Null Toleranz

Prävention und Repression: So kämpft die Bundeswehr gegen Extremismus in der Truppe

Laut der jüngst veröffentlichten Studie „Armee in der Demokratie“ ist extremistisches Gedankengut in der Bundeswehr weit weniger verbreitet als in der Gesamtgesellschaft. Doch das Ziel bleibt: Niemand mit radikalen politischen Ansichten soll in den Streitkräften dienen. Dafür kommt eine ganze Palette an Maßnahmen zum Einsatz.

Soldaten sind nebeneinander angetreten uns haben Helme vor sich auf dem Boden liegen.

Die Dienstvorschrift A-2600/7 der Bundeswehr zum Umgang mit politischem Extremismus ist eindeutig. „Die Bundeswehr nimmt hinsichtlich des Umgangs mit Extremismus in allen Ausprägungen eine besondere Verantwortung wahr und besitzt eine Vorbildfunktion“, heißt es gleich zu Beginn. „Jegliche Förderung oder Duldung extremistischer Verhaltensweisen schädigt das Ansehen der Bundeswehr, hat negative Auswirkungen auf ihr inneres Gefüge und damit auch auf die Einsatzbereitschaft.“

Extremistinnen und Extremisten sind somit in der Bundeswehr nicht erwünscht. Es gilt eine Null-Toleranz-Politik gegen Extremismen jeder Art. Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten werden ebenso wenig geduldet wie ihre linksextremen Geistesgefährten oder auch Islamistinnen und Islamisten. Viel wird unternommen, damit sie gar nicht erst in die Bundeswehr gelangen – und noch mehr, um die wenigen Extremistinnen und Extremisten in der Truppe zu enttarnen und sie aus dem Dienst zu entfernen.

Das soldatische Leitbild des „Staatsbürgers in Uniform“, der von seinem Wertekompass geleitet aus innerer Überzeugung für Recht und Freiheit eintritt, verträgt sich nicht mit politischen Ansichten, die in letzter Konsequenz auf die Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung abzielen. Das wird den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr schon in der Grundausbildung vermittelt, und so setzt es sich später in der gesamten Ausbildung fort.

85 Lehrgänge zu den Themen Extremismus und Extremismusprävention werden an den Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr angeboten. Vor allem Vorgesetzte werden geschult, mögliche Extremismus-Fälle rechtlich zu bewerten und angemessen zu ahnden. 

Auch in der Persönlichkeitsbildung der Soldatinnen und Soldaten kommt das Thema Extremismus immer wieder auf die Agenda. Durch politische, ethische, interkulturelle und historische Bildung sollen die Uniformierten befähigt werden, im Sinne des Grundgesetzes aktiv für das politische System Deutschlands einzutreten und den Avancen extremistischer Menschenfänger zu widerstehen. 

Das Zentrum Innere Führung der Bundeswehr bietet nicht nur weiterführende Ausbildungen zum Thema an; mit der zentralen Ansprechstelle für den Umgang mit Vielfalt und der zentralen Koordinierungsstelle für interkulturelle Kompetenz unterhält es gleich zwei Einrichtungen, die für Offenheit, Toleranz und Vielfalt eintreten und dem Extremismus damit entgegenwirken.

Was das Zentrum Innere Führung der Bundeswehr für Soldatinnen und Soldaten ist, ist für die Beamtinnen und Beamte das Bildungszentrum der Bundeswehr. In der Ausbildung der Staatsdienenden ist die Extremismusprävention Teil des Lehrplans, auch werden Führungskräfte für das Thema sensibilisiert. 

Das Bundesamt für den militärischen Abschirmdienst (BAMADBundesamt für den Militärischen Abschirmdienst) berät ebenfalls bei der Extremismusprävention. Kleinere Dienststellen werden von ihrem BAMADBundesamt für den Militärischen Abschirmdienst-Regionalbüro unterstützt, während führungsrelevante Dienststellen, Ausbildungseinrichtungen und die Personalstellen direkt durch das Referat für Extremismusprävention beraten werden.

Das BAMADBundesamt für den Militärischen Abschirmdienst unterhält auch eine Abteilung für Extremismusbekämpfung. Sie widmet sich der Abwehr von Terror und extremistischen Bestrebungen. Dafür arbeitet das BAMADBundesamt für den Militärischen Abschirmdienst mit dem Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst und dem polizeilichen Staatsschutz zusammen. Aufgabe der Abteilung ist es, Extremismus-Verdachtsfällen nachzugehen und Extremistinnen und Extremisten in Uniform zu enttarnen. 

Damit diese es gar nicht erst in die Bundeswehr schaffen, werden Bewerberinnen und Bewerber für den Dienst in den Streitkräften bereits während des Auswahlverfahrens auf ihre Verfassungstreue überprüft. Kommen dabei begründete Zweifel auf, werden die betroffenen Bewerbenden abgelehnt.

Zudem ermöglicht das Soldateneinstellungsüberprüfungsgesetz eine Sicherheitsüberprüfung schon ab der ersten Einplanung einer Soldatin oder eines Soldaten, also sehr früh in der militärischen Karriere. Ziel ist, das Einsickern von Extremistinnen und Extremisten in die Bundeswehr zu verhindern und dafür zu sorgen, dass diese keine Ausbildung an Kriegswaffen erhalten. Die Sicherheitsüberprüfung wird meist in den ersten vier Wochen nach Diensteintritt durchgeführt. Bis dahin findet keine Waffenausbildung statt.

Soldatinnen und Soldaten mit besonders sicherheitsrelevanten Aufgaben müssen damit rechnen, einer sogenannten „intensivierten erweiterten Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen“ unterzogen zu werden. Hierbei suchen die BAMADBundesamt für den Militärischen Abschirmdienst-Ermittler zum Beispiel auch in den sozialen Netzwerken oder durch Recherchen im Freundes- und Bekanntenkreis nach Hinweisen auf eine extremistische Weltanschauung.

Auch Reservistinnen und Reservisten müssen vor Antritt einer Reservedienstleistung mit einer Sicherheitsüberprüfung rechnen. Gerät ein aktiver Reservedienstleistender in Extremismus-Verdacht, setzt sich das BAMADBundesamt für den Militärischen Abschirmdienst auf seine Spur. Außerhalb des Reservedienstzeiten müssen sich Verdächtige auf Ermittlungen des Verfassungsschutzes gefasst machen.

Fällt eine Soldatin als Extremistin oder ein Soldat als Extremist auf, werden Disziplinarmaßnahmen von den hierzu befugten Vorgesetzten verhängt. In Extremismus-Fällen werden außerdem häufig gerichtliche Disziplinarverfahren eingeleitet, die sogar mit einer Entlassung enden können. Denn Verfassungsfeinde sollen so schnell wie möglich aus dem Militärdienst entfernt werden. Auch Berufssoldatinnen und Berufssoldaten, die normalerweise bis zum Erreichen des Pensionsalters dienen, werden entlassen, wenn ihnen schwerwiegende Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung nachgewiesen werden.

Soldatinnen und Soldaten auf Zeit können innerhalb der ersten vier Dienstjahre sogar fristlos entlassen werden, wenn sie ihre Dienstpflichten schuldhaft verletzen und ein Verbleib in der Truppe einen Ansehensverlust für die Bundeswehr zur Folge hätte. Das ist bei extremistischem Fehlverhalten nahezu immer der Fall. Entsprechende Handlungsanweisungen finden sich in der anfangs erwähnten Vorschrift zur Extremismusbekämpfung in der Bundeswehr, die Anfang Juli in einer aktualisierten Version erschienen ist. 

von Timo Kather

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