Funkkreis
Funkkreis
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A: Hauptmann Matthias Lehna
B: Fregattenkapitän Heiko Glätzner
C: Hauptmann Sandra Muth
D: Major Felix Lotzin
A: Hallo, mein Name ist Matthias Lehna. Willkommen beim Funkkreis. Dass es in der Bundeswehr eine Hierarchie gibt, ist bekannt. Diese drückt sich am augenscheinlichsten über Dienstgrade aus. Das Gute dabei ist, man kann in seiner Dienstzeit in den Dienstgradstufen aufsteigen. So wie bei mir, was für eine Beförderung bis zum Hauptmann gereicht hat. Eine wichtige Rolle, wann und wie das passieren kann, spielen dabei die Beurteilungen der Vorgesetzten. Heute habe ich einen Experten dafür am Telefon, Fregattenkapitän Heiko Glätzner aus der Personalabteilung des Verteidigungsministeriums in Bonn. Hallo!
B: Schönen guten Tag.
A: Ja, Herr Fregattenkapitän, haben Sie sich eigentlich, als Einstiegsfrage gleich vorab, immer gerecht beurteilt gefühlt?
B: Das kann ich bejahen. Das ist eine gute Frage, aber ich hatte, glaube ich, immer das große Glück, Vorgesetzte zu haben, mit denen man gut im Dialog war. Die einem oft auch abgesagt haben, wenn Sachen nicht gepasst haben, aber umgekehrt auch genauso, wenn sie ihnen gepasst haben. Und das hat sich bei den Beurteilungen bei mir auch eigentlich immer wieder gespiegelt. Also von daher kann ich mich nicht beklagen.
A: Das ist auf jeden Fall schön für Sie. In der Natur der Sache liegt das natürlich, dass einige dem nicht ganz folgen können. Aber warum muss eigentlich die Bundeswehr ihre Soldatinnen und Soldaten beurteilen und wer wird überhaupt beurteilt?
B: Also, beurteilt in der Bundeswehr werden eigentlich alle Soldatinnen und Soldaten. Also ist es eine Frage, die eigentlich alle Soldatinnen und Soldaten etwas angeht. Natürlich ist es auch so, dass es bestimmte Ausnahmen gibt. Soldatinnen und Soldaten, die kurz vor der zur Ruhesetzung sind, werden nicht mehr beurteilt als Beispiel. Oder die momentan in der Laufbahn der Mannschaften werden nur zu bestimmten Anlässen beurteilt. Aber insgesamt ist natürlich die Beurteilung für alle Soldatinnen und Soldaten immer eine spannende Sache, weil sie da ja ein Feedback erhalten, in schriftlicher Form, über das, was sie in den letzten beiden Jahren oder je nachdem, wie lange der Zeitraum war, im System geleistet haben.
A: Das System ist ja auch eigentlich darauf ausgelegt, Eignung, Leistung und Befähigung objektiv zu beurteilen. Trotzdem haben wir nächstes Jahr die Einführung eines neuen Beurteilungssystems zum Stichtag 31.7. Warum eigentlich?
B: Das ist eine gute Frage und vor allem eine sehr vielschichtige Frage. Es ist tatsächlich so, dass im jetzigen System, vor allem bei allen förderlichen Auswahlentscheidungen, immer auf den Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung, also auf den Leistungswert abgestellt wird, der maßgeblich ist. Das heißt, bei allen Konkurrentenstreitverfahren, zum Beispiel vor Gericht, wird immer geschaut, wie der Betreffende beurteilt ist in dem Leistungsblatt. Das ist ein Punkt, der in der Weiterentwicklung der Bestimmungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr erkannt worden ist. Da wurde festgestellt, dass das einfach zu kurz greift. Das heißt, dass die fehlende ganzheitliche Bewertung von Eignung, Befähigung und Leistung geändert werden muss. Da wurden auch noch viele andere Sachen festgestellt im Rahmen dieser AGAktiengesellschaft, die dazu geführt haben, dass das neue Beurteilungssystem jetzt eingeführt wird. Zu nennen ist da zum Beispiel auch der Punkt, dass die Beurteilungszeiträume an sich sehr weit divergiert haben trotz des gleichen Vorlagetermins, was dazu führte, dass Beurteilungen bei Gerichtsverfahren gar nicht mehr vergleichbar waren. Und natürlich das Entscheidende, was der AGAktiengesellschaft natürlich sofort aufgefallen ist, ist die ansteigende Inflation im alten Beurteilungssystem, wo tatsächlich die Anwendung der Richtwerte und die Maßstabswahrung in vielen Bereichen leider gar nicht stattfanden, so wie zumindest das mal vorgesehen war.
A: Auf das Richtwertesystem kommen wir ja später noch einmal zu sprechen. Können Sie aber kurz zusammenfassen, was denn die wesentlichen Änderungen bei dem neuen Beurteilungssystem sind?
B: Also die ganz wesentliche Änderung sind eben die angesprochene Beurteilung der Eignung, Befähigung und Leistung, die vom sogenannten Erstbeurteilenden vorgenommen werden wird, und zukünftig ein Zweitbeurteilender, der das Gesamturteil vergeben wird, was zukünftig maßgeblich ist für alle Auswahlentscheidungen. Und dann ist auch in dem Beurteilungsprozess, was die Vorgesetzen angeht, kein weiterer Beurteilender mehr gefordert. Es gibt im neuen Beurteilungssystem neben der Beurteilung zukünftig auch eine gtrennt von ihr zu erstellende, aber zusammen mit ihr vorzulegende sogenannte Personalentwicklungsbewertung, in der das gesamte Zukünftige abgebildet werden sein wird. Also wie die Vorgesetzen einschätzen, wie ein Soldat sich entwickeln wird hinsichtlich seiner Entwicklungsprognosen, hinsichtlich irgendwelcher Verwendungen, hinsichtlich möglicher Teilnahmen an Lehrgängen und so weiter. Das wird alles zukünfig in der Personalentwicklungsbewertung abgebildet sein und die Beurteilung an sich ist allein die rückschauende Betrachtung der Leistungen der Soldatinnen und der Soldaten in den letzten beiden Jahren. Und das ist auch neu. Wir haben zukünftig im neuen Beurteilungssystem feste Beurteilungsstichtage. Das heißt, der Beurteilungszeitraum ist bei allen Soldatinnen und Soldaten zukünftig immer identisch und damit auch später für Auswahlentscheidungen sehr sehr wichtig, dass die Beurteilungen immer vergleichbar sind. Ein wichtiger Punkt ist auch im neuen Beurteilungssystem der minimierte Beurteilungsaufwand und auch die folgenden Prozesse in dem neuen Beurteilungssystem, die viel einfacher im SASPFStandard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien-System abgebildet sein werden. Wir haben in der jetzigen Beurteilungssituation, dass wir viele viele Freitextfelder haben, in denen Vorgesetzte unbegrenzt Text schreiben konnten. Viele haben das auch gemacht, haben vielleicht dadurch für den einen oder anderen Soldaten inhaltlich bei irgendwelchen Entscheidungen auch einen Vorteil mit herausgeschrieben, in Anführungsstrichen. Andere haben davon wenig Gebrauch gemacht. Gleichwohl war das ein sehr sehr uneinheitliches Bild und das ist zukünftig anders.
A: Das stimmt, weniger Prosa. Habe ich auch gelesen.
B: Genau.
A: Und die, die sich vor allem damit beschäftigen, die Kompaniechefs. Da habe ich jetzt eine Chefin aus Süddeutschland am Telefon. Ich gebe mal kurz weiter.
C: Ja hallo, mein Name ist Hauptmann Sandra Muth. Ich bin Kompaniechefin der Ausbildungskompanie beim Gebirgsjägerbataillon 232. Hier bei mir in der Kompanie bin ich verantwortlich für 252 Soldatinnen und Soldaten, darunter auch viele Ausbilder. Ich habe folgende Fragen an das neue Beurteilungssystem. Ich stelle immer wieder fest, dass die Beurteilten sich schwer tun, den Beurteilungstext richtig zu übersetzen. Glauben Sie, dass durch das neue Beurteilungssystem bei dem Beurteilten ein größeres Verständnis geschaffen wird, weil es einfacher zu verstehen ist dadurch, dass mehr Kreuze gesetzt werden?
