Multinationale Sanitätseinrichtung bei CBICapacity Building Iraq
Multinationale Sanitätseinrichtung bei CBICapacity Building Iraq
- Datum:
- Ort:
- Erbil
- Lesedauer:
- 5 MIN
Früh in Erbil, die Soldatinnen und Soldaten der Role 2 bereiten sich auf den Tag vor, plötzlich piept der Pager. „Jetzt muss alles flott gehen“, so Oberfeldarzt Clemens B. Schon wird das Fahrzeug vorgefahren. Um die multinationale Role 2 besser kennenzulernen, begleitet der Presseoffizier bei Capacity Building Iraq einen Tag die deutsche OP-Gruppe.
Gemeinsam mit ihr fuhr ich vom multinationalen Camp zur USUnited States geführten Role 2. Diese multinationale Sanitätseinrichtung, die Patientinnen und Patienten notfallmäßig operieren, stabilisieren und gegebenenfalls für den weiteren Transport vorbereiten soll, verfügt sowohl über ein amerikanisches als auch ein deutsches OP-Team. Das deutsche OP-Team besteht aus zwei Elementen. Das erste bildet die anästhesiologische Komponente, welche aus einem Facharzt für Anästhesie, hier Oberfeldarzt Clemens B. und einem Fachkrankenpfleger Anästhesie- und Intensivmedizin, hier Hauptfeldwebel Benjamin W. besteht.
Das zweite Element, die chirurgische Komponente, wird aus den beiden Fachärzten für Chirurgie, Flottillenarzt Yann R. und Flottenarzt Falk v. L. plus den zwei operationstechnischen Assistenten, Stabsfeldwebel Elena P. und Hauptfeldwebel Emanuel S., gebildet.
Während die Anästhesie den Kreislauf eines verletzten oder erkrankten Patienten stabilisiert, Schmerzen lindert, das Atemwegsmanagement übernimmt und bei Bedarf eine Narkoseeinleitung mit Intubation durchführt, versorgen die Chirurgen traumatische Verletzungen aller Art. Dies können beispielsweise Schuss- oder Brandverletzungen im Sinne einer „Damage Control Surgery“, also aus dem Bereich der Notfallchirugie, sein.
Vom Impact bis zur Sanitätsversorgung
An diesem Tag soll der Ablauf vom Transport von Verletzten in die Role 2, über den Schockraum in den Operationssaal, bis zur Intensivstation geübt werden.
Das Szenario beginnt im finnischen Camp. Von hier werden drei gerettete, verletzte Soldaten nach einer Explosion durch eigene Kräfte zur Role 2 gebracht. Die Triage der Verletzten wird durch die amerikanischen Kräfte der Role 1 durchgeführt, hier findet eine erste Begutachtung und Kategorisierung statt. Anschließend werden sie zu den insgesamt vier zur Verfügung stehenden Behandlungstischen im Schockraum gebracht, wo die amerikanischen und deutschen Kräfte der Role 2 bereits warten. Das deutsche OP-Team kann sofort mit der Versorgung der verletzten Soldaten beginnen.
Mehr als qualifizierte Erstversorgung
Die weitere Behandlung wird durch das Sanitätspersonal der Role 1 und Role 2 gemeinsam durchgeführt. Schnell werden die ersten Diagnosen gestellt und weiteres Equipment angefordert. Hier sieht man gut den Unterschied zur Role 1, da die Role 2 zum Beispiel über ein mobiles Röntgengerät verfügt. Der zuständige Bediener röntgt sehr schnell und präzise vom Brustkorb bis zum Unterarmbruch alles was die behandelnden Ärzte ihm anzeigen. Als Außenstehender bekomme ich direkt ein Gefühl für die hohe Professionalität aller Beteiligten im Raum - die Kommunikation ist ruhig und konzentriert.
Vorbereitung für den OP
Während der ersten Behandlung im Schockraum wird schnell klar, dass zwei verletzte Soldaten eine weitere Behandlung im OP-Saal benötigen. Das ist das Startzeichen für die operationstechnischen Assistenten – Stabsfeldwebel Elena P. und Hauptfeldwebel Emanuel S. Die beiden gehen unverzüglich in den OP-Saal und fangen an alles für die weitere Behandlung des Verletzten vorzubereiten. Während Stabsfeldwebel Elena P. das OP-Besteck und diverse Verbandsmaterialien vorbereitet, kümmert sich Hauptfeldwebel Emanuel S. um den Arbeitsplatz des Chirurgen. Parallel hat der Fachkrankenpfleger Hauptfeldwebel Benjamin W. den Arbeitsplatz der Anästhesie bereits vorbereitet. Dazu zählt neben der Prüfung der benötigten Geräte des anästhesiologischen Arbeitsplatzes auch die Vorbereitung der gängigen Notfall- und Narkosemedikamente.
