83 Tage Dienst in der Wüste

Senner Familienvater in der Westsahara zieht Halbzeitbilanz

Senner Familienvater in der Westsahara zieht Halbzeitbilanz

Datum:
Ort:
Westsahara
Lesedauer:
4 MIN

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Nach einer knapp einwöchigen Einführungsphase im Hauptquartier der Mission MINURSOMission des Nations Unies pour l'organisation d'en Referendum au Sahara Occidental in Laayoune, der Provinzhauptstadt der Westsahara, wurde der 43-Jährige in den zentralen Süden des Einsatzgebietes, zum UNUnited Nations-Stützpunkt in Awsard, verlegt.

Ein Soldat steht inmitten einer Wüstenlandschaft, neben ihm ist eine Straße.

Dromedarherden gehören zu den Wegbegleitern auf den bis zu 1.000 Kilometer langen Patrouillen durch die Westsahara

Bundeswehr/PAO MINURSO

Andreas H. hat sein Lächeln nicht verloren, wohl aber ein paar Kilo Gewicht. Nach 83 Tagen Einsatz in der Westsahara durfte der Familienvater aus dem beschaulichen Stadtbezirk Senne für ein paar Tage in die ostwestfälische Heimat zu seiner Frau und seinen 9-jährigen Zwillingen zurückkehren. Inzwischen ist er aber wieder an den Bestimmungsort seines Auslandseinsatzes gereist. „Ich habe mich schnell wieder an das Leben innerhalb einer UNUnited Nations-Mission gewöhnt, wenngleich das Leben und Dienen hier, tief in der Wüste, schon einige besondere Herausforderungen bereithält“, berichtet der Bielefelder.

Mit Offizieren aus 16 Nationen (unter anderem Guinea, Nigeria, Ghana, Ägypten, Honduras, Malaysia, Bangladesch, Pakistan, Brasilien, Malawi, China und Russland) arbeitet der deutsche Stabsoffizier täglich Hand in Hand zusammen, wobei die Herkunft der Soldatinnen und Soldaten angesichts des gemeinsamen Auftrages in den Hintergrund tritt. „Wir sitzen hier in der Wüste im selben Boot und auf unseren Patrouillen zum Teil acht, neun Stunden gemeinsam auf unseren Fahrzeugen. Da redet man natürlich über Gott und die Welt, vor allem aber über die Dinge, die uns verbinden, wie Familie, Hobbies und auch den Klimawandel“, erzählt Andreas H. 
Die Patrouillentätigkeiten in den südlichen Sektoren des Mandatsgebietes stellen den Schwerpunkt des Dienstes dar, „demnächst sogar wieder per Helikopter“, wie der Bielefelder zu berichten weiß. Dabei konzentrieren sich die Militärbeobachter aus Awsard, das westlich des über 2.500 Kilometer langen marokkanischen Sandwalls (Berm) liegt, vor allem auf das marokkanische Militär im Krisengebiet, während UNUnited Nations-Beobachter östlich des Walls die Streitkräfte der Frente Polisario im Auge behalten. Hier gibt es vertraglich klare Vorgaben, zu welcher personellen Stärke, Bewaffnung und zu welchen Aktivitäten die Konfliktparteien in ihrem Gebiet und außerhalb der festgelegten Pufferzone befugt sind. Die Blauhelme überwachen die Einhaltung dieser Vorgaben.

Aber hier muss auch – anders als bei Kontingenteinsätzen wie in Afghanistan oder in Mali – das alltägliche Leben auf der Teamsite von den Soldatinnen und Soldaten zu großen Teilen selbst gemanagt werden. H. berichtet: „Wir sind hier in der Regel zeitgleich zwischen 10 und 15 Militärbeobachterinnen und Militärbeobachter, eine kleine vierköpfige marokkanische Küchencrew und – je nachdem – zwischen fünf und zehn zivile UNUnited Nations-Angestellte.“ Neben den rein militärischen Aufträgen müssten auch sensible Aufgaben wie die Sicherstellung des Flugbetriebes (die meisten Güter und Verpflegung werden eingeflogen), die Wartung von Fahrzeugen und Gerät sowie die gesamte Logistik zusätzlich von den Soldatinnen und Soldaten übernommen werden. 