B: Das glaube ich sicher, dass es so ist. Denn das neue Beurteilungssystem ist wirklich sehr sehr differenziert. Wir haben die Möglichkeit für Erstbeurteilende geschaffen, ein sehr sehr differenziertes Bild von den Soldatinnen und Soldaten, die ihm unterstehen, zu zeichen. Das ist natürlich mit der gebundenen Beschreibung und vielen Merkmalen, die in den Vorschriften und in Anlagen zu der Vorschrift eindeutig erklärt sind, sehr transparent. Und der beurteilte Soldat erkennt genau, wo er steht und wie er von seinem Vorgesetzten eingeschätzt wird. Hinzu kommt die Möglichkeit, dass die Vorgesetzten in Textfeldern, die allerdings technisch vom Umfang her begrenzt sind, noch diese getroffenen Bewertungen aus der gebundenen Beschreibung näher zu ergänzen.
C: Eine weitere Frage, die ich mir gestellt habe und die mir auch schon meine Soldaten gestellt haben, ist die Frage nach der Vergleichsgruppe. Die Vergleichsgruppe wird ja auf einer höheren Ebene gebildet. Ist es da nicht deutlich schwieriger, eine vernünftige und sinnvolle Reihung hinzubekommen, oder glauben Sie, dass es auch da wieder das Problem oder die Herausforderung gibt, dass diejenigen, die häufig gesehen werden, automatisch weiter vorne im Beurteilungssystem stehen als diejenigen, die vielleicht ihren Dienst eher im Hintergrund leisten und zur Einsatzbereitschaft der Streitkräfte beitragen?
B: Auch das ist eine sehr gute Frage. Es stimmt, die Vergleichsgruppenbildung wird künfig auf der höheren Ebene gebildet werden. Vorher war es auf der Ebene, zum Beispiel Kompaniechef, und zukünftig wird es auf der Ebene des Bataillonskommandeurs sein, also auf der Ebene des zweitbeurteilenden Vorgesetzten. Im Rahmen der Vergleichsgruppenbetrachtung bei den Abstimmungsgesprächen wird es zukünftig so sein, dass dort auf der Bataillonsebene alle Kompaniechefs mit dem Bataillonskommandeur über die zu beurteilenden Soldatinnen und Soldaten sich abstimmen müssen. Und hier sind alle Vorgesetzten sehr gefordert. Der Erstbeurteilende ist gefordert, dass er natürlich sein Personal, auch das, was vielleicht nicht so beim Bataillonskommandeur in Erscheinung getreten ist, entsprechend vorsteht, dass er wirklich seine Eindrücke, die er bekommen hat von seinen Soldatinnen und Soldaten, auch entsprechend vermittelt. Und der Zweitbeurteilende ist natürlich in seiner neuen Verantwortung in der Pflicht, die Reihenfolge in seinem Bataillon entsprechend festzulegen und sich mit den Erstbeurteilenden abzustimmen.
A: Das heißt ja, die Kompaniechefin, die ihre Erstbeurteilung abgibt, gibt dann ihre zu beurteilenden Soldatinnen und Soldaten weiter zum Bataillonskommandeur, der eine Reihung vornimmt. Die Sorge ist ja nicht unberechtigt, dass dieser Kommandeur, der täglich in seinem Stab Soldatinnen und Soldaten näher bei sich hat, die vielleicht weiter nach vorne reiht als die in den Kompanien.
