Ich bin iM EINsatz: Austauschpilot an Bord des Einsatzgruppenversorgers „Bonn“
Ich bin iM EINsatz: Austauschpilot an Bord des Einsatzgruppenversorgers „Bonn“
- Datum:
- Ort:
- in See
- Lesedauer:
- 4 MIN
Auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren: In unterschiedlichen Einsatzgebieten leisten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr täglich ihren Dienst. Doch was tun sie genau vor Ort? Was ist ihre spezielle Aufgabe? Was bewegt sie, was treibt sie an? In der Serie „Ich bin iM EINsatz“ stellen wir einige von ihnen ganz persönlich vor.
Ich bin 1° Tenente (Kapitänleutnant) Marcos D., 34 Jahre alt und Hubschrauberpilot der Portugiesischen Marine. Seit August 2019 verrichte ich meinen Dienst in Deutschland und durfte im Zuge dessen an einer Umschulung auf das Waffensystem Sea Lynx Mk88A teilnehmen. Nach meiner Ausbildung kam ich in die 3. Bordhubschrauberstaffel des Marinefliegergeschwaders 5 in Nordholz. Seit Oktober bin ich Teil der Bordeinsatzgruppe an Bord des Einsatzgruppenversorgers (EGVEinsatzgruppenversorger) „Bonn“.
Das Austauschprogramm hat mir bereits viele neue Erfahrungen ermöglicht, doch die Zeit hier an Bord ist wohl die aufregendste. Zum einen bin ich das erste Mal Teil einer EUNAVFOREuropean Union Naval Force-Operation und zum anderen darf ich an einem Einsatz teilnehmen. Doch das Schönste daran ist, dass ich das mit besonders hilfsbereiten Menschen, die mir immer ein „zu-Hause-Gefühl“ geben, erleben darf.
Das ist meine Aufgabe im Einsatz.
Auf dem EGVEinsatzgruppenversorger „Bonn“ übernehme ich die Funktionen des 3. Hubschrauberführeroffiziers. Ich unterstütze bei der Planung des Flugbetriebes an Bord, bei der Erstellung von Fernschreiben und natürlich als Pilot bei der Durchführung der Auftrags- und Trainingsflüge. Seit meiner Einschiffung war ich in verschiedensten Flugprofilen involviert. Um einen Beitrag zur Umsetzung des Waffenembargos gegen Libyen zu leisten, führten wir bisher zum Beispiel Friendly Approaches auf Handelsschiffe durch. Die Herausforderung dabei ist, das Bordeinsatzteam via Fastroping sicher an Bord abzusetzen und die Rückführung via Windenverfahren zu gewährleisten. Darüber hinaus wurden wir bei maritimen Überwachungsflügen eingesetzt und übten Hubschraubernotlagen, Außenlast-, Winsch- und M3M-Flüge, letzteres beinhaltet Schießübungen aus dem Hubschrauber.
Alles in allem ist dies viel mehr, als ich als junger Pilot von meiner ersten Einschiffung erwartet habe – und diese Tatsache erfüllt mich als Militärpilot mit Stolz. Besonders herausfordernd ist meine Aufgabe, wenn ich bedenke, dass ich auf einem fremden Schiff mit fremden Leuten sowie einer fremden Kultur und Sprache bin. Trotz allem bekomme ich das hin und alle geben mir das Gefühl, dazuzugehören.
Das macht meine Tätigkeit hier besonders.
Jeder Tag an Bord scheint gleich zu sein, aber die Realität sieht ganz anders aus. Ich bin Teil einer Hubschrauberbesatzung an Bord, dies bedeutet immer, dass ich auch das Unerwartete erwarten muss, der Status Quo ist Veränderung.
Fast täglich neue Handelsschiffe, auf denen wir Friendly Approaches durchführen sollen, bringen das fliegende Personal planerisch an seine Grenzen, manchmal auch aufgrund plötzlich erforderlicher Instandsetzungsarbeiten der Hubschrauber oder plötzlicher Wetterumschwünge. Außerdem ist die Flight Crew für sogenannte MedEvacs, also den Abtransport von Verletzten, die nicht weiter an Bord des EGVEinsatzgruppenversorger behandelt werden können, verantwortlich – Unfälle können schließlich jederzeit passieren.
Trotz all dieser Änderungen und operativen Notwendigkeiten fühlen sich alle verpflichtet, in ihrem Aufgabenbereich stets ihr Bestes zu geben und darüber hinaus Zeit zu finden, die Kameradinnen und Kameraden zu unterstützen. Das ist wirklich etwas sehr Besonderes hier an Bord. Wenn einer mal einen schlechten Tag hat, ist immer jemand zur Stelle, der hilft, die Motivation aufrechtzuerhalten. Es ist schwer das in ein Wort zu fassen, wenn ich es müsste, wäre es ‚Familie‘. Ich bin sehr stolz, ein Teil davon sein zu dürfen. Die gemeinsamen Momente hier werde ich wohl niemals vergessen.
Das vermisse ich hier am meisten.
Ich war während meines maritimen Werdegangs, besonders seit August 2019, als ich nach Deutschland kam, schon öfter von meiner richtigen Familie getrennt. Der Umgang mit der Distanz ist für mich daher nicht so schwer, nichtsdestotrotz bin ich weiter auf die Unterstützung meiner Lieben angewiesen, um hier mein Bestes geben zu können. Leider schaffe ich es nur für kurze Erholungsphasen, zum Beispiel an Weihnachten, in meine Heimat Portugal zu reisen. Am meisten vermisse ich es, ins Kino oder an den Strand gehen zu können und meinen Lieblingssport, das Tiefseefischen, auszuführen. Ich hatte schon immer eine große Leidenschaft für das Meer, sei es für das Tiefseefischen oder zum Schwimmen und Tauchen. Hoffentlich habe ich Zeit für all das, wenn ich dieses Jahr Weihnachten wieder in der Heimat bin.
Das sind meine Pläne, meine Wünsche und Grüße.
Für die Zukunft hoffe ich, an mindestens einem weiteren Einsatz an Bord eines deutschen Schiffes teilnehmen zu können, da mein Austauschprogramm Mitte nächsten Jahres endet. Danach versuche ich, all das Gute umzusetzen, was ich in den fast drei Jahren in Deutschland gelernt habe.
Natürlich freue ich mich auch auf etwas Zeit mit meiner richtigen Familie sowie meinen Freunden und bin sehr froh, bald wieder mit ihnen vereint zu sein. Ich wünsche meinen Kameradinnen und Kameraden, die ich hier getroffen habe, alles Gute – ich fühle mich hier wirklich wie zu Hause. Zu dieser kleinen Familie, der ich mit Stolz angehöre, sage ich: „O meu muito obrigado e muitas felicidades!“(Vielen Dank und die besten Wünsche)
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