Multinationale Zusammenarbeit

Zwei Soldaten verschiedener Herkunft stehen vor einem Auto und unterhalten sich, im Hintergrund ein Basketballkorb.

Andreas H. (links) und Oberstleutnant Claudio A.(rechts) besprechen eine Patrouille nach

Bundeswehr/PAO MINURSO

„Das ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, die parallel zum Patrouillenbetrieb läuft“, ergänzt der 47-jährige Schweizer Claudio A. Der Oberstleutnant ist Kommandeur der UNUnited Nations-Teamsite Awsard und kann zahlreiche Auslandseinsätze vorweisen, unter anderem im Libanon, in Äthiopien, Indien und Pakistan sowie in Bosnien und Afghanistan. Angelini und Hellmann haben schnell ein freundschaftliches Verhältnis zueinander aufgebaut, nicht nur aufgrund desselben Dienstgrades. Wie in Europa leben der Deutsche und der Schweizer in direkter Nachbarschaft, in Awsard Tür an Tür – und sie teilen neben der gemeinsamen Sprache auch viele Ansichten und Vorstellungen. „Es ist unglaublich wertvoll, sich in der Muttersprache austauschen – und auch mal aussprechen – zu können, da ansonsten alles ausschließlich auf Englisch stattfindet“, gibt Andreas H. zu.

Doch auch wenn die Mission englischsprachig ist, würden die individuellen Sprachfertigkeiten der einzelnen Militärbeobachter stark variieren. Angelini: „Vom Muttersprachler über den holprig gebrochen bis hin zum kaum Englisch sprechenden Missionsteilnehmer findet sich alles in unseren Reihen!“ Das führe im Dialog manchmal aneinander vorbei oder zu witzigen Situationen. „Nachdem es in einem Patrouillenbericht zu einigen Irritationen gekommen war, habe ich einmal das Gespräch eines nigerianischen mit einem guineischen Offizier vom Englischen ins Französische übersetzt“, plaudert der Senner, der neben Englisch auch Französisch und Spanisch spricht, aus dem Nähkästchen.

1.000 Kilometer durch die Wüste

Ein Soldat mit blauem Helm auf einer Wüstenstraße macht sich Notizen, vorne ein Schild mit der Aufschrift „Danger Mines“.

Andreas H. skizziert im Rahmen einer Übung den Fundort einer Panzerabwehrmine

Bundeswehr/PAO MINURSO

Nachdem der Senner Familienvater nach seinem kurzen Heimataufenthalt nach Awsard zurückgekehrt ist, bereitet er sich erneut als Führer auf eine zweitägige Patrouille vor. Fast 1.000 Kilometer führt ihn diese, zusammen mit drei weiteren Blauhelmen, durch die Wüste. Es geht entlang der Grenze zu Mauretanien und dann wieder nach Norden, vis-à-vis dem Atlantik. Auf die Gefahren einer so langen Tour angesprochen, wird der Bielefelder noch einmal ernst: „Die Westsahara ist eines der größten Minenfelder der Welt und es werden immer wieder Minenfunde durch die marokkanische Armee oder UNMASUnited Nations Mine Action Service (United Nations Mine Action Service) gemeldet. Allerdings folgen wir auf unseren Patrouillen festgelegten und als sicher eingestuften Tracks, sodass das Risiko akzeptabel erscheint.“

Noch bis Ende August wird der Bielefelder die Mission der Vereinten Nationen in der Westsahara unterstützen, dann darf er nach Hause zu seiner Familie zurückkehren. Zum Schluss darauf angesprochen, was Andreas H. in der Westsahara am meisten vermisst, antwortet er: „Natürlich meine Frau und meine beiden Söhne!“ Kurz darauf fügt er mit einem Schmunzeln hinzu: „Und die gute ostwestfälische Küche!“  

von PAO MINURSO

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