Zwei Tage unterwegs mit dem S3-Feldwebel im Irak
Zwei Tage unterwegs mit dem S3-Feldwebel im Irak
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Hauptfeldwebel Robin R. ist bei Capacity Building Iraq eingesetzt. Als S3-Feldwebel ist er hier mit wichtigen Teilen der Operationsplanung und -führung betraut. An seinem 43. Tag im Einsatz lädt er uns ein, ihn zwei Tage lang im Einsatz zu begleiten.
Draußen dämmert es langsam, als ich Hauptfeldwebel Robin R. zum Kaffee auf dem „Marktplatz“ treffe. Bevor es gleich losgeht, haben wir noch ein wenig Zeit und so erklärt Robin R. mir zunächst, wie sich sein Aufgabenprofil im Einsatz darstellt: Eingesetzt ist er im Bereich S3. Diese Stabsabteilung befasst sich im Schwerpunkt mit der Planung und Durchführung der Operationen eigener Kräfte, in diesem Einsatz also mit allen Operationen des deutschen Einsatzkontingentes Capacity Building Iraq. Hinzu kommen kontingentinterne Aus- und Weiterbildungen sowie die Planung und Koordinierung der Sicherungskräfte des Camps im Falle eines Angriffs. „Aber die kommenden zwei Tage werden ruhig“, verspricht er mir lachend.
Tagesdienst im S3-Business
Der Weg ins Tactical Operations Center (TOCTactical operation cell) ist nicht weit. Von hier aus werden alle Operationen außerhalb des Camps koordiniert und mitverfolgt. Eine Erreichbarkeit des Kontingentes ist hier für den Notfall 24/7 sichergestellt und ein Kamerad der Nachtschicht begrüßt uns.
Robin R. geht direkt zu seinem Arbeitsplatz. Bevor er mit dem eigentlichen Tagesgeschäft beginnt, sind noch einige Kleinigkeiten vom Vortag abzuschließen. Er öffnet ein Dokument mit dem Namen „ISOP-REP“. Der Isolated Personel Report wird ausgefüllt, um im Falle einer Notlage im Einsatz – einer isolierten Situation, wenn man von der Truppe getrennt wird - die Rückholung der Soldatinnen und Soldaten auch durch internationale Partner zu erleichtern. Er beinhaltet also Informationen zur eindeutigen Identifizierung und gewährleistet eine koordinierte und schnelle Rückholung. Mit nur wenigen Klicks schließt er den Bearbeitungsvorgang ab und lächelt zufrieden. Nun ist es Zeit für die Morgenlage.
Der Abteilungsleiter lässt seine Soldatinnen und Soldaten draußen vor dem Gebäude sammeln. Er gibt die wichtigsten Punkte weiter, die von der Kontingentführung und den anderen Abteilungen in der morgendlichen Besprechung angesprochen wurden. Zudem stellt jeder noch einmal kurz seinen Plan für den Tag vor. Nun erfahre auch ich endlich, was für uns genau geplant ist: Robin R. wird den Kommandeur zu einem Termin begleiten. Als Marschführer ist er für den Weg dahin, die Koordinierung der verschiedenen Kräfte, den Anmarschweg und die Sicherheit des Marschbandes, also aller beteiligten Kräfte, verantwortlich.
„Abmarsch!“
Robin R. greift seine Ausrüstung und belädt sein Fahrzeug mit der notwendigen Zusatzausstattung. Bevor es nun wirklich losgeht, ruft er alle Soldatinnen und Soldaten, die am Marsch teilnehmen, noch einmal zusammen und gibt eine kurze Befehlsausgabe. Diese dauert kaum länger als fünf Minuten. Sie dient dazu, die wichtigsten Punkte noch einmal zu wiederholen und die neusten Erkenntnisse der Sicherheitslage weiterzugeben: Für uns gibt es keine Einschränkungen. Die große Befehlsausgabe hatte bereits am Vortag stattgefunden, sodass die Soldatinnen und Soldaten ihre Ausrüstung und ihr Gepäck in Ruhe vorbereiten konnten. Nun heißt es „Waffen klar zum Gefecht“ und los. Zusammen mit Robin R. und einem weiteren Kameraden steige ich ins erste Fahrzeug ein.
Kurdistan – ein beeindruckendes Land
Es ist 14 Uhr, als wir das multinationale Camp Erbil verlassen. Der Weg führt uns Richtung Osten. Hauptfeldwebel Robin R. erklärt mir, dass er die Strecke bereits kennt. Trotzdem nutzt er jede Möglichkeit, um den Zustand der Straße zu überprüfen. Mit jedem zurückgelegten Kilometer wird das Land trockener und staubiger. Hügel tauchen in der Ferne auf, die am Horizont schnell zu Bergen werden. Die Landschaft wirkt karg und fremd auf uns und ist gleichzeitig wunderschön. Der Marsch verläuft ruhig.
Nach etwa drei Stunden Fