Unbemannte Systeme

Der etwas andere Wettbewerb: Roboter-Kräftemessen auf dem Trierer Grüneberg

Der etwas andere Wettbewerb: Roboter-Kräftemessen auf dem Trierer Grüneberg

Datum:
Ort:
Trier
Lesedauer:
4 MIN

17 internationale Teams stellten sich vom 24. bis 27. Juni 2024 den Herausforderungen des diesjährigen European Land-Robot Trial (ELROBEuropean Land-Robot Trial). Während der Veranstaltung wurden die Fähigkeiten von robotischen Systemen auf dem Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle für landgebundene Fahrzeugsysteme, Pionier- und Truppentechnik, der WTDWehrtechnische Dienststelle 41, vorgestellt.

Eine grau-gelb gefleckter Roboter mit Greifarm öffnet eine blaue Tonne

Auch ein „alter Bekannter“ war vor Ort: Der Schreitroboter. Mit einem Greifarm ausgestattet, kann dieser Gegenstände bewegen. In einer gefährlichen Situation wird der Mensch so geschützt.

Bundeswehr/Dirk Bannert

Die ELROBEuropean Land-Robot Trial ist Europas längster und herausforderndster Feldtest von unbemannten Systemen und richtet sich besonders an potenzielle militärische Endnutzerinnen und -nutzer, die Industrie und den Forschungssektor. „Das Gelände der WTDWehrtechnische Dienststelle 41 ist dazu das ideale Testgelände“, weiß Dr. Johannes P.*, der im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) für den Bereich Robotik zuständig ist und die Veranstaltung eröffnete. „Das ist das, was die WTDWehrtechnische Dienststelle 41 schon seit Jahren macht: Bodengebundene Fahrzeuge testen.“

Bunt gemischter Kreis von Teilnehmenden

Die Teams waren durchweg sehr unterschiedlich: Neben einem „One-Man-Team“ – der Erfinder trat allein an – war zum Beispiel auch die Universität der Bundeswehr München mit einem Team vertreten. Diese beteiligt sich immer wieder erfolgreich an der ELROBEuropean Land-Robot Trial. Die weiteste Anreise hatten aber Teilnehmende aus Kanada. Neben den eigentlichen Akteurinnen und Akteuren waren auch Vertreterinnen und Vertreter aus unterschiedlichen Bereichen der Bundeswehr wie dem BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr oder dem Verteidigungsministerium angereist.

Ohne Forschung geht es nicht

„Technologien zu erforschen ist eine Sache, Technologien zur Anwendungsreife zu bringen die andere“, brachte es Annette Lehnigk-Emden, Präsidentin des BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, auf den Punkt. Ihr Amt habe einen wichtigen Kernauftrag, führte sie weiter fort: Die Bundeswehr mit Ausrüstung zu versorgen. Der Fokus liege dabei auf der „bestmöglichen, sofort nutzbaren Ausrüstung, die schnell verfügbar ist“, so Lehnigk-Emden weiter. Dabei müsse sich militärisch nutzbare Robotik noch weitaus schwierigeren Anforderungen stellen. Deshalb seien Kooperationen sehr wichtig.

Eine Frau mit Brille steht an einem Rednerpult mit einem Mikrofon in der Hand

„Wir wollen Forschungsergebnisse möglichst zeitnah nutzen – möglichst heute, nicht erst übermorgen“, machte die Präsidentin des Beschaffungsamtes deutlich.

Bundeswehr/Dirk Bannert

Unter den Gästen befand sich auch Maik K.*, der den Schirmherrn der Veranstaltung aus dem Bundesministerium für Verteidigung vertrat und die Ausführungen von Lehnigk-Emden ergänzte: „Die Technologie der unbemannten Systeme ist von strategischer Bedeutung.“ Sie stehe an der Spitze der technologischen Innovationen und sei in Verbindung mit künstlicher Intelligenz faszinierend und bedrohlich zugleich. Außerdem seien die Projekte aus der Forschung die Produkte von morgen und übermorgen.

Realitätsnahe Szenarien

Die zentrale Verantwortung für die ELROBEuropean Land-Robot Trial lag beim Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIEFraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie). Die organisatorischen Vorbereitungen zur Durchführung erfolgten jedoch in enger Abstimmung mit dem Amt für Heeresentwicklung. Das Amt unterstützte vor allem bei der Entwicklung der Szenarien. Darunter fiel zum Beispiel die Verwundetenrettung: Im hochintensiven Gefecht sind Tod und Verwundung allgegenwärtig. Der Abtransport und die anschließende Versorgung der Verletzten sind ohne Hilfe von robotischen Systemen mit einem hohem Personaleinsatz verbunden und stellen für die Rettenden selbst oft ein hohes Risiko dar. Deshalb sollte auch genau diese Situation realitätsnah simuliert werden – ganz ohne Einsatz von Sanitätspersonal.

Ein Szenario bei ELROBEuropean Land-Robot Trial sah daher so aus: In einem Straßentunnel befanden sich zwei Testpuppen, sogenannte Dummies, die die Verwundeten darstellten. Beide hatten jeweils ein Gewicht von circa 70 Kilogramm und eine Größe von 1,70 Metern. Der Rettungsort lag etwa in der Tunnelmitte – es war dunkel. Außerdem war die Sicht eingeschränkt, denn auf dem Weg dorthin befanden sich einige Hindernisse, Kurven und Engstellen. Für die Rettung hatten die Teams eine Zeitvorgabe von 30 Minuten, also hieß es: schnell sein. Der Bergungsort wurde dem Roboter zunächst per Koordinaten einprogrammiert. Und dann ging es los: Die Roboter der jeweiligen Teams liefen nacheinander in den Tunnel und bargen die „Verwundeten“. Diese wurden dann zu einem Sammelpunkt gebracht.

Ein Roboter mit Kettenantrieb steht am Ausgang eines Tunnels.

Der dunkle Tunnel war für die Systeme eine große Herausforderung

Bundeswehr/Reiner Strack

Der „Maulesel“ oder auch „Mule“

In einem anderen Szenario stand der Transport von Material eines imaginären Schützentrupps im Mittelpunkt: Dabei ging es darum, dass unbemannte Transportkarren mit dem Namen „Mule“ eine bestimmte Wegstrecke in der vorgegebenen Zeit von 30 Minuten möglichst oft zurücklegen. Gleichzeitig musste das Mule jedes Mal das Material des Schützentrupps transportieren.

Dass der Roboter diese Aufgabe absolvieren konnte, lag auch hier an der vorab erfolgten Programmierung: In einer Anlernphase wurde dem unbemannten Transportkarren zunächst die zurückzulegende Wegstrecke vermittelt. Am Wendepunkt angekommen, erhielt das Fahrzeug die Weisung, an den Startpunkt zurückzukehren. Dort wieder eingetroffen, startete der 30-minütige Pendelverkehr.

Sicher im Konvoi

Auch die Fahrt im Konvoi stellte ein weiteres Beispielszenario dar. Zwei Fahrzeuge wurden dafür mit einem Aufbau bestückt, der die Fahrt automatisieren sollte. Im Verlauf mussten aber zusätzlich verschiedene Herausforderungen bewältigt werden: Das GPSGlobal Positioning System fiel plötzlich aus, das Fahrzeug wurde ausgebremst oder musste Hindernissen ausweichen.

Durch die Systemprogrammierung war es dem Fahrzeug möglich, plötzlichen Barrikaden auszuweichen  und einen anderen Weg zurück auf die Strecke zu suchen.

Gleiche Bedingungen für alle

Eine internationale Jury begleitete die jeweiligen Stationen – um die Zeit zu nehmen und darauf zu achten, dass keiner „schummelt“. Dabei ging es nicht darum, ein Siegerteam zu küren: Alle Teams sollten die gleichen Bedingungen beim Absolvieren der einzelnen Szenarien bekommen. Insgesamt waren die anspruchsvollen Aufgaben gewinnbringend, denn die Teams konnten sowohl den aktuellen Entwicklungsstand vorführen und testen, als auch einige Erfahrungen für die weitere Entwicklung mitnehmen.

*Namen zum Schutz abgekürzt.

 

von Heike Westhöfer und Reiner Strack 

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