Ich bin iM EINsatz: Erfahrungen durch 13 Einsätze
Ich bin iM EINsatz: Erfahrungen durch 13 Einsätze
- Datum:
- Ort:
- Naqoura
- Lesedauer:
- 3 MIN
Auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren: In unterschiedlichen Einsatzgebieten leisten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr täglich ihren Dienst. Doch was tun sie genau vor Ort? Was ist ihre spezielle Aufgabe? Was bewegt sie, was treibt sie an? In der Serie „Ich bin iM EINsatz“ stellen wir einige von ihnen ganz persönlich vor.
Mein Name ist Dr. Helmut F., ich bin 64 Jahre jung und mal wieder im Einsatz. Als Flottillenarzt bin ich in der Einsatzflottille 1 in Kiel als Leiter des Bordsanitätsdienstes tätig. Begonnen hat meine Bundeswehrkarriere am 1. November 1985, damals wurde ich als Wehrpflichtiger ins damalige Bundeswehrkrankenhaus Hamm einberufen und begann meinen ersten Ausbildungsabschnitt in der Anästhesie. Es folgten Verwendungen auf Zerstörern der Klasse 103B und dem Schulschiff „Deutschland“, auf dem ich bis zu seiner Außerdienststellung zur See fuhr.
Später folgten Verwendungen auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ und etliche Verwendungen an Land. Meinen ersten VN-Einsatz mit der Bundeswehr hatte ich im Jahr 1993 in Kambodscha, es folgten der VN-Einsatz 1994 in Somalia und SFORStabilisation Force in Sarajevo. Insgesamt war ich 13 Mal in einem Auslandseinsatz, darunter mehrfach bei Atalanta und UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon, wobei ich die einsatzgleichen Verpflichtungen von mehrmonatigen Seefahrten noch nicht mal mitzähle.
Das ist meine Aufgabe im Einsatz.
Die Hauptaufgabe des Medical Advisor ist die Beratung des Kontingentführers hinsichtlich medizinischer Fragen. Bei der UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon Maritime Task Force (MTFMaritime Task Force) bin ich somit das Bindeglied zwischen der Kontingentführung, den Schiffen der MTFMaritime Task Force und den Sanitätsdienststellen bei UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon, insbesondere dem Hospital und den dort tätigen Ärztinnen und Ärzten. Ich kümmere mich aber auch um Besatzungsmitglieder, die aus gesundheitlichen Gründen in einem örtlichen Krankenhaus aufgenommen werden müssen. Einer der Schwerpunkte ist auch die Coronapandemie im Libanon. Viele Fragen waren zu klären: Welche Verhaltensregeln gibt es im Kontingent? Wann werden die Angehörigen im Kontingent geimpft? Das gilt für die Besatzungen der Schiffe genauso wie für die deutschen und ausländischen Stabsangehörigen des MTFMaritime Task Force-Stabes.
Das macht meine Tätigkeit hier besonders.
Es ist für mich unheimlich zufriedenstellend, meinen Beruf als Arzt ausüben und dabei fremde Länder und Menschen kennenlernen zu dürfen. Vor allem aber die Zusammenarbeit mit den meist jüngeren Kameradinnen und Kameraden sowie im Besonderen das kollegiale Miteinander mit den anderen Nationen inspiriert mich jedes Mal aufs Neue. Hier im Hauptquartier von UNIFILUnited Nations Interim Force in Lebanon in Naqura sind es hochprofessionelle Ärztinnen und Ärzte aus Indien, Indonesien und Weißrussland. Gerade in den Zeiten der Coronapandemie sind die Zusammenarbeit und das gegenseitige Abstimmen extrem wichtig: Welche Nation wird wann geimpft? Können wir uns untereinander mit irgendwelchen Mitteln oder personell unterstützen? All das sind wichtige Themen im Kreis der hier tätigen Ärztinnen und Ärzte. Jeder Tag ist spannend und bringt neue Kenntnisse und Herausforderungen.
Das vermisse ich hier am meisten.
Wie alle hier in unserem Kontingent vermisse ich in erster Linie die Familie und Freunde. Aber auch unsere beiden Hunde und die Pferde, die wir zu Hause haben, fehlen mir. Ebenfalls fehlt mir meine Arbeit als Vorsitzender eines Reitvereines, was zu Hause einen wichtigen Teil meiner Freizeit einnimmt. Zum Glück gibt es Handys mit Kamerafunktion und ein mehr oder weniger zuverlässiges WLAN beziehungsweise Internet, sodass der Kontakt in die Heimat täglich gehalten werden kann. Das ist ein großer Vorteil verglichen mit meinen ersten Einsätzen in Kambodscha und Somalia, wo so etwas technisch noch unvorstellbar war.
Die hier im Kontingent gelebte Kameradschaft kann sicherlich einen Teil der fehlenden Familie und der Freunde kompensieren, aber eben nur einen Teil. Ich gehe immer positiv an meine Einsätze heran und sage zu mir selbst, es sind nur fünf Monate, die man von zu Hause weg ist – im Gegensatz zu den Kameradinnen und Kameraden aus anderen Nationen, die teilweise bis zu 17 Monate von ihrer Familie getrennt sind. Daran gemessen ist es nur eine kurze Zeitspanne, während der ich nicht bei meiner Familie bin. Abgesehen davon rast die Zeit hier förmlich, da jeder Tag neue Herausforderungen mit sich bringt.
Das sind meine Pläne, meine Wünsche und Grüße.
In einigen Monaten gehe ich in Pension. Im Ruhestand möchte ich gern mit meiner Frau auf Reisen gehen, wobei ich mir die Ziele dann aber selbst aussuchen kann und will!