Ich bin iM EINsatz: Als Panzerkommandant in Litauen
Ich bin iM EINsatz: Als Panzerkommandant in Litauen
- Datum:
- Ort:
- Rukla
- Lesedauer:
- 4 MIN
Auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren: In unterschiedlichen Einsatzgebieten leisten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr täglich ihren Dienst. Doch was tun sie vor Ort genau? Was ist ihre spezielle Aufgabe? Was bewegt sie, was treibt sie an? In der Serie „Ich bin iM EINsatz“ stellen wir einige von ihnen ganz persönlich vor.
Ich bin David S., 28 Jahre alt und Panzerfeldwebel in der 3. Kompanie des Panzerbataillons 393 in Thüringen. Aktuell bin ich dort stellvertretender Zugführer. Meine Zeit bei der Bundeswehr begann im Jahr 2011 in Munster. Damals bin ich als Panzerschütze in die Panzertruppenschule der Bundeswehr eingetreten. Heute befindet sich in Munster das Ausbildungszentrum für Panzer- und Heeresaufklärungstruppen.
Die anerkannte Mission bei Enhanced Forward Presence in Litauen ist für mich persönlich eine Premiere. Sie ist mein erster Einsatz, für den ich Deutschland verlassen habe. Zuvor habe ich zweimal an der Operation Reserve Force für die NATONorth Atlantic Treaty Organization-Sicherheitstruppe Kosovo Force (KFORKosovo Force) teilgenommen. Das bedeutet, dass ich in Deutschland auf Abruf verfügbar war – bei Spannungen und Krisen im Kosovo wären meine Kameraden und ich sofort einsatzbereit gewesen.
Das ist meine Aufgabe im Einsatz.
Als Panzerkommandant befehlige ich den Kampfpanzer Leopard 2 : das Hauptwaffensystem der Panzertruppe. Damit trage ich die Verantwortung für unsere vierköpfige Besatzung. Diese setzt sich aus dem Kraftfahrer, dem Richt- sowie Ladeschützen zusammen, und mir, dem Kommandanten. Die Arbeit auf einem Panzer geht Hand in Hand: Der Richtschütze richtet ‑ wie der Name bereits vermuten lässt ‑ das Geschütz aus und der Ladeschütze sorgt dafür, dass das Fahrzeug gefechtsfähig ist und die Bordwaffen reibungslos funktionieren.
Das ist Teamwork auf engstem Raum. Ein Leopard 2 ist 3,80 Meter breit und 2,60 Meter hoch – bei einer Gefechtsmasse von knapp 64 Tonnen. Ein vollständiger Panzerzug besteht aus vier Kampfpanzern: Je zwei Kampfpanzer fahren in zwei sogenannten Panzerhalbzügen. Diese werden durch den Zug- beziehungsweise Halbzugführer geführt. Ich selbst führe einen Panzerhalbzug, arbeite dem Zugführer zu und vertrete ihn, wann immer es notwendig ist.
Das Auftragsspektrum in Litauen ist sehr abwechslungsreich. Vom klassischen Gefechtsdienst, dem Panzerschießen im Verbund, bis hin zur statischen und dynamischen Waffenschau ist alles vertreten. Ebenso ist eine infanteristische Ergänzungsausbildung für uns unabdingbar. Wir hatten hierbei die Möglichkeit, gemeinsam viele Erfahrungen zu sammeln, die uns als kleine Kampfgemeinschaft bestärkt und verbessert haben.
Aber auch abgesessen konnten wir unsere Fähigkeiten verbessern. Zum einen in der Durchschlageübung Autumn Storm. Bei einer solchen Übung muss man sich im wahrsten Sinne des Wortes „durchschlagen“: durch das Gelände, durch Matsch und Wasserhindernisse. Eine spezielle Winterkampfausbildung Cold Weather Exercise hat unsere Kenntnisse über die besonderen Fertigkeiten des Kampfes im Winter vertieft.
Das macht meine Tätigkeit hier besonders.
Das Besondere an dieser Tätigkeit ist die kleine Kampfgemeinschaft in Zusammenarbeit mit ihrem Kampfpanzer. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, können wir das Gefecht gewinnen. Als Kommandant muss ich alle Einzelleistungen ‑ und vor allen Dingen die verschiedenen Charaktere ‑ unter einen Hut bringen. Dabei ist jedes Besatzungsmitglied auf dem Kampfpanzer wichtig und muss Höchstleistungen vollbringen, wenn der Kampfpanzer Bestleistung liefern soll. Im Team arbeiten, sich blind aufeinander verlassen und das System perfekt beherrschen: All das zeichnet eine erfolgreiche Besatzung und ihren Kommandanten aus. Alleingänge gibt es bei uns nicht. Erfolg oder Misserfolg sind immer ein Ergebnis der Kampfgemeinschaft.
Sei es beim amerikanischen Panzerschießen, bei dem wir uns die USUnited States-Auszeichnung, die Army Achievement Medal, verdient haben, oder der sehr gute vierte Platz beim Vergleichsschießen „Iron Spear“ in Lettland: Gemeinsam herausfordernde Aufgaben zu meistern, zeichnet uns als Panzerbesatzung aus – und die errungenen Erfolge machen uns stolz.
Das vermisse ich hier am meisten.
Am meisten vermisse ich meine Freunde und die Familie – insbesondere mein Patenkind. Ein gemütlicher, geselliger Samstagabend im Freundeskreis fehlt mir hier in Litauen doch sehr. Aber auch alle meine anderen Kameraden vermisse ich. In Summe sind es all die Menschen, die ich hier nicht um mich haben kann, die mir am meisten fehlen – nicht die materiellen Dinge.
Das sind meine Pläne, meine Wünsche und Grüße.
Zunächst ziehe ich diesen Einsatz bis zum Schluss professionell durch. Zurück in Deutschland geht es dann vom Flughafen direkt an den Standort. Dort müssen die Container aus Litauen wieder ausgepackt, die Panzer entladen und das Material am Standort eingelagert werden. Wichtige Maßnahmen, damit alles für die kommenden Übungen wieder zur Verfügung steht. Erst wenn all das abgeschlossen ist, geht es in den wohlverdienten Urlaub.
Ich danke meiner Familie, meinen Freunden und Kameraden aus allen Bereichen für die Unterstützung vor und während meines Einsatzes. Ohne sie wäre es mir nicht möglich gewesen, diese Leistung über einen so langen Zeitraum abzurufen.
Ich wünsche allen Einsatzkräften und ihren Familien, im Ausland und Zuhause, allzeit viel Soldatenglück.