Für den richtigen Drall – Kamerafahrt bei UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon
Für den richtigen Drall – Kamerafahrt bei UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon
- Datum:
- Ort:
- Limassol
- Lesedauer:
- 3 MIN
Das Rohr der 76-Millimeter-Kanone auf der Korvette „Ludwigshafen am Rhein“ wird regelmäßig gründlich untersucht. Auf diese Art und Weise kann der Verschleiß bewertet und das Rohr für weitere Schüsse freigegeben werden. Zum einen wird der Innendurchmesser gemessen, zum anderen kommen zwei Kameras zum Einsatz, die das Rohr optisch begutachten. Normalerweise wird im Heimathafen überprüft, dieses Mal jedoch ausnahmsweise im Einsatz.
Mit Know-how von Meppen nach Zypern
Die Wehrtechnische Dienststelle 91 ist in Meppen beheimatet, sie ist das Technologiezentrum der Bundeswehr für Waffen und Munition. Zu den regelmäßigen Aufgaben gehört das Begutachten von Rohrwaffen, die in der Bundeswehr in Gebrauch sind. Die Prüferinnen und Prüfer haben ganz unterschiedliche „Patienten“: Bei ihnen in der Behandlung landen sowohl Kaliber von 5,56 Millimeter wie beim Sturmgewehr G36 als auch Waffen mit einem Rohrdurchmesser von 155 Millimetern wie bei der Panzerhaubitze der Heeres-Artillerie.
Heute steht die Überprüfung des Geschützrohres der Bordkanonen auf der deutschen UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon-Korvette „Ludwigshafen am Rhein“ auf dem Plan.
Wird mit der Bordkanone geschossen, entwickeln sich im Rohr große Kräfte. Das geht zulasten der Felder und Züge, die dem Geschoss im Inneren des Rohres den notwendigen Drall verleihen. Durch die Beanspruchung unterliegen sie einem ganz natürlichen Verschleiß. Aus diesem Grund muss man ihren Zustand genau im Auge behalten, denn sie sind für die stabile Flugbahn des Geschosses unerlässlich. Außerdem sind sie ganz wesentlich an der Innenballistik beteiligt.
Zur Innenballistik gehören alle Abläufe beim Abfeuern einer Rohrwaffe, angefangen beim Auslösen des Schusses bis hin zum Hinaustreten des Geschosses aus dem Lauf. Hierbei muss alles reibungslos vonstattengehen, damit das Ziel getroffen wird. Es handelt sich um echte Präzisionsarbeit, Millimeter entscheiden darüber, ob geschossen werden kann oder nicht: „Ich messe mit dem Zwei-Punkt-Messsystem alle zehn Zentimeter den Innendurchmesser des Rohres. Nur wenn jeder dieser Werte innerhalb der Toleranz liegt, bekommt das Geschoss den richtigen Drall und bleibt nicht im Rohr stecken“, so Waffenmechaniker Helmut R.
Kamerafahrt aus zwei Blickwinkeln
Nach dem genauen Vermessen des Rohrs kommt das Rohrinnenbetrachtungsgerät zum Einsatz. Dabei handelt es sich um einen mit zwei Kameras ausgestatteten zylinderförmigen Gegenstand, der mithilfe einer langen Stange in den Lauf geschoben wird. Die erste Kamera blickt geradeaus, die zweite Kamera ist um 90 Grad gedreht und blickt exakt zur Seite. Außerdem ist an der Seitenkamera ein Messfühler angebracht, der Unebenheiten im Innenlauf auf den Mikrometer genau vermessen kann. Viel präziser geht’s nicht: Ein Mikrometer sind 0,001 Millimeter.
„Nicht immer kann man auf dem Bild erkennen, ob lediglich etwas von der Beschichtung abgeplatzt ist oder ob ein Materialschaden vorliegt. Stelle ich beim Vermessen der Höhenunterschiede eine Differenz von maximal 0,1 Millimetern fest, ist es harmlos, weil bloß etwas Chrom fehlt“, erläutert der Waffenmechaniker.
Nach dem Befund folgt die Bewertung
Mit zahlreichen Messwerten und Fotos aus dem Inneren des Rohres beenden die Waffenmechaniker die Untersuchung der Bordkanone. Alle Informationen werden in einem Bericht zusammengefasst, der wiederum durch das Marinearsenal in Wilhelmshaven ausgewertet wird. Für den heutigen Tag steht der Befund fest: Der Rohrverschleiß liegt innerhalb der Toleranzen, sodass ein treffsicheres Schießen weiterhin möglich ist.
Mit diesem positiven Ergebnis kann die Korvette „Ludwigshafen am Rhein“ weiterhin ihren Auftrag vor der libanesischen Küste ausführen und unter der Flagge der Vereinten Nationen den illegalen Waffenschmuggel über den Seeweg bekämpfen.