B: Es hängt davon ab, in welcher Vergleichsgruppe sich die Soldatinnen und Soldaten aus dem Stab befinden. Wenn zum Beispiel der Bataillonskommandeur der erstbeurteilende Vorgesetzte wäre von dem Stab, dann wäre es nicht die gleiche Vergleichsgruppe. Aber in den Fällen, wo natürlich Stabspersonal einen Erstbeurteilenden hat und der Bataillonskommandeur der Zweitbeurteilende ist, da ist es natürlich die gleiche Vergleichsgruppe. Aber hier gilt es, wie gesagt, dass die erstbeurteilenden Vorgesetzten es der Kompanie sehr deutlich machen, warum der betreffende Soldat in seiner Kompanie ein ganz hervorragendes Eignungs-, Leistungs- und Befähigungsbild gezeigt hat und entsprechend auch nach Wunsch des Erstbeurteilenden möglichst weit vorn in der Bataillonsreihung ist. Und hier werden natürlich alle erstbeurteilenden Vorgesetzen versuchen, objektiv die Beurteilungen ihrer Soldatinnen und Soldaten dem Zweitbeurteilenden vorzuschlagen. Und diese Abstimmungsgespräche, wenn sie denn stattfinden und sich dann geeinigt worden ist auf eine Reihung, müssen dann immer noch gebilligt werden. Das bedeutet, dass es zukünftig so sein wird, dass der weitere höhere Vorgesetzte, der im neuen System Prüfungen verrichtet nach Vorgaben, die Aufgabe hat, zukünftig darüber zu wachen, dass diese Abstimmung, die zwischen den Erstzubeurteilenden und dem Zweitbeurteilenden stattgefunden hat, dann zutreffend gelaufen ist und die Richtevorgaben eingehalten worden sind. Oder wenn bei Vergleichsgruppen nicht 20 Personen erreicht wurden, entsprechend der Richtevorgaben differenziert worden ist. Und dann guckt er natürlich noch darauf, ob der Maßstab der Beurteilungen, der Beurteilungsmaßstab, der gleiche ist. Denn der Prüfer richtet Vorgaben, an dem Beispiel, was wir eben hatten, auf der Brigadeebene, und er guckt, ob in allen Bataillonen der gleiche Maßstab angewandt worden ist. Das heißt, er hat eine ganz ganz wichtige Aufgabe.
A: Und dieses Richtwertesystem ist ja auch starr oder? Wir haben jetzt da feste Vorgaben, dass sich da keine Häufung von guten Bewertungen irgendwo sammelt?
B: Das stimmt. Also wir haben zukünftig anstelle von den Zahlenwerten bei den Richtwertevorgaben Buchstaben, die von A bis G reichen. Dabei sind nur die Buchstabenbereiche A, B und C die Spitzenbewertungen, die kontingentiert sind. Der Bereich D und E sind künftig Normalleistungen bei Soldatinnen und Soldaten und der Bereich F und G bildet die schlechteste Leistung ab. Und tatsächlich ist es ein sehr strenger Maßstab, denn bei den Richtwertvorgaben an der Spitzengruppe sieht es so aus, dass nur fünf Prozent der Vergleichsgruppe den Bereich oder Spitzennote A bekommen dürfen, zehn Prozent Bereich B und 15 Prozent den Buchstaben C bekommen. Das heißt, dass sind maximal 30 Prozent, die in dieser Spitzengruppe sein dürfen aus den Vergleichsgruppen. Im Falle eines Einzelfalls und Ungerechtigkeiten, sage ich mal, ist es möglich, in jedem dieser Wertungsbereiche um fünf Prozent nach oben abzuweichen. Sodass maximal wegen dieser Einzelfallgerechtigkeit, der man nachkommen möchte, 45 Prozent der Soldatinnen und Soldaten den Bereichen A, B und C zugeordnet werden dürfen. Aber diese fünf Prozent Zuschlag gibt es auch nur dann, wenn es aus allen Vielfältigkeitsgründen erforderlich ist. Ansonsten gelten natürlich die Richtwertvorgaben zehn und 15 Prozent.
A: Aber das heißt, wenn wir in dem Bild jetzt hier eben bleiben auf Bataillonsebene, wenn wir zum Beispiel zum Stichtag X die Unteroffiziere mit Portepee einer Dienstgradgruppe zu beurteilen haben, dann können von diesem gesamten Bataillon nur fünf Prozent die Note A bekommen.
