Im freien Fall: Das macht Fallschirmspringen bei der Bundeswehr besonders
Im freien Fall: Das macht Fallschirmspringen bei der Bundeswehr besonders
- Datum:
- Ort:
- Barth
- Lesedauer:
- 3 MIN
Die Sonne geht über der Ostsee unter und taucht Himmel und Wasser in ein leuchtendes Farbenmeer. In Barth, wo andere Urlaub machen, trainieren Fallschirmspringer der Bundeswehr zwei Wochen lang, um ihre Freifalllizenz gültig zu halten. Zeit, die malerische Kulisse zu genießen, haben sie dabei wenig.
„Die Verbringungsart ist vertikal“, beginnt Hauptfeldwebel Markus F.* lachend das Gespräch. Was er damit meint: Fallschirmspringer und -springerinnen der Bundeswehr nehmen meist den kürzesten Weg aus dem Flugzeug zum Boden. Sie sind es gewohnt, mit über 200 Stundenkilometern Richtung Erde zu rasen, bevor sie ihre Fallschirme öffnen und nahezu lautlos an ihrem Ziel ankommen. Für Soldaten wie Markus F. ist das Fallschirmspringen Beruf und Berufung zugleich. Er gehört zu den Freifallbeauftragten vor Ort und unterstützt bei der Freifallweiterbildung und beim Sprungerhalt. Ersteres schult die Soldaten im taktischen Springen, bei letzterem absolvieren sie ihre Pflichtsprünge, damit ihre Lizenz gültig bleibt.
„Im Regelfall braucht man zwölf Sprünge pro Jahr“, erklärt der Hauptfeldwebel. Weitere seien dann noch nötig, wenn man taktisch springen würde. Taktisch springen bedeutet, militärische Übunsszenarien durchzuführen. Sprünge in der Dämmerung und mit Gepäck gehören beispielsweise dazu. Hierfür werden die Springenden gesondert ausgebildet.
Zum Gepäck – rund 50 Kilogramm – kommen dann noch Waffe und Navigationsträger. Den brauchen die Soldaten, um sich schon in der Luft orientieren können, wenn sie im Gleitflug den festgelegten Landepunkt ansteuern. Besonders herausfordernd ist das bei Nacht: „Dann habe ich keine Referenzpunkte. Das heißt, ich muss mich an den Steuerkurs halten und auch an meine GPSGlobal Positioning System-Daten“, erklärt F. Tagsüber könne man sich auch an Bäumen oder anderen auffälligen Geländepunkten orientieren. Nachts nicht – und auf Beleuchtung können die Springer im Ernstfall nicht setzen.

Nach dem Sprung ist vor dem Sprung: Die Fallschirme werden nach geglückter Landung wieder gepackt und vorbereitet
Bundeswehr/Geritt Burow
Den Flieger erwischen: Nach wenigen Minuten Flugzeit geht es mit über 200 Stundenkilometern im freien Fall gen Boden
Bundeswehr/Geritt BurowFast alles Routine
Die Kameraden, die in Barth an der Weiterbildung teilnehmen, kommen aus allen möglichen springenden Verbänden. Dazu gehören unter anderem Fallschirmjäger, Fernspäher oder auch andere spezialisierte Kräfte der Bundeswehr, deren Auftrag es erfordert, am Schirm abgesetzt zu werden.
Die Flugzeuge in Barth starten im Minutentakt, es wird so oft wie möglich gesprungen. Und die Soldaten wirken bei der Vorbereitung, als wäre das alles für sie Routine. Sie packen ihre Fallschirme selbst und kontrollieren sich gegenseitig, ob das Gurtzeug richtig sitzt. Dann gehen sie wie vor jedem Sprung noch einmal die Abläufe in der Luft durch und marschieren zum Flieger. Nervös ist anscheinend niemand.
Doch diesmal sind laut Markus F. auch einige unerfahrene Springer dabei. Für ihn bedeutet dies: aufpassen, dass die Schirme richtig gepackt sind, und kontrollieren, dass die Gepäcke symmetrisch angelegt sind. „Sodass sich die Jungs, wenn sie rausspringen, nicht auf sowas konzentrieren müssen, sondern nur auf den Sprung.“
Vieles hier in Barth wirkt auf den ersten Blick wie beim zivilen Fallschirmspringen. Doch Fallschirmjäger, Fernspäher und Co. haben einen militärischen Auftrag und der verlangt ihnen einiges ab:
Wir können aus einer Höhe von bis zu 12.500 Metern springen mit einem entsprechenden Sauerstoffsystem.
In Barth steht das nicht auf dem Programm und alle Springer wirken ruhig, routiniert und konzentriert. Auch die Motivation ist gut. „Das ist immer wichtig. Wenn ich nicht mit motivierten Menschen arbeite, wird es irgendwann gefährlich. Denn dann werden sie nachlässig“, weiß F. Die Soldaten vor Ort seien aber sehr professionell. Fühle sich einer nicht wohl oder habe Schmerzen, springe er nicht. „Und auch das ist professionelles Arbeiten“, fasst Markus F. zusammen, bevor auch er sich erneut fertigmacht, um das nächste Flugzeug zu erwischen.
*Name zum Schutz des Soldaten geändert und abgekürzt.