Ich bin iM EINsatz: Luftumschlagfeldwebel in Al-Asrak
Ich bin iM EINsatz: Luftumschlagfeldwebel in Al-Asrak
- Datum:
- Ort:
- Al-Asrak
- Lesedauer:
- 4 MIN
Auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren: In unterschiedlichen Einsatzgebieten leisten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr täglich ihren Dienst. Doch was tun sie genau vor Ort? Was ist ihre spezielle Aufgabe? Was bewegt sie, was treibt sie an? In der Serie „Ich bin iM EINsatz“ stellen wir einige von ihnen ganz persönlich vor.
Mein Name ist Stefan B., ich bin 36 Jahre alt und wohne seit einiger Zeit in Bergisch-Gladbach, einer Kleinstadt in der Nähe von Köln. In Deutschland leiste ich meinen Dienst bei der Flugbereitschaft BMVgBundesministerium der Verteidigung in Köln-Wahn. Ich habe meine Bundeswehrzeit in der Laufbahn der Mannschaften im Jahr 2006 begonnen. Damals verpflichtete ich mich für vier Jahre als Soldat auf Zeit. 2010 verließ ich die Streitkräfte und absolvierte eine zivile Ausbildung zur Fachkraft für Hafenlogistik auf Rügen.
Nach meinem Abschluss bewarb ich mich 2013 erneut bei der Bundeswehr und wurde durch die erworbene Qualifikation im Logistikbereich direkt mit höherem Dienstgrad in die Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepee eingestellt. Da ich eine Logistikausbildung vorweisen konnte, wurde mir zudem die Ausbildung zum Luftumschlagfeldwebel angeboten. Seit 2020 leiste ich nun meinen Dienst in der Flugplatzstaffel der Flugbereitschaft BMVgBundesministerium der Verteidigung. Dies ist bereits mein siebter Einsatz und nach Beendigung der aktuellen Mission bei Counter Daesh in Jordanien werde ich auf insgesamt 640 Einsatztage zurückschauen.
Das ist meine Aufgabe im Einsatz.
Meine Aufgaben sind sehr umfangreich, vielfältig und abwechslungsreich. In meiner Verwendung als Luftumschlagfeldwebel bei Counter Daesh in Jordanien gibt es keinen typischen Tagesablauf. Grundvoraussetzung für meine Tätigkeit als Leiter des Luftumschlagzuges – auch LUZ’er genannt – ist auf jeden Fall die Fähigkeit zum Organisieren und Koordinieren. Ich bin für die Passagierlisten sowie die Passagierabfertigung verantwortlich. Außerdem überwache ich das Be- und Entladen der Luftfahrzeuge. Doch bevor Material verladen werden kann, muss ich die Vorbereitungen für den Lufttransport treffen. Nachdem mir das Versandgut durch den Teilbereich Annahme und Versand gemeldet worden ist, beginnt der Planungsprozess.
Materialannahme, Materialumschlag, Materialversand sowie Materiallagerung stehen bei mir auf der Tagesordnung. Steht zum Beispiel ein Rückflug nach Deutschland an, werden mir sämtliche Fracht sowie die Gepäckstücke der Mitreisenden übergeben. Diese müssen auf die HCU umgepackt, mit Gepäcknetzen gesichert und letztendlich verwogen werden. HCU steht für „Heavy Cargo Unit“ und meint eigens für den Lufttransport vorgesehene Paletten. Mittels der gewonnenen Gewichtsdaten erstelle ich dann die notwendigen Frachtpapiere. Am Tag des Lufttransportes werden diese Dokumente dem verantwortlichen Lademeister des Luftfahrzeuges übergeben.
Das macht meine Tätigkeit hier besonders.
Besonders für mich ist, dass wir es schaffen, unseren Auftrag trotz des geringen Personals im Bereich Luftumschlag vollumfänglich zu erfüllen. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass die Verbindungen zu anderen Bereichen hier im Einsatz aufgrund der kurzen Wege sowie der täglichen persönlichen Kontakte sehr gut sind. Das umfasst auch die direkten Verbindungen zu anderen Arbeitsebenen bis hin zur Kontingentführung – das macht vieles leichter, da manche Zwischenebenen entfallen.
Oftmals sind die Arbeitsabläufe im Inland deutlich komplizierter und komplexer. Allerdings hat man zu Hause mehr Personal zur Verfügung und die Arbeitszeiten sind dank Schichten optimal planbar. Doch genau diese Unterschiede machen die Herausforderung im Einsatz aus. Dabei wird der Teamgedanke großgeschrieben und wir unterstützen uns immer gegenseitig.
Eine ganz besondere Erfahrung durfte ich als Luftumschlagfeldwebel im vergangenen Jahr hier in Jordanien machen. Nach der politischen Entscheidung zum Abzug und zur Rückverlegung der Tornados nach Deutschland hieß es, sämtliches Material in Container zu verpacken und den anschließenden Lufttransport vorzubereiten. Das war eine große Herausforderung, die meinen fachlichen Erfahrungsschatz immens erweitert hat. Auch die multinationale Zusammenarbeit – ob mit Soldatinnen und Soldaten aus Amerika, Belgien oder den Niederlanden – erweitert jedes Mal meinen persönlichen Horizont.
Das vermisse ich hier am meisten.
Oftmals lassen die langen Arbeitszeiten sowie die abwechslungsreichen Arbeitsumfelder gar nicht viel Zeit, um Dinge wirklich zu vermissen. Doch wenn es die Zeit zuließe, würde ich mir Momente erhoffen, an denen es einfach einmal regnet und die Tage etwas kühler wären. Ich vermisse lediglich die Möglichkeit, mich ausgewogen ernähren zu können, denn ich habe mich vor einiger Zeit für einen veganen Lebensstil entschieden. Im Einsatz ist es im Vergleich zu Deutschland oft deutlich schwieriger, eine geeignete Auswahl an Lebensmitteln zu erhalten.
Mir fehlen auch die Tage und Abende mit meinen Freunden und meiner Familie. Ja, einfach mal ausgelassen zusammensitzen und über Gott und die Welt reden.
Das sind meine Pläne, meine Wünsche und Grüße.
In meinen letzten Wochen hier bei Counter Daesh in Jordanien liegt mein Schwerpunkt auf einem besonderen Projekt: Auf der Agenda steht eine große Materialrückführung nach Deutschland mit der Antonow AN-124, einem der größten Transportflugzeuge der Welt. Hierbei werden auch Fahrzeuge zurückverlegt. Danach heißt es auch schon, die Übergabe an meine Nachfolgerin vorzubereiten.