B: So ist es. Das heißt zum Beispiel, bei einer Vergleichsgruppe von 20 Personen ist ein Soldat oder eine Soldatin dabei, die ein A bekommen kann und nur zwei, die ein B bekommen, und nur drei, die ein C bekommen dürfen. Mehr nicht. Wenn man im Sinne der Einzelfallgerechtigkeit fünf Prozent oben drauf tun würde, wäre es so, dass den Buchstaben A maximal zwei Soldatinnen oder Soldaten bekommen können. Das heißt, hier sind die Vorgesetzten wirklich gefordert, sich an objektiven Kriterien gemessen eine Reihenfolge zu überlegen, die dann das gesamte Bataillon zutreffend widerspiegelt. Wichtig ist dabei aber auch, dass der weitere Prüfer bei den Richtevorgaben völlig personenunabhängig darüber wacht, dass der Maßstab und die Richtevorgaben eingehalten wurden. Ihm werden bei den Abstimmungsgespärchen vorgelegt, vom Zweitbeurteilenden, die Ergebnisliste der Abstimmung in anonymer Form, das heißt, der weitere Vorgesetzte kennt nicht und weiß nicht, wer sich hinter dieser A oder B oder C verbirgt. Er guckt, ob der Maßstab in dem Bataillon und natürlich auch in den anderen Bataillonen die für die Prüfung relevanten Vorgaben eingehalten wurden.
A: Das heißt bei uns im Bild, wir haben den Brigadekommandeur in der Verantwortung, in seinem Bataillon dafür zu sorgen, dass jeweils nur fünf Prozent ein A bekommen und so weiter. Er kann aber keinen Einfluss nehmen, da er die zu Beurteilenden ja nicht kennt.
B: Also erst einmal in der Verantwortung sind natürlich die Erstbeurteilenden und Zweitbeurteilenden. Die müssen zusehen, dass das Abstimmungsergebnis so vorgelegt wird, dass es den Vorgaben entspricht beziehungsweise Vergleichsgruppen unter 20 entsprechend differenziert worden sind. Sollte das nicht der Fall sein, muss der weitere Vorgesetzte eingreifen und untersagt die Billigung der Abstimmungsergebnisse und weist die Aufhebung dieser Ergebnisse an.
A: Also es wird auf jeden Fall zu harten Entscheidungen kommen. Das neue System will aber genau vermeiden, dass wir inflationär gute Punkte weiter erhalten, weil wir sonst auch keine Vergleichbarkeit haben. Ich würde gerne zum Abschluss noch einmal eine Frage aus der Truppe einspielen. Wir haben hier diesmal den Norden Deutschlands im Spiel. Ich spiele mal kurz ab.
D: Mein Name ist Major Felix Lotzin. Ich bin Kompaniechef der roten zweiten im Aufklärungsbataillon 6 Holstein in Eutin. Wir senden viele unserer sehr guten Unteroffiziere nach ihrer Auswahl zum Berufssoldaten an die Schulen und in die Lehre. Das ist wichtig, denn wir müssen unseren Nachwuchs gut ausbilden. Wie aber stellen wir sicher, dass die sehr starke Vergleichsgruppe beispielsweise einer Panzertruppenschule in der Beurteilung und später in den weiteren Entscheidungen berücksichtigt werden?
B: Wir werden immer die Situation haben, dass es starke Vergleichsgruppen geben wird. Jeder Soldat ist natürlich gezwungen, sich bestmöglich in der Vergleichsgruppe durchzusetzen, und die Vorgesetzten müssen entsprechend auch bei starken Vergleichsgruppen differenzieren und die Richtevorgaben einhalten. Umso aussagekräftiger sind sie nachher auch, unter Einhaltung der Richtevorgaben, bei der zuständigen personalbearbeitenden Stelle. Das heißt, wenn bei Vergleichsgruppen, die sehr groß sind, halt eben nur sehr wenige Leute eine Spitzennote bekommen können, ist auch klar, dass die Leute, die es bekommen haben, natürlich entsprechend in der Förderung damit rechnen können, zeitnah befördert zu werden. Beziehungsweise sie haben vielleicht bei Auswahlentscheidungen, zum Beispiel wie die zum Berufssoldaten oder auch zum Laufbahnwechsel, ein großes Plus mit solchen tollen Werten nach dem Gesamturteil. Gleichwohl heißt es aber nicht, dass bei starken Vergleichsgruppen die Leute, die eine Normalleistung haben oder vielleicht eine schlechte Leistung haben, von allen Sachen ausgeschlossen sind. Das ist sicherlich nicht der Fall. Gleichwohl ist es natürlich für jemanden, der ein F oder ein G hat, also eine schlechte Leistung, schwer, sich gegen andere durchzusetzen.