Richtige Übergabe ist lebenswichtig
In der Zwischenzeit lassen sich die beiden chirurgischen Fachärzte Oberfeldarzt Clemens B. und Flottillenarzt Yann R. von den amerikanischen Ärzten über den Gesundheitszustand des Verletzten informieren und welche Maßnahmen bereits getroffen wurden. Sie erhalten ein vollumfängliches Bild über den Patienten und planen bereits jetzt die weiteren Schritte der Behandlung. Beide treffen noch schnell letzte Absprachen und bereiten sich danach auf die Operation vor. Ich frage Flottillenarzt Yann R. kurz was der Patient hat, worauf er mir schnell zuruft: „Der Patient hat eine innere Blutung“. Danach geht Flottillenarzt Yann R. in den OP-Saal und bespricht gemeinsam mit dem Team das weitere Vorgehen.
Behandlung im OP
Der Patient wird durch die Schwingtüren in den OP-Saal geschoben und das Team steht bereit. Ab jetzt folgt eine durch die Ausbilder geführte Operation, in der alle Arbeitsschritte angesprochen und angedeutet werden. Die Ausbilder geben ein verbales Feedback über die Reaktion des Patienten. Als erstes leitet Oberfeldarzt Clemens B. mit Hauptfeldwebel Benjamin W. die Narkose ein. Diese und die anschließende Instrumentierung des Patienten erfolgt zielgerichtet und ermöglicht dem Narkoseteam ein jederzeit umfassendes Bild über den Kreislaufzustand des Patienten. Es folgt ein gezielter Schnitt von Flottillenarzt Yann R. und schon kann er die Bauchdecke öffnen. Der Ausbilder teilt ihm mit: „Es gibt innere Blutungen und derzeit ist der Ursprung nicht klar.“ Flottillenarzt Yann R. gibt seinem Team klare Anweisungen, wie sie weiter zu verfahren haben und innerhalb kürzester Zeit haben sie den Ursprung der Blutung entdeckt. Es ist eine Verletzung der Milz, welche daraufhin entfernt wird.
Grenzen erkennen und entsprechend handeln
Die Zwischendiagnose steht schnell fest und Flottillenarzt Yann R. verkündet dem Team: „Innere Blutung, Milz entfernt, Verlegung nach Bagdad zur Role 3.“ Demzufolge ist allen im Team klar, was jetzt folgt. Während der Transfer des Patienten zur Role 3 in Bagdad durch die Amerikaner organisiert wird, bereiten Oberfeldarzt Clemens B. und Hauptfeldwebel Benjamin W. den Patienten für den Lufttransport nach Bagdad vor. Flottillenarzt Yann R. verschließt gemeinsam mit Hauptfeldwebel Emanuel S. den Bauch des Patienten.
Postoperativ wird der Patient zunächst auf die Intensivstation überführt, um ihn weiter zu stabilisieren und den Operationssaal wieder freizubekommen, um gegebenenfalls weitere verletzte Soldatinnen oder Soldaten chirurgisch versorgen zu können.
Danach wird der Patient an die amerikanischen Kräfte übergeben, die ihn mit dem Hubschrauber nach Bagdad transportieren sollen. Ich merke sofort wie die Anspannung bei den Kameradinnen und Kameraden nachlässt. Nachdem der Schockraum, OP-Saal und die Intensivstation nachbereitet sind, versammeln sich alle amerikanischen und deutschen Soldatinnen und Soldaten zu einer kurzen Feedbackrunde, dem „Hot Wash Up“. Die Ausbilder lassen zunächst die Darsteller und das Sanitätspersonal ihre Eindrücke schildern und fangen danach mit der Auswertung der Übung an. Aus Sicht der Ausbilder wurde das Fallszenario sehr gut abgearbeitet. Die deutschen Kräfte werden für ihren professionellen Einsatz gelobt.