Führungsverantwortung bündeln

Generalleutnant Sollfrank: „Wir sorgen dafür, dass Abschreckung funktioniert“

Generalleutnant Sollfrank: „Wir sorgen dafür, dass Abschreckung funktioniert“

Datum:
Ort:
Berlin

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Operationsführung aus einer Hand, im Inland und Ausland, in Frieden, Krise und Krieg: Das ist der Auftrag des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr. Zum 1. Oktober 2024 aufgestellt, wird es zum 31. März 2025 voll einsatzbereit sein. Befehlshaber Generalleutnant Alexander Sollfrank zu Aufgaben und Alleinstellungsmerkmalen des neuen Kommandos.

Ein General der Bundeswehr in Flecktarn steht vor einer Hecke

„Glaubhafte Abschreckung setzt voraus, dass wir verteidigungsfähig und verteidigungsbereit sind“: Generalleutnant Alexander Sollfrank ist der Befehlshaber des neuen Operativen Führungskommandos der Bundeswehr

Bundeswehr/Riek

Was ist das Operative Führungskommando der Bundeswehr?

Alexander Sollfrank

Das Operative Führungskommando der Bundeswehr plant und führt alle Operationen und Einsätze der Bundeswehr im Inland und im Ausland. Außerdem dient es als erste Ansprechstelle für Behörden in Bund und Ländern, für die Streitkräfte befreundeter Nationen sowie für NATONorth Atlantic Treaty Organization, Europäische Union, Vereinte Nationen und andere multinationale Akteure. Die Aufstellung des neuen Kommandos ist ein Ergebnis der veränderten sicherheitspolitischen Lage in Europa und sichtbares Signal der Refokussierung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung.

Was ist das Besondere am neuen Kommando?

Erstmals wird die operative Führung aller Aufträge der Bundeswehr in einem Kommando gebündelt: die Landes- und Bündnisverteidigung, die Auslandseinsätze im internationalen Krisenmanagement, die nationale Krisen- und Risikovorsorge und die Hilfeleistungen nach Artikel 35 Grundgesetz.

Alexander Sollfrank

Und erstmals in der Geschichte der Bundeswehr gibt es einen operativen Befehlshaber, der alle Dimensionen – Land, Luft, See und Cyber – sowie das Unterstützungskommando und die funktionalen Fähigkeitskommandos in allen Einsatzszenarien im Frieden, bei hybriden Bedrohungslagen sowie im Verteidigungs- und Bündnisfall führt. Außerdem übernehmen wir als übungskoordinierendes Kommando eine Schlüsselfunktion bei allen multinationalen, teilstreitkräfteübergreifenden Übungen.

Warum sind Übungen so wichtig?

Glaubhafte Abschreckung setzt voraus, dass wir verteidigungsfähig und verteidigungsbereit sind. Dass wir in der Lage sind, Kriege zu führen und zu gewinnen. Ein potenzieller Gegner muss eine Niederlage fürchten. Groß angelegte Übungen zeigen glaubwürdig die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und der NATONorth Atlantic Treaty Organization. Hier stellen die Soldatinnen und Soldaten ihren Einsatzwillen, ihre Fähigkeiten sowie ihre Waffensysteme in einsatznahen Szenarien unter Beweis – und zwar unter den Augen der Öffentlichkeit. Nur dann ist Abschreckung erfolgreich und wirksam.

Alexander Sollfrank

Wir sorgen dafür, dass Abschreckung funktioniert. Nicht nur als übungskoordinierendes Kommando, auch mit dem Operationsplan Deutschland, der den Schutz verteidigungswichtiger kritischer Infrastrukturen ebenso umfasst, wie er die Funktionsfähigkeit der Drehscheibe Deutschland im Bündnisfall sichert. Denn für die Aufmarschführung der deutschen Kräfte und die Unterstützung alliierter Truppen im Host Nation Support ist das Operative Führungskommando in gleichem Maße verantwortlich wie für die operative Führung aller parallel laufenden Aufträge der Bundeswehr.

Was bedeutet operative Führung aller Aufträge?

Zu unterscheiden sind strategische, operative und taktische Führung. Die strategische Ebene ist die der Bundesregierung und hier insbesondere des Bundesministeriums der Verteidigung. Sie weist der Bundeswehr ihre Aufträge zu, ob in der Landesverteidigung, aufgrund von Bündnisverpflichtungen, im Auslandseinsatz oder als Hilfeleistungen beispielsweise bei Flut- oder Schneekatastrophen.

