Ich bin iM EINsatz: Für die bessere Verständigung
Ich bin iM EINsatz: Für die bessere Verständigung
- Datum:
- Ort:
- Al-Asrak
- Lesedauer:
- 4 MIN
Auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren: In unterschiedlichen Einsatzgebieten leisten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr täglich ihren Dienst. Doch was tun sie genau vor Ort? Was ist ihre spezielle Aufgabe? Was bewegt sie, was treibt sie an? In der Serie „Ich bin iM EINsatz“ stellen wir einige von ihnen ganz persönlich vor.
Ich bin Oberleutnant Sherif B. und 52 Jahre alt. Geboren und aufgewachsen bin ich in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Hier lebte ich zusammen mit meiner Familie, schloss meinen schulischen Werdegang mit dem Abitur ab und studierte Betriebswirtschaft an der Universität in Kairo. Mit 22 Jahren wollte ich mich verändern und die Luft der Ferne schnuppern, um neue und internationale Erfahrungen zu sammeln. Die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen war mein erstes Ziel in Deutschland und es sollte wohl kommen, wie es kam, denn in und um Düsseldorf verbrachte ich von da an meine nächsten 18 Jahre. Anfangs als Berater im ITInformationstechnik-Bereich, später als Selbstständiger in der Logistikbranche mit Schwerpunkt Import und Export und letztendlich aufgrund eines Inserates der Bundeswehr als Übersetzer und Sprachmittler.
Seit dem Jahr 2014 bin ich im Bundessprachenamt mit dem Schwerpunkt Auslandseinsatz tätig. In die Einsatzgebiete reise ich als Oberleutnant . Mittlerweile blicke ich auf meinen sechsten Einsatz und eine sehr abwechslungsreiche Zeit zurück. Bereits 2016 durfte ich meine ersten Einsatzerfahrungen als Sprachmittler gewinnen – damals beim EUEuropäische Union-Marineeinsatz Sophia. Ein Jahr später folgte mein erster Einsatz bei der Mission Counter Daesh. Aufgrund meiner häufigen Rückkehr nach Jordanien besitze ich mittlerweile die silberne Einsatzmedaille. Heute lebe ich im hessischen Marburg, wo auch mein 20-jähriger Sohn soeben seinen Bachelor in Chemie absolviert hat und nunmehr den Master anstrebt.
Das ist meine Aufgabe im Einsatz.
Meine Aufgaben reichen vom Dolmetschen zwischen den Soldatinnen und Soldaten des Deutschen Einsatzkontingentes Counter Daesh/Capacity Building Iraq und den jordanischen Ortskräften bis hin zu schriftlichen Übersetzungen von Dokumenten. Oft muss ich bei Besprechungen jeglicher Art vom Deutschen ins Arabische übersetzen und natürlich auch vom Arabischen zurück ins Deutsche. Doch nicht nur gewöhnliche Besprechungen stehen hier im Vordergrund. Auch in fachlichen Beziehungen muss ich meinen Beitrag professionell erledigen – beispielsweise bei dienstlichen Angelegenheiten unserer Mediziner bei Kontakten zum örtlichen Krankenhaus in Amman. Oft gilt es aber auch, offizielle Schriftstücke und Dokumente seitens der jordanischen Behörden oder des Militärs in die deutsche Amtssprache des Kontingentes zu übersetzen. Gefragt sind meine Dienste auch bei möglichen Vertragsabschlüssen mit örtlichen Dienstleistern – zum Beispiel beim Anmieten eines Autokrans. All das macht meine Aufgabe hier so interessant, vielseitig und abwechslungsreich und lässt meine Einsatzzeit letztendlich sehr kurzweilig wirken.
Das macht meine Tätigkeit hier besonders.
Besonders ist, dass ich im gesamten Kontingent herumkomme und Kontakt zu nahezu jedem Angehörigen habe. Denn wer die Sprache nicht spricht, für den werden selbst einfachste Situationen mitunter zu einem unüberwindbaren Hindernis. In Deutschland ist ein „Ja“ gewöhnlich ein „Ja“ und demzufolge bedeutet ein „Nein“ ein klares „Nein“. Doch das ist nicht überall so. Auch hier in Jordanien kommt es oft dazu, dass man „Ja“ sagt, wenn man eigentlich „Nein“ meint: Die Bedeutung erschließt sich aus den kulturellen Regeln, die man kennen muss. Daher ist mein multinationaler Hintergrund aufgrund meines Aufwachsens in Ägypten oft eine Erleichterung für die internationale Zusammenarbeit hier in Jordanien.
Es ist mein persönlicher Beitrag, die Soldatinnen und Soldaten des Deutschen Einsatzkontingentes Counter Daesh/Capacity Building Iraq für das interkulturelle Handeln zu sensibilisieren und auf alltägliche Situationen praxisnah vorzubereiten.
Das vermisse ich hier am meisten.
Natürlich vermisse ich besonders meinen Sohn und mein gewohntes Umfeld in Deutschland. Da ich gerne reise und meine persönliche Liste mit Reisezielen sehr lang ist, vermisse ich auch all die Freizeitaktivitäten – sei es die Urlaubsvorbereitung oder das eigentliche Bereisen der Orte in der Ferne, die noch durch mich entdeckt werden wollen.
Aber selbst die kleinen und oft so selbstverständlichen Dinge fehlen mir hier. Sei es das Spazieren durch den Wald oder generell die vielfältige Natur Deutschlands. Einfach mal ins Grüne gehen und etwas Zeit in Ruhe dort verbringen. Besonders freue ich mich aber auch auf das gute Essen und Trinken in meiner Heimat – Schweinshaxe mit einem kühlen Bier.
Das sind meine Pläne, meine Wünsche und Grüße.
Nach meinem Einsatz werde ich voraussichtlich mit meinem Sohn erst einmal nach Kairo fliegen, um etwas Urlaub zu machen. Einige Familienmitglieder leben noch dort und auch ich besitze eine kleine Wohnung in der Hauptstadt Ägyptens, wo ich gerne meine Freizeit verbringe. Ansonsten bin ich bereits seit 2015 im Rahmen der damaligen Flüchtlingskrise ehrenamtlich als Übersetzer und teilweise als persönlicher Betreuer für syrische Familien tätig.
Des Weiteren wünsche ich mir, dass meine Kameradinnen und Kameraden sowie ich selbst den Einsatz gesund beenden werden. Abschließend grüße ich alle Menschen, die mich kennen, ganz besonders meinen Sohn, dem ich auf diesem Wege sagen möchte: „Ich bin sehr stolz auf dich.“ Wir sehen uns alle bald wieder!