Laster im Schlamm – auf Konvoibegleitung durch die Savanne
Laster im Schlamm – auf Konvoibegleitung durch die Savanne
- Datum:
- Ort:
- Südsudan
- Lesedauer:
- 4 MIN
Acht Tanklastwagen sollen dringend benötigten Nachschub an Diesel für das Field Office im südsudanesischen Yambio liefern. Der Auftrag lautet: Zwei Tage hin – Konvoi abholen – zwei Tage zurück. Was sich zunächst nach einem Routineauftrag anhört, entpuppt sich angesichts der äußeren Umstände als langwieriges und lehrreiches Unterfangen in der afrikanischen Savanne. Hauptmann Alexander B. berichtet von seinem Auftrag der Mission UNMISSUnited Nations Mission in South Sudan.
Der Diesel wird in Yambio dringend benötigt, hier befindet sich unser Field Office. Aufgrund des Fehlens einer öffentlichen Stromversorgung sind nicht nur unsere Fahrzeuge auf den Diesel angewiesen, auch die gesamte Stromversorgung im Camp hängt von den Dieselgeneratoren ab. Sollte der Konvoi also nicht sein Ziel erreichen, wird nach wenigen Tagen kein Kühlschrank mehr funktionieren, kein Computer mehr laufen – insgesamt kein Arbeiten mehr möglich sein.
Ständiger Schutz
Wegen der schwierigen Sicherheitslage müssen die Tanklaster jedoch stets geschützt werden. Ein Zug mit 40 Soldaten der ruandischen Sicherungskompanie sorgt dafür, während wir Verbindungsoffiziere mit unserem Sprachmittler für alle Absprachen an den Checkpoints sowie mit den lokalen Behörden zuständig sind.
Da unser Field Office gut 500 Kilometer, oder vier Tagesmärsche, von der Hauptstadt Juba entfernt liegt, wird die Strecke geteilt: Die erste Hälfte begleiten die Kameraden aus Juba den Konvoi, danach übernehmen wir.
Schon der Start verläuft holprig
Nach kurzer Einweisung geht es mit zehn Fahrzeugen los. Doch schon der erste Tag verläuft nicht wie geplant: Das Versorgungsfahrzeug kippt in einem Wasserloch auf die Seite und muss geborgen werden. Leider gehen hierbei auch etwa die Hälfte unserer Vorräte verloren. Bergung und Reparatur dauern fast fünf Stunden, erst am späten Abend erreichen wir unser Tagesziel.
Es folgt eine kurze Nacht. Am zweiten Tag erreichen wir nach 150 Kilometern und acht Stunden Fahrzeit den Ort der Übergabe – es soll der einzige einigermaßen planmäßige Tag für die nächsten zwei Wochen werden. Während der Übergabe warnen uns die Kameraden aus Juba bereits, dass der technische Zustand der Lkws nicht optimal ist.
Die Laster versinken im Schlamm
Am nächsten Morgen, nach der Reparatur einer gebrochenen Federung und einiger Radwechsel an den Tankwagen, brechen wir mit Verspätung auf. Doch schon nach 45 Minuten fährt sich der erste Lastwagen in einem schlammigen Abschnitt fest. Bereits hier, nach nur 17 Kilometern Wegstrecke, werden wir drei Tage im Busch verbringen. Nachdem wir mühsam den ersten Lastwagen frei gegraben haben, fahren sich in den folgenden Stunden auch alle weiteren sieben Lastwagen fest. Erst als am dritten Tag des Rückmarsches die Sonne mit voller Kraft scheint, können wir den letzten Lkw befreien und begeben uns wieder auf den Weg – für nicht einmal sechs Kilometer. In einem längeren Wasserloch fahren sich erneut mehrere Lastwagen fest und das Schauspiel beginnt von neuem.
Routine auch bei technischen Problemen
Doch auch dieses Hindernis überwinden wir. Der ganze Konvoi spielt sich immer mehr aufeinander ein und die Bergung der Lastwagen geht in den folgenden Tagen immer schneller voran. Neben der schlammigen Straße haben wir jedoch zunehmend technische Probleme, wie etwa eine defekte Kühlwasserpumpe ohne passendes Ersatzteil, die notdürftig geflickt wird. Während dieser achtstündigen Reparatur blockiert der defekte Lkw jedoch die gesamte Straße. Der Gegenverkehr, insbesondere ein Militärtransporter mit rund 15 Soldaten, muss also ebenfalls fast den ganzen Tag warten. Hier zeigt sich jedoch die unglaubliche Entspanntheit der Südsudanesen: Was in Deutschland mit Sicherheit zu „ernsten Spannungen“ geführt hätte, wird hier durch Hilfestellungen bei der Reparatur beantwortet.
Neben den Straßenbedingungen und den technischen Problemen machen uns auch die begrenzten Nahrungsmittelvorräte Sorgen. Wegen des Unfalls am ersten Tag sind diese begrenzt und eine Nachversorgung im Busch nicht möglich. Kurzerhand entwickelt sich ein reger Handel mit den Gemeinden entlang des Weges. Täglich werden mehrere Hühner und Ziegen erworben, der ruandische Koch zerlegt und grillt diese fachmännisch. Die Hilfsbereitschaft und Neugier der lokalen Bevölkerung sind dabei nahezu grenzenlos. Auch an den scheinbar verlassensten Orten finden sich schnell unzählige neugierige Kinder und tatkräftige Helfer.
Die erste Stadt wird erreicht
Nach insgesamt neun Tagen erreichen wir den ersten größeren Ort. Ein Hubschrauberlandeplatz ist schnell erkundet und der dringend benötigte Nachschub an Lebensmitteln kann eingeflogen werden. Auch unser Militärbeobachter-Team trennt sich: Ich fliege zurück nach Yambio und werde durch einen indischen Kameraden ersetzt, da Folgeaufträge bereits warten und nicht verschoben werden können. Der restliche Konvoi wird noch weitere sechs Tage unterwegs sein, aus den ursprünglichen zwei Tagen Rückmarsch sind 13 geworden.
Ein lehrreiches Abenteuer
Was sich nach deutschen Maßstäben unglaublich zäh und nervenaufreibend anhört, ist mit der richtigen Einstellung ein enorm lehrreiches „Abenteuer“ in einem vom Krieg geschundenen Land. Ein Land, das von extremer Armut und Hunger geplagt ist, aber dennoch nur so vor Lebensfreude platzt. Während man als ausgebildeter deutscher Offizier anfangs noch auf Zeitpläne drängt, sich über zu knappe Lebensmittel den Kopf zerbricht und sich angesichts der Bodenverhältnisse über die befohlene Reiseroute wundert, übernimmt man nach wenigen Tagen eine afrikanische Mentalität: Absolut jedes Problem lässt sich lösen, es gibt überall zahlreiche hilfsbereite Menschen, und nach dem Regen kommt immer die Sonne.
Kontakt für die Presse
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Bundeswehr/Janin Tietz
Oberstleutnant Christian Schneider
Sprecher für die Einsätze der Bundeswehr im Internationalen Krisenmanagement