Brückenbauer: Unterwegs als Jugendoffizier in Berlin
Brückenbauer: Unterwegs als Jugendoffizier in Berlin
- Datum:
- Ort:
- Berlin
- Lesedauer:
- 5 MIN
Hauptmann Jan Czarnitzki ist Jugendoffizier. Regelmäßig besucht er auf Einladung Schulen und spricht über Themen aus dem Bereich Sicherheitspolitik. Aktueller Schwerpunkt: der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Nach einem Vortrag stehen die Fragen der Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt. Bei einem Termin in Erkner haben wir ihn begleitet.
Rund eine Stunde braucht er mit dem Auto von seinem Büro in der Julius-Leber-Kaserne im Norden Berlins bis zum Carl-Bechstein-Gymnasium in Erkner. Czarnitzki ist vor allem in Berlin unterwegs. Diesmal geht es für ihn zu den Klassen 10 des Gymnasiums. Einen Vortrag über die aktuelle Situation nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat er vorbereitet und natürlich weiß er, dass auch andere Fragen zur Bundeswehr und zum Leben als Soldat kommen werden. Czarnitzki ist mit Leib und Seele Jugendoffizier, das ist schnell zu merken. Gerade das direkte Gespräch mit seinen Zuhörerinnen und Zuhörern macht ihm Spaß. „Ich weiß nie, was auf mich zukommt, welche Fragen mir begegnen und wer die Zuhörenden sind. Das beginnt ja schon ab dem 14. Lebensjahr und geht bis open end.“ Deswegen sei es auch so spannend, mit so vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt zu kommen, dabei deren Meinungen und Blickwinkel kennenzulernen und sich dann einer Diskussion zu stellen. „Somit ist jeder Arbeitstag anders und individuell und das finde ich unglaublich toll, weil es keine richtige Routine gibt.“
Brücke zwischen Bundeswehr und Gesellschaft
Das Thema Sicherheitspolitik fand er schon immer spannend, berichtet Czarnitzki. Das war sicher ein Grund dafür, den Weg zum Jugendoffizier einzuschlagen. Aber es war nicht der einzige Beweggrund: „Ich habe das Gefühl, dass ich einen guten Draht zu den Schülerinnen und Schülern habe. Ich kann die komplexen Themen so erzählen, dass sie verständlich sind. Das ist ganz, ganz wichtig als Jugendoffizier.“ Und er habe Spaß daran, über die Bundeswehr zu berichten, weil es ihm ein Anliegen sei, diese Brücke zwischen Bundeswehr und Gesellschaft aufrechtzuerhalten. „Man darf nicht vergessen, dass sind junge Wählerinnen und Wähler irgendwann und da halte ich es für ganz wichtig, dass sie wissen, was es bedeutet, bei der Bundeswehr zu sein und was die Bundeswehr eigentlich macht“, betont der Jugendoffizier.
Informationsveranstaltungen nach Corona
An der Schule selbst wird der Offizier dringend erwartet, nachdem wegen der Corona-Pandemie viele Informationsveranstaltungen ausgefallen waren. Der stellvertretende Schulleiter Mario Sejnowski freut sich daher doppelt über den Besuch von Czarnitzki. „Bei den Jugendoffizieren liegt die Expertise. Sie sind über das hinaus, was wir als Politik- oder Geschichtslehrer an die Schüler herantragen können, eben auch in der Lage, aktuelle Politik abzubilden“, erklärte der Pädagoge. Das zeige sich jetzt ganz konkret am Ukraine-Konflikt, aber eben auch bei den Fragen rund um die Bundeswehr, deren Auftrag und deren Einsätze. „Da sind sie einfach die Experten. Deswegen holen wir sie uns ins Haus.“
Eingeladen hat den Jugendoffizier Lehrer Pierre Gracz. Gemeinsam haben beide den heutigen Unterricht im Fachbereich Politische Bildung vorbereitet. „Als Lehrer sind wir ja die eierlegende Wollmilchsau. Wir wissen alles, aber uns fehlt oftmals die Gelegenheit, uns auf ein Themengebiet wie jetzt die internationale Politik zu spezialisieren“, sagt Gracz. Und da sei ein Jugendoffizier für die Lehrerschaft sicher auch nochmal eine Bereicherung an der einen oder anderen Stelle.