Die taktische Ebene – Heer, Marine, Luftwaffe, der Cyber, Informations- und Weltraum – führt die Aufträge aus. Sie stellt Truppen und Waffensysteme bereit, sorgt für deren Einsatzbereitschaft, erfüllt Kampf- und Versorgungsaufträge und mehr.

Alexander Sollfrank

Die operative Ebene übersetzt die Weisungen der strategischen Ebene in konkrete Aufträge und schafft die Rahmenbedingungen, dass die taktische Ebene diese auch erfüllen kann. Das bedeutet: Das Operative Führungskommando erfasst und bewertet Aufträge der gesamten Bundeswehr im In- und Ausland, priorisiert sie, entscheidet über den Kräfteansatz und weist Unterstützungsfähigkeiten wie Transportkapazitäten oder medizinische Versorgung zu. Zu operativer Führung gehört auch ein streitkräftegemeinsames Lagebild, das laufend aktualisiert wird und den tatsächlichen Einsatz- und Kampfwert der Truppe abbildet. Nur so lässt sich eine gleichzeitige und gleichwertige Erfüllung eines umfangreichen Auftragsportfolios sicherstellen.

Welche Rolle werden Auslandeinsätze im neuen Kommando einnehmen?

Kernauftrag der Bundeswehr und damit des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr ist die Landes- und Bündnisverteidigung. Das internationale Krisenmanagement bleibt jedoch ein fester Bestandteil des Aufgabenspektrums. Internationale Bündnis- und Einsatzverpflichtungen erfüllt die Bundeswehr als Parlamentsarmee weiterhin. Das Operative Führungskommando der Bundeswehr wird dabei jedoch keine truppendienstliche Verantwortung übernehmen. Diese liegt bei der taktischen Ebene, also den Kommandos der Teilstreitkraft, die den jeweiligen Auftrag erfüllt, beispielsweise die Marine bei EUEuropäische Union-Mission Aspides im Roten Meer.

Wenn die Teilstreitkräfte den Kampfauftrag wahrnehmen, welche Funktion übernimmt dann das Operative Führungskommando in der Landes- und Bündnisverteidigung?

In der Landes- und Bündnisverteidigung fallen dem Operativen Führungskommando der Bundeswehr zwei Schlüsselfunktionen zu. Die erste betrifft die eigenen Kampftruppen. Grundsätzlich sind alle NATONorth Atlantic Treaty Organization-Partner für ihre eigenen Truppen und ihr eigenes Material verantwortlich.

Alexander Sollfrank

Auch in einem Szenario multinationaler Bündnisverteidigung verbleiben daher bestimmte Aufgaben in nationaler Hand. Dazu zählen Hin- und Rückverlegung in den Einsatzraum der Nachschub für die eigenen Kräfte, aber auch die Versorgung von Verletzten und Verwundeten. Wir sprechen hier von Einsatzführung. Als alleiniges Kommando auf der operativen Ebene wird das Operative Führungskommando der Bundeswehr auch hierbei eine steuernde und priorisierende Rolle gegenüber den Teilstreitkräften einnehmen.

Und der zweite Kernauftrag?

Dieser betrifft die multinationalen Kräfte. Im Bündnisfall wird Deutschland nicht mehr Frontstaat sein wie im Kalten Krieg, sondern Drehscheibe für Truppen, Waffensysteme, Munition und Versorgungsgüter. Wenn Zehntausende Soldatinnen und Soldaten durch Deutschland und Europa verlegen, kann dies nur genau abgestimmt – in vorgegebenen Transportkorridoren – und mit unserer Unterstützung erfolgreich geschehen.

Bereits bei Großübungen wie Quadriga müssen Truppenverlegungen koordiniert und begleitet, Rasträume eingerichtet, zugewiesen, gesichert und logistisch unterstützt werden. In ungleich größerer Dimension ist dies erforderlich, wenn die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Außengrenzen angegriffen werden sollten. Das Operative Führungskommando der Bundeswehr hat dann einen Kernauftrag: die Drehscheibe Deutschland so zu koordinieren, dass knappe Ressourcen optimal genutzt werden – für ein gemeinsames Ziel: damit die Kampftruppen der Allianz ihren Verteidigungsauftrag erfüllen können.

von Simona Boyer

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