A: Ja ich merke, es wird immer komplexer. Deswegen schließt sich hier auch die Folgefrage an von Herr Major Lotzin.
D: Werden wir das Beurteilen ausbilden, damit die Maßstäbe in der Bundeswehr möglichst einheitlich sind?
B: Ja, ich glaube, es gibt oder gab noch nie ein Beurteilungssystem, was eingeführt worden ist und mit einer derartig umfassenden Informations- und Ausbildungskampagne begleitet worden ist. Wir werden ab Dezember mit Informationsveranstaltungen in den Organisationsbereichen für die beurteilenden Vorgesetzten sehr sehr viele Informationen bereitstellen. Wir werden darüber hinaus über eine Wiki-BwBundeswehr-Seite Informationsmöglichkeiten anbieten mit vielen Links auch zu späteren Webtrainings, wo sich alle Rollenträger über das neue Beurteilungssystem informieren können. Wir werden eine Ausbildung von Multiplikatoren in den Orgbereichen mit einer Anzahl von bis zu etwa 3.250 Soldatinnen und Soldaten vornehmen, die dann wiederum selbst in die Truppe gehen und das, was sie da gelernt haben, an die beurteilenden Vorgesetzten weitergeben. So muss eigentlich sichergestellt sein, dass zu Beginn der neuen Beurteilungsbestimmungen der Plan bis zum 30. Juli 2021 alle beurteilenden Vorgesetzten handlungssicher sind und auch die Soldatinnen und Soldaten entsprechend über das neue System informiert worden sind. Unabhängig davon ist es natürlich auch so, dass wir erwarten, dass beurteilende Vorgesetzte, die sich informiert haben über das neue System, frühzeitig mit ihrem unterstellten Personal sprechen und alle mitnehmen bei dem, was auf sie zukommt. Ich hoffe, dass zum 31.07.2021 keine Fragen mehr offen sind, und außerdem ist es so, dass wir natürlich versuchen, auftretende Fragen zu beantworten und auch so zu beantworten, dass es transparent für alle ist. Die eben genannte Wiki-BwBundeswehr- Seite, wo die Frage zur Beurteilung abgebildet sind, wird so sein, dass ein Fragen- und Antwortkatalog hinterlegt ist. Der ist immer aktualisiert mit den Fragen, die auftreten, sodass bestimmte Fragetypen dort auch einfach nachgelesen werden können und sich so hoffentlich bestehende Unklarheiten schnell auflösen.
A: Genau. Diese Wiki-Seite kann ich auch wärmstens empfehlen. Das FAQFrequently Asked Questions (Frequently Asked Questions; häufige Fragen) ist sehr umfangreich. Und ich kann kurz zusammenfassen: Im neuen System gibt es kein Punktesystem mehr, sondern ein System nach Buchstaben. Das ist am augenscheinlichsten. Die Beurteilenden, um in unserem Bild zu bleiben auf unserer Bataillonsebene, werden gebündelt und werden dort in einem starren Rahmen nach A, der Bestbenotung, wovon nur fünf Prozent reinfallen, bis D und G beurteilt. Das ist im Endeffekt eine Kurzfassung von dem, was sehr differenziert hier von Fregattenkapitän Heiko Glätzner wiedergegeben wurde. Ich bedanke mich für das Gespräch.
B: Sehr gerne!
A: Wiedersehen.
B: Wiedersehen!
A: Weitere Podcast-Folgen findet ihr bei Deezer, Spotify oder Apple Music. Mein Name ist Hauptmann Matthias Lehna. Ich melde mich ab.