Eingeplant hatte Czarnitzki 90 Minuten für Vortrag und Fragestunde, aber am Ende steht er fast doppelt so lange vor der Klasse. „Es war eine unglaublich spannende, unglaublich lebhafte Diskussion“, erzählt er lächelnd danach. „Das war echt der Wahnsinn. Die Schülerinnen und Schüler waren super vorbereitet, es gab viele Fragen, auch viele kritische Fragen, auch zum Thema Bundeswehr. Aber es hat auch super Spaß gemacht, weil die Schülerinnen und Schüler so offen waren und diese Runde auch so mitgemacht haben.“

Hauptmann Jan Czarnitzki im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern der 10. Klassen des Carl-Bechstein-Gymnasiums in Erkner
Bundeswehr/Marcus Mohr
„Ab 14 Jahre bis open end“ sei das Zielpublikum seiner Vorträge, so Jan Czarnitzki
Bundeswehr/Marcus MohrEnge Abstimmung mit den Fachlehrenden
Die Themen für seine Besuche an den Schulen spricht Hauptmann Czarnitzki stets direkt mit der Lehrerin oder dem Lehrer ab. Dank seiner jahrelangen Erfahrung benötigt er bei den meisten Themen nur eine Auffrischung zur Vorbereitung, doch gerade im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Konflikt liest er sich sehr genau ein und überprüft immer wieder die aktuelle Lage, damit er den jungen Leuten den neuesten Stand der Geschehnisse vermitteln kann. „Meine Vorbereitung ist immer wieder sehr individuell und die Lehrkräfte haben ja doch immer auch Schwerpunkte, auf die man Rücksicht nehmen soll“, sagt er. Es gehe ihm oft darum, eine didaktische Reduktion zu finden: was müssen die Jugendlichen wissen? Was seien die drei, vier wichtigen Botschaften, die an die Schülerinnen und Schüler herangetragen werden sollen? „Darauf versuche ich zu achten, um eben nicht vom Thema abzukommen.“ Dass dann in der stets offenen Fragerunde auch noch Themen zur Sprache kommen, die eigentlich nicht zum Vortragsinhalt gehören, ist für Jugendoffizier keine Überraschung.
„Die Fragen, die kommen, sind eigentlich immer auch die, die gerade in den Medien thematisiert werden. Also zum Beispiel das Thema Ausrüstung, warum ist immer alles kaputt, mal plakativ gesagt oder das Thema Extremismus in der Bundeswehr, das ist auch ein großes Thema, was viele beschäftigt.“ Dann komme ganz oft noch die Frage nach Auslandseinsätzen. Das sind nach den Erfahrungen des Jugendoffiziers Schwerpunktfragen, die ihn seit Jahren immer wiederkehrend begleiten. Falls allerdings Fragen zu beruflichen Werdegängen aufkommen, verweist Czarnitzki stets an den Wehrdienstberater, der sich um die Nachwuchsgewinnung kümmert.
Czarnitzkis Erfahrung und sein souveränes, aber auch offenes Auftreten hinterlassen einen positiven Eindruck bei den Schülerinnen und Schülern in Erkner. Das bestätigt auch Schülerin Sarah Buchmann: „Der Lehrer hat ja nicht die internen Informationen und er hat ja auch nicht diese Einsatz-Erfahrungen gemacht.“ Und der Offizier eröffne nochmal einen ganz anderen Blickwinkel, zum Beispiel auf Russland, der so bislang nicht im Unterricht besprochen worden sei. Was heute alles nochmal behandelt worden sei, gebe es einfach viel intensiver wieder, sagt sie. Und ihr Mitschüler Lennox Roloff ergänzt: „Ich fand es sehr informativ und ich fand auch, dieser ganze Ukraine-Konflikt wurde mir sehr gut erklärt und ich wurde auch so bisschen in das Gefühl eines Soldaten reinversetzt. Ich fand es sehr, sehr gut. Sehr guter Vortrag!“
Dieses Lob ist die beste Visitenkarte für Hautpmann Jan Czarnitzki. Auf dem Weg zum Auto bespricht er mit Lehrer Gracz schon weitere Themen für zukünftige Besuche am Gymnasium.