Ich bin iM EINsatz: Die Stütze des Kontingents

Ich bin iM EINsatz: Die Stütze des Kontingents

Datum:
Ort:
Erbil
Lesedauer:
4 MIN

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Auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren: In unterschiedlichen Einsatzgebieten leisten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr täglich ihren Dienst. Doch was tun sie genau vor Ort? Was ist ihre spezielle Aufgabe? Was bewegt sie, was treibt sie an? In der Serie „Ich bin iM EINsatz“ stellen wir einige von ihnen ganz persönlich vor.

Ein Militärpfarrer sitzt in einem Sessel und schreibt in sein Notizheft.

Militärpfarrer Unrath bereitet sich auf den nächsten Gottesdienst vor

Bundeswehr/René Kuhn

Ich heiße Karl-Martin Unrath und wurde 1961 als Sohn eines Pfarrers an einem Sonntag in Stuttgart geboren – mein Vater stand zu diesem Zeitpunkt auf der Kanzel und predigte. Da war es kein Wunder, dass auch ich evangelischer Pfarrer wurde.

Fast 20 Jahre war ich Gemeindepfarrer in Pirmasens, Saarbrücken, Neunkirchen/Saar und Zweibrücken. Im Anschluss war ich als theologischer Referent der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland in Frankfurt am Main tätig. Schließlich wurde ich 2013 Schulpfarrer in Saarbrücken und im Jugendstrafvollzug in Ottweiler.

Doch dann suchte ich eine neue „Herausforderung“ – und wurde so 2017 Militärpfarrer mit Sitz in Saarlouis. In dieser Position bin ich für alle Dienststellen des Saarlandes und den Standort Trier verantwortlich. Dies ist mein erster Auslandseinsatz, der von Mai bis voraussichtlich Ende September dauern wird.

Das ist meine Aufgabe im Einsatz.

Der Militärpfarrer sitzt an seinem Computertisch und arbeitet.

Auch allgemeine Verwaltungsarbeiten gehören für den Militärpfarrer zum Tagesprogramm

Bundeswehr/René Kuhn

In erster Linie bin ich für die Soldatinnen und Soldaten da und will ihnen eine Stütze sein. Dabei geht es eher selten um schwere seelische Not, in den meisten Fällen geht es um allgemeine Lebensfragen und Konflikte, die sich aus dem engen Zusammenleben im Kontingent ergeben.
Hier vor Ort sind Männer und Frauen, die oft unter Belastung stehen und für lange Zeit von ihren Familien und Freunden getrennt sind. Wenn die Kameradinnen und Kameraden abends am Telefon beispielsweise hören, dass ihre Kinder krank sind oder eine teure Reparatur ins Haus steht, und sie dann nichts tun können, brauchen sie einfach jemanden, der ihnen zuhört.
Dabei kommt mir meine absolute Schweigepflicht zugute. Als Militärseelsorger bin ich zwar Teil des Kontingentes, aber unterliege nicht der militärischen Hierarchie, also auch nicht dem System von Befehl und Gehorsam. Diese Freiheit ist für die Seelsorge eine unbedingte Voraussetzung, viele öffnen sich mir gegenüber gerade aus diesem Grund.
Daneben gibt es die klassischen pastoralen Aufgaben, wie beispielsweise Gottesdienste und Bibelfrühstücke. Mich freut dabei besonders, dass sich ein kleiner Chor zusammengefunden hat, der in der Regel zweimal in der Woche aus Spaß an der Freude und auch in den Gottesdiensten singt.

Das macht meine Tätigkeit hier besonders.

Ein Chor aus mehreren Soldatinnen und Soldaten singt zum Gottesdienst. Hinter ihnen weht die deutsche Flagge.

Beim Feldgottesdienst singt der Pfarrer gemeinsam mit dem Chor regelmäßig Lieder

Bundeswehr/René Kuhn

Ich war nicht nur gespannt auf meinen ersten Einsatz, sondern habe ihn auch ersehnt. Denn ich sammle hier zum einen wertvolle persönliche Erfahrungen, zum anderen wird der Einsatz mir nach der Rückkehr auch im täglichen Umgang in Deutschland helfen. Denn die Kameradinnen und Kameraden nehmen einen noch einmal anders wahr, wenn man über Einsatzerfahrung verfügt. Das Vertrauensverhältnis wird sicherlich stärker sein, wenn sie wissen, dass man ebenfalls einen Einsatz mitgemacht hat, einer von ihnen war und sich nun in sie besser hineinfühlen kann.

In aller Regel erhalte ich darüber hinaus wenig Rückmeldung auf meine Arbeit. Schließlich arbeite ich keine Aufträge ab, die dann bewertet werden, auch arbeite ich niemandem zu. Das Feedback äußert sich nur indirekt: Werde ich als Gesprächspartner gesucht? Wie werden Gottesdienst und Bibelfrühstück angenommen? Ich bin daher sehr froh darüber, dass am Gottesdienst etwa ein Drittel des Kontingentes teilnimmt, am Bibelfrühstück im Schnitt etwa die Hälfte.

Das vermisse ich hier am meisten.

Genau wie alle anderen vermisse ich im Einsatz meine Familie, in erster Linie natürlich meine Frau, aber insbesondere auch meine zwei Enkelkinder. Auch meine beiden Jagdhunde gehören zur Familie. Ich freue mich schon darauf, wieder auf die Jagd zu gehen und in der Natur zu sein. Außerdem vermisse ich die Musik. Schließlich singe ich solistisch und in einem Ensemble.

Aber ich kann den Verzicht aushalten, weil ich weiß, dass er nur von begrenzter Dauer ist. Ich denke sogar, dass es gut ist, eine Zeit lang auf etwas verzichten zu müssen. Denn nur so wird einem die Bedeutung von Personen und Aktivitäten bewusst, man merkt, dass sie keine Selbstverständlichkeit sind. Ich werde daher fraglos künftig mein Leben im Saarland noch mehr und dankbarer schätzen.

Das sind meine Pläne, meine Wünsche und Grüße.

Ein Militärpfarrer kniet über einer Übungspuppe und trainiert die Reanimation.

Pfarrer Unrath frischt seine Erste-Hilfe-Kenntnisse beim Reanimieren auf

Bundeswehr/René Kuhn

Ich möchte grundsätzlich alle Bundeswehrangehörigen dazu ermutigen, auch in einem System militärischer Logik ein Mensch zu bleiben, der sich nach Frieden sehnt und von Liebe lebt. Zudem wünsche ich mir, dass niemand zu Schaden kommt und wir möglichst wenig Zeit im Bunker verbringen müssen. Wichtig ist mir zudem ein gutes Miteinander im Kontingent.

Nach meinem Einsatz werde ich mich zunächst erholen und neue Kraft tanken, um dann in Saarlouis wieder durchzustarten. Ich denke, ich spreche im Namen aller, wenn ich mir wünsche, durch Corona nicht mehr ständig ausgebremst zu werden. Ich möchte endlich wieder Rüstzeiten durchführen, Standortgottesdienste ohne Auflagen feiern dürfen, Lebenskundlichen Unterricht mit mehr als fünf Personen gestalten und zum Bibelfrühstück einladen.

Zum Abschluss möchte ich noch meine Pfarrhelferin in Saarlouis und meinen Kollegen aus Zweibrücken, der die Vertretung für mich übernommen hat, herzlich grüßen.

von Karl-Martin  Unrath

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