Internationale Zusammenarbeit

Akustische Signatur – Messung unter dem Meer

Akustische Signatur – Messung unter dem Meer

Datum:
Ort:
Heggernes
Lesedauer:
4 MIN

Die akustische Signatur eines Schiffes ist einzigartig – quasi wie die eigene Handschrift. Im norwegischen Heggernes nahe Bergen betreibt die Bundeswehr gemeinsam mit dem Militär aus Norwegen und den Niederlanden eine Messstelle, die diese Signaturen unter Wasser misst. Sie ist eine von nur wenigen weltweit. Im Juni feierte sie ihr 30-jähriges Bestehen.

Ein U-Boot fährt aufgetaucht vor einer bergigen Küste im Dämmerlicht.

Vor allem die Vermessung der akustischen Signale von U-Booten gehört zu den Aufgaben der Messteams

Bundeswehr/Tom Kistenmacher

Wer nähert sich gerade auf dem offenen Meer? Eine Frage, der das internationale Team der akustischen Tiefwassermessstelle auf den Grund geht. Gemeinsam arbeitet es an der Vermessung hydroakustischer Signaturen von Schiffen und Booten, vor allem U-Booten. Denn: „Anhand seiner akustischen Signatur ist ein Schiff eindeutig erkennbar“, erklärt Stefan S., der in der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung (WTDWehrtechnische Dienststelle 71) im schleswig-holsteinischen Eckernförde den deutschen Part der Zusammenarbeit der drei beteiligten Nationen steuert.

Praktisch erfolgen die Vermessungen zum einen bei der Abnahme von Neubauprojekten wie U-Booten und Fregatten, zum anderen zur Kontrolle in der Nutzungsphase der Schiffe und Boote. Die Messdaten werden analysiert und den Einheiten zur weiteren Gefährdungsbewertung übergeben. Seit 1994 wird die Messstelle auf Grundlage eines Übereinkommens, eines sogenannten Memorandum of Unterstanding, von Norwegen, den Niederlanden und Deutschland organisiert und betrieben.

Das geschieht in Norwegen, weil Deutschland und die Niederlande innerhalb ihrer europäischen Hoheitsgewässer keinen Zugang zu Gewässern mit Wassertiefen hat, um U-Boote in Einsatztiefe zu vermessen. In Norwegen sind die akustischen Unterwasserbedingungen dagegen ideal.

Einzigartig – aus vielen Gründen

Nicht nur die technische Ausstattung der Station in Heggernes und die Messkonfiguration der Sensoren tief unter Wasser sind einzigartig. In einem norwegischen Fjord mit 385 Metern Wassertiefe befindet sich die Sensorik. Sie umfasst drei in der Tiefe verfahrbare Sensorketten – mit jeweils drei Mikrofonen für den Einsatz unter Wasser, sogenannte Hydrofone – in einem Abstand von je 100 Metern.

Eine gelbes Gebäude mit schwarzem Dach und weißen Fenstern steht direkt am Wasser.

Optimale Bedingungen: Die Messstelle liegt direkt an einem norwegischen Fjord

Bundeswehr/Stefan Schäl

Der Seeverkehr durch den Fjord ist ein geschützter Bereich. Das heißt, er kann weitgehend reguliert werden. So werden Störgeräusche minimiert. Der Fjord sorgt außerdem dafür, dass harsche Wetter- und Seegangseinflüsse reduziert werden.

Aber auch das gemeinsame Betreiben der Messstelle durch drei Nationen ist einmalig: Sie teilen nicht nur Aufwand und Kosten und sorgen für eine bessere Auslastung der Infrastruktur. Vor allem die Zusammenführung aller Kompetenzen ist wertvoll. „Im Prinzip hat jede Nation eigene Zuständigkeiten“, berichtet Stefan S. So sei Norwegen beispielsweise für die Infrastruktur vor Ort zuständig – sowohl über als auch unter Wasser. Deutschland und die Niederlande zeichnen sich für die Messtechnik im Labor sowie für die zugehörige ITInformationstechnik verantwortlich.

Teamwork über Nationen hinweg

„Permanent vor Ort ist tatsächlich aktuell nur eine Person“, erzählt Stefan S. Für die Vermessungen reise dann jeweils das Messteam für die zu vermessende Einheit an. Die Personenzahl hänge vom Umfang der geplanten Messung ab. Aus Sicherheitsgründen sei aber immer mindestens eine norwegische Person anwesend, um im Fall des Falles mit Besatzungen von Schiffen und Booten kommunizieren zu können, die sich im Bereich der Messstelle aufhalten oder diese passieren wollen.

Eine grafische Darstellung des Messanordnung bei einem U-Boot unter dem Wasser in einem Fjord.

Eine Tiefwassermessstelle mit drei in der Tiefe verfahrbaren Sensoren: Hydrofonen, Unterwassersendern und Drucksensoren. Die Signale werden optisch und analog über das Seekabel ins Messhaus übertragen.

Bundeswehr

Die Zusammenarbeit ist im Wesentlichen über zwei Gremien geregelt, die von allen drei Nationen besetzt werden. Dazu gehört zum einen eine Expert Group, die für den Betrieb, die Instandhaltung und Weiterentwicklung der Messstelle verantwortlich ist. Zum anderen gibt es ein Steering Committee, das die Hoheit über die Finanzen hält und übergeordnete Managementaufgaben wahrnimmt.

30 Jahre Messstelle in Norwegen

Bei der Jubiläumsveranstaltung in Norwegen feierten Vertreterinnen und Vertreter aus Deutschland, Norwegen und den Niederlanden die bereits 30 Jahre anhaltende Kooperation, die auch in Zukunft bestehen bleiben soll. Aus Deutschland war unter anderem Admiral Andreas Czerwinski als Vertreter des Bundeamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBwBundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) zur Feierstunde angereist.

Vor allem vor dem Hintergrund anstehender gemeinsamer Marineprojekte, die auf die exakte Kenntnis der eigenen akustischen Signaturen angewiesen sind, sei der kontinuierliche reibungslose Betrieb der Messstelle essenziell.

Eine Gruppe von Menschen in Uniform und Anzügen stehen nebeneinander für ein Gruppenfoto.

Nationenübergreifende Feierstunde: In der eröffnenden Podiumsdiskussion zum 30-jährigen Jubiläum betonten die Vertreterinnen und Vertreter der drei Länder einstimmig die Bedeutung und Notwendigkeit der Messstelle

Line Lien, NOR
von Sarah Stein und Stefan Schäl 

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