Sprache verbindet

Ich bin iM EINsatz: Sprachmittler zwischen den Kulturen in Jordanien

Ich bin iM EINsatz: Sprachmittler zwischen den Kulturen in Jordanien

Datum:
Ort:
Al-Asrak
Lesedauer:
5 MIN

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren: In unterschiedlichen Einsatzgebieten leisten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr täglich ihren Dienst. Doch was tun sie genau vor Ort? Was ist ihre spezielle Aufgabe? Was bewegt sie, was treibt sie an? In der Serie „Ich bin iM EINsatz“ stellen wir einige von ihnen ganz persönlich vor.

Ein Soldat läuft von einem Auto zu einem Lastkraftwagen

Von der sprachlichen Übersetzung bis zur Koordination von lokalen Kräften: Die Aufgaben des Sprachmittlers sind vielfältig

Bundeswehr/Christian Haseloff

Ich bin Feldwebel Gehad G., 63 Jahre alt und geboren in Saudi-Arabien. Als Reservistendienstleistender bin ich nun bereits zum dritten Mal als Sprachmittler in einem deutschen Einsatzkontingent in Jordanien tätig. In meinem zivilen Alltag arbeite ich seit 25 Jahren als Sparkassenangestellter. 

Als die Flüchtlingswelle im Jahr 2015 im Mittelmeer ihren Höhepunkt erreichte und sich die Bundeswehr mit der Operation Sophia an der Seenotrettung Schiffbrüchiger beteiligte, habe ich mich zum ersten Mal mit dem Thema Bundeswehr und einem möglichen eigenen Engagement befasst. Dieses Thema hat mich damals tief bewegt. Ich sah aber auch, dass dort zwei Kulturen aufeinandertrafen, die sich teilweise sprachlich nicht verstehen konnten. Ich erfuhr, dass die deutschen Streitkräfte auf der Suche nach Sprachmittlern für die arabische Sprache waren. Da mir das Sprechen mit Menschen und die allgemeine Kommunikation schon immer sehr viel Spaß gemacht haben, ergriff ich die Möglichkeit, als Reservistendienstleistender für das Bundessprachenamt zu arbeiten. Meine Erfahrung als Koordinator zwischen Menschen aus Ägypten und Amerika auf Bohrinseln im Roten Meer kam mir dabei sehr zugute. Ein wichtiger Punkt ist hierbei, mir Zeit für die Menschen zu nehmen, für die ich in eine andere Sprache übersetze. Auch wenn die tägliche Arbeitszeit dies kaum zulässt, ist dies für mich persönlich sehr wichtig. Nur so kann ich die verschiedenen Kulturen verstehen und allen Beteiligten ein gutes Gefühl bei einem Gespräch vermitteln.

Das ist meine Aufgabe im Einsatz

Eine meiner Aufgaben sehe ich darin, die verschiedenen Kulturen einander sprachlich näherzubringen, denn ich achte besonders darauf, was die andere Kultur erwartet oder als Standard in einer Gesprächsführung ansieht. Sprache, Mimik und Gestik können von Land zu Land völlig andere Bedeutungen haben. Für meine Arbeit als Sprachmittler benötige ich daher ein sehr gutes Fingerspitzengefühl für die Gesprächspartner und die aktuelle Gesprächslage. In Deutschland einen Kaffee angeboten zu bekommen, ist zum Beispiel eine Einladung zu einem Gespräch. Im arabischen Raum ist es allerdings der Hinweis auf eine hoffentlich baldige Beendigung des Gesprächs. Die Einladung zu einem Tee wäre hierbei der passendere Vergleich. Aber es ist auch wichtig, das Ziel des Gesprächs nicht aus den Augen zu verlieren, denn immerhin möchte eine Seite etwas von der anderen.

Die arabische Sprache ist eine sehr emotionale Sprache. Daher ist es von Bedeutung, die Wörter nicht eins zu eins zu übersetzen. Ohne die Botschaft der Worte zu verlieren, versuche ich, die Bedeutung von Worten emotional zu unterstützen. Und auch die Hintergründe und Ziele eines Gesprächs sind sehr wichtig. Ich muss mich vorher mit dem Thema auseinandersetzen und es verstehen, um das Gespräch beim Übersetzen in die gewünschte Richtung leiten zu können.
Obwohl ich als Sprachmittler meist zwischen den Kulturen stehe, trage ich eine deutsche Uniform, was für mich Ehre und Stolz bedeutet. Ich mache mir zu jeder Zeit bewusst, dass ich als deutscher Mittler und nicht als Privatperson übersetze. Dennoch ist es mir sehr wichtig, beiden Gesprächsparteien gleichermaßen mit Respekt zu begegnen.

Erfüllung finde ich darin, wenn eine Gesprächsführung sehr gut verlaufen ist und beide Partner im Anschluss zufrieden sind. Die Dankbarkeit meiner Kameradinnen und Kameraden nach einer anstrengenden mehrstündigen Sitzung mit lokalen Ortskräften, ist eine meiner schönsten Belohnungen.
Zum Teil ärgert es mich, wenn ich auf Personen treffe, die sich nicht auf die jeweils andere fremde Kultur einlassen möchten. Das macht meine Aufgabe als Sprachmittler teilweise sehr schwer.

Das macht meine Tätigkeit hier besonders

Ein Soldat steht an einem Lastkraftwagen und spricht mit dem Fahrer

Jede Kultur hat ihre Eigenheiten. Im arabischen Raum kann die Sprache mitunter sehr emotional werden.

Bundeswehr/Christian Haseloff

Die Tätigkeit als Sprachmittler lebt vor allem von ihrem Abwechslungsreichtum. Trotz häufiger schriftlicher Übersetzungen ist das Tätigkeitsfeld bei weitem mehr als eine reine Bürotätigkeit. Ich bin viel unterwegs und begleite Soldatinnen und Soldaten aus unterschiedlichen Bereichen und Entscheidungsebenen. So zum Beispiel in der deutschen Botschaft, beim Militärattaché oder auf dem Land bei örtlichen Kräften und der Bevölkerung. In jeder Situation habe ich eine gewisse Verantwortung gegenüber meinen Gesprächspartnern, da sich beide auf mich verlassen. Auch wenn es Probleme oder Missverständnisse mit den lokalen Beschäftigten im Camp gibt, bin ich als Mittler tätig.

Die Besonderheit meiner Tätigkeit ist, dass man die Kultur des Landes verstehen und erleben muss. Kleine Gesten können eine große Auswirkung haben. Daher befasse ich mich sehr genau mit den Menschen im arabischen Raum. Durch ganz alltägliche Dinge, beispielsweise den Besuch eines Marktes, lernt man das nötige Fingerspitzengefühl gegenüber den kleinen Dingen. Diese können dann bei späteren Gesprächen sehr wichtig sein. Nach mehreren Einsätzen bekommt man aber ein sehr gutes Gespür für Menschen und Persönlichkeiten. 

Ich bin stolz, wenn verfahrene Situationen gelöst, deutsche und jordanische Eigenheiten vereinbart und langwierige Gespräche zu einem positiven Ergebnis geführt werden können.

Das vermisse ich hier am meisten

Natürlich vermisse ich am meisten meine Familie, besonders meine Kinder und unsere gemeinsamen Fahrradausflüge. Mit meinem Sohn bin ich vor dem jetzigen Einsatz von Passau nach Wien gefahren. Das war eine Tour mit über 350 Kilometern. 
Auch mein Reithobby vermisse ich sehr, gerade weil es sehr schöne Pferde in Jordanien gibt. Durch meine Aufgabe als Sprachmittler im Einsatz habe ich aber rund um die Uhr Dienst und es gibt keine dienstfreien Tage.

Das sind meine Pläne, meine Wünsche und Grüße

Genaue Pläne für die Zeit nach meinem Einsatz habe ich noch nicht. Dennoch würde ich mich über eine erneute Reservistendienstleistung und einen weiteren Einsatz in Jordanien oder im Irak freuen. So könnte ich mein Wissen vertiefen und meinen Kameradinnen und Kameraden weiterhin zur Seite stehen.

von Gehad G.

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

Mehr zum Thema