Rund sechs Monate stand die multinationale eFPenhanced Forward Presence Battlegroup Lithuania unter seinem Kommando. Wie diese Zeit für ihn und seine Soldatinnen und Soldaten bisher verlief verrät uns Oberstleutnant Lars Neitzel, Kommandeur der eFPenhanced Forward Presence Battlegroup, im Interview.
6 Fragen an
Oberstleutnant Lars Neitzel
Aileen Tina Hufschmidt
Seit Februar kommandieren Sie nun die eFPenhanced Forward Presence Battlegroup in Litauen. Wie verlief der Start?
Der Start verlief wirklich problemlos. Mit unserer Vorgängerrotation und deren Kommandeur stand ich schon lange vor der Übernahme in Verbindung. Die Übergabe der 12. Rotation begann im Januar und fand ihren Abschluss mit der Kommandoübergabe am 09.02.2023. Sowohl die Kompanien als auch die Stabsabteilungen sind im Anschluss daran zügig ins Arbeiten gekommen – zur Eingewöhnung blieb wenig Zeit. Sechs Monate sind gleichzeitig wenig und viel Zeit.
Da wir durch unsere gemeinsamen Übungen während der Einsatzvorbereitung 2022 bereits das Schlüsselpersonal unserer multinationalen Kameradinnen und Kameraden kannten, war keine lange Kennenlernphase mehr vonnöten. Lediglich mit Blick auf die unterschiedlichen militärischen Fähigkeiten und Verfahren der Niederländer, Norweger, Kroaten und Tschechen gab es zeitnahen Ausbildungsbedarf, wobei diese Wissenslücken bei allen Soldaten durch Static Displays und Capability Briefings zügig gefüllt wurden.
Aileen Tina Hufschmidt
Wie hat sich die Battlegroup auf die wichtige Zertifizierungsübung Iron Wolf vorbereitet?
Wenn man es ganz genau betrachtet, war unsere Battlegroup bereits „combat ready“ als sie in Litauen ankam. Unsere „combat readiness“ als multinationale Battlegroup haben wir bereits im November 2022 im Gefechtsübungszentrum des Heeres unter Beweis gestellt. Hier fehlten uns lediglich die Norweger und die Kroaten, um die militärischen Fähigkeiten aller Nationen beisammen zu haben. Somit ist die Zertifizierungsübung Iron Wolf vielmehr eine „Neubewertung“ unserer „combat readiness“ – oder wie man im Englischen sagt, eine „Reevaluation“. Auf dem Weg dorthin haben die Kompanien sehr viel Ausbildung auf Gruppen- und Zugebene durchgeführt – national wie international. Innerhalb des Stabes wurde der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Führungsprozess im Rahmen der litauischen Verteidigungsplanung geübt. Die erste gemeinsame Battlegroup Übung startete schließlich Anfang April mit Rising Bull, bevor es zur Zertifizierungsübung Iron Wolf ging.
Aileen Tina Hufschmidt
Wie haben Sie sich im Vorfeld mit Ihren Soldatinnen und Soldaten auf diese Mission vorbereitet?
Wie bereits zuvor skizziert, sind wir mit unseren internationalen Kameraden nicht erst im Januar und Februar diesen Jahres zusammengetroffen.
Die multinationale Einsatzvorbereitung begann bereits im Juli 2022 mit einer gemeinsamen Woche in Hamburg. Hier haben wir eine Stabsdienstordnung für den NATONorth Atlantic Treaty Organization-Führungsprozess der Battlegroup und andere Standardverfahren entwickelt. Im September war die multinationale Battlegroup dann in Hammelburg, um mit Hilfe des Gefechtsübungssimulationssystems SIRA die erarbeiteten Verfahrensweisen auf Herz und Nieren zu testen und Schwachstellen zu überarbeiten.
Die gemeinsame Einsatzvorbereitung fand schließlich ihren Höhepunkt im Gefechtsübungszentrum des Heeres in Letzlingen. Zuvor haben sich alle Nationen intensiv in Ihren jeweiligen Ländern auf die Rotation vorbereitet. So beträgt die Vorbereitung vor Einsatzbeginn häufig mindestens zwölf Monate.
Aileen Tina Hufschmidt
Was war für Sie persönlich ein ganz besonderer Moment?
Ein besonderer Moment war für mich der Besuch des Bundespräsidenten, der mit seinem litauischen Amtskollegen die Battlegroup besucht hat. Das sympathische Auftreten und die Empathie unseres Staatsoberhauptes haben mich tief beeindruckt. Auch die Idee, Familien von Soldaten nach Litauen einfliegen zu lassen, fand ich klasse. Dies zeigt eine außergewöhnliche Wertschätzung gegenüber unseren Angehörigen. Ich persönlich finde ohnehin, dass die Hauptlast an der „Heimatfront“ getragen wird.
Schließlich habe ich die Gelegenheit genutzt und den Bundespräsidenten um ein persönliches Foto gebeten. Das war ein ganz besonderer Moment für mich.
Aileen Tina Hufschmidt
Gab es auch Rückschläge?
Bislang hatten wir in unserer Rotation wirklich Glück [klopft symbolisch auf Holz]. Wir hatten einige Unfälle, Verletzungen und auch krankheitsbedingte Repatriierungen. Etwas Lebensbedrohliches war aber nicht dabei. Wir sind lange und viel unterwegs gewesen. Und bei Übungen gibt es trotz der umfangreichen Sicherheitsbemühungen immer ein Restrisiko, dass man nicht eliminieren kann. Von schlimmen Zwischenfällen sind wir aber dennoch verschont geblieben
Aileen Tina Hufschmidt
Sind Sie zufrieden mit der Leistung der Battlegroup? Was würden Sie Ihrem Nachfolger ans Herz legen?
Ich bin tatsächlich sehr zufrieden mit der Leistung der 13. Rotation und stolz auf jeden einzelnen meiner Soldatinnen und Soldaten. Trotz aller multinationalen Unterschiede, hat uns der gemeinsame Auftrag geeint – nämlich bereit zu sein, Leib und Leben für die Verteidigung des NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisgebietes einzusetzen. Alleine die Nähe zur NATONorth Atlantic Treaty Organization-Außengrenze verleiht dem Auftrag eine große Ernsthaftigkeit. Wir waren wirklich erfolgreich. Die Iron Wolf-Übung wurde für uns einen Tag eher beendet, weil wir „zu schnell“ im Angriffsziel standen. Sicherlich ist dies eine symbolische Maßnahme – die aber zum Selbstbewusstsein der Soldaten beigetragen hat. Meinem Nachfolger kann ich nicht viel ans Herz legen. Auch er ist ein erfahrener Soldat und ein guter Kommandeur mit einem starken Verband. Er wird seinen Weg gehen. Das einzige, was ich ihm wirklich nahegelegt habe, ist von Anfang an viel Wert auf eine gute multinationale Kooperation zu legen. Innerhalb der Battlegroup und in der Interaktion mit unseren litauischen Partnern.
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