestimmt werden.
Einer davon ist eine Art „Wisch-Detektor“: Über einen speziellen Streifen zur Probenahme wird ein Abstrich von der ausgewählten Oberfläche genommen, die möglicherweise mit gefährlichen Stoffen in Kontakt gekommen ist. Das zugehörige Detektionsgerät wertet den Streifen dann aus. Insofern Kontaminationen vorhanden sind, können diese so schnell nachgewiesen werden.
Ein Detektor, der mit einem Laser arbeitet, ist eine weitere Variante der Detektion: Der Laser kommuniziert sozusagen mit dem Stoff, bis ein sogenanntes stoffspezifisches Spektrum – also eine Art Auflistung von Eigenschaften – erzeugt wird. Die gewonnenen Ergebnisse werden dann automatisch mit einer Datenbank abgeglichen, um den Stoff zu identifizieren. Daneben gibt es noch eine Vielzahl anderer Detektoren, die die Truppe je nach Zweck und Einsatzort nutzt.
In welche Richtung könnten zukünftige Lösungen gehen?
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz erforschen nicht nur neue Detektionsmethoden, sondern sie entwickeln ebenso bereits vorhandene Lösungen weiter, um die Geräte kleiner und leichter zu machen. Das hat auch einen guten Grund: So sollen beispielsweise Drohnen oder unbemannte Fahrzeuge die Detektoren aufnehmen und an den Ort der Untersuchung bringen. Ein alternativer Ansatz besteht in der Anwendung von optischen Messmethoden, die eine schnelle und berührungslose Analyse auf Abstand ermöglichen. Damit ist auch ein höherer Schutz der Soldatinnen und Soldaten gewährleistet. Schließlich müssen diese dann nicht mehr so nah an den Gefahrenbereich heran.
Eine besondere Herausforderung der Detektion stellen schwerflüchtige chemische Kampfstoffe dar: Bei deren Freisetzung in die Umgebungsluft, zum Beispiel durch eine direkte Verneblung des Kampfstoffes oder durch eine Explosion von kampfstoffhaltiger Munition, lagern sich größere Tröpfchen tendenziell in der Nähe der Freisetzungsstelle ab. Das führt mitunter zu einer anhaltenden Kontamination des Bodens oder anderer Kontaktflächen. Kleinere Tröpfchen verbleiben in der Schwebe und bilden eine Aerosolwolke, die unter bestimmten Umweltbedingungen, wie beispielsweise Temperatur, Druck, Windgeschwindigkeit oder Geländeprofil, über weite Strecken durch die Atmosphäre transportiert werden kann.
Auf welcher Grundlage forscht das WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz?
Das Institut erhält über eine Vielzahl an Wegen seine Aufträge, um nach Lösungen zu suchen und unter anderem im Bereich der chemischen Detektion zu forschen und zu erproben.
Einige Aufträge werden innerhalb des WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz erzeugt. Diese betreffen im Wesentlichen die Forschungsarbeit der jeweiligen Bereiche.
Oft beauftragt ein Projektteam aus dem Koblenzer Beschaffungsamt das WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz mit der Erforschung und Erprobung als Bestandteil des jeweiligen Projekts.
Darüber hinaus werden auch in Abstimmung mit den Hauptkunden des WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz Aufträge innerhalb der Bundeswehr generiert. Dazu gehört zum Beispiel das ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkommando der Bundeswehr – ein Fähigkeitskommando im Unterstützungsbereich der Bundeswehr.
Technologien am Markt und die Wissenschaft entwickeln sich stetig weiter. Auch darauf haben die Forschenden am WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz ein besonderes Augenmerk gelegt, um Technologien mit Potenzial für einen möglichen Einsatz innerhalb der Bundeswehr weiterzuentwickeln.
Ein Teil der Aufträge stammt direkt aus der Industrie: Die Bundeswehr hat oft besondere Anforderungen an zu beschaffende Produkte. Ob die Eigenschaften der Geräte und Ausrüstung dann tatsächlich diese Anforderungen erfüllen, erproben die Fachleute am WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz. Weichen diese vom gewünschten Soll ab, forschen die Expertinnen und Experten im WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz weiter – mit dem Ziel, dass das Produkt das Soll erfüllt.
Einsatz von Prototypen
Um die erforschten Methoden und Technologien zu verifizieren, setzt das Team im WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz auch Demonstratoren und Prototypen ein. Diese vereinfachten, aber funktionsfähigen Versuchsmodelle werden meist industriell gefertigt. Die Fachleute vor Ort bauen die Prototypen unter anderem aber auch selbst. Anhand von normierten Testverfahren, zum Beispiel nach NATONorth Atlantic Treaty Organization-Standards, überprüft das Team dann, ob der Prototyp die gewünschte Leistung und Eignung erbringt oder gegebenenfalls Nachbesserungen erfolgen müssen.
Während der Erprobung ergeben sich auch oft weitere Szenarien: Wenn ein Gerät etwa für die Detektion von gasförmigen Stoffen eingesetzt werden kann, dann ist es denkbar, dass dieses auch für die Detektion von Substanzen in anderen Aggregatzuständen zum Einsatz kommen könnte. In solchen Fällen nutzen die Forschenden unter anderem eigens im WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz entwickelte Verfahren, um diese Eigenschaften zu überprüfen.

Im Einsatz muss jeder Handgriff sitzen. Deshalb trainieren die Soldatinnen und Soldaten auch die Detektion von gefährlichen Stoffen in nationalen und internationalen Übungen und Ausbildungen.
Bundeswehr/Elian Hadj Hamdi
Die Ausbildungsmodule im WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz sind eine gute Möglichkeit der Ausbildung und Vorbereitung
Bernd LammelAusbildung rundet Forschung und Erprobung ab
Um die Truppe schließlich mit der Nutzung von Detektoren und Detektionsmethoden vertraut zu machen, unterstützt das WISWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien - ABC-Schutz auch die Ausbildung der Streitkräfte. Diese Ausbildungsmodule finden zum Teil unter Realbedingungen statt und richten sich vorrangig an Ausbildende oder an Soldatinnen und Soldaten, die sich auf einen Einsatz vorbereiten – sozusagen ein letzter Check-up, bevor es ernst wird. Genauer heißt das, dass die Nutzenden unter Schutz an den Geräten eingewiesen werden und mit Gefahrstoffen oder Simili-Substanzen, also Nachahmungen, üben, um dann für den Einsatz bestmöglich vorbereitet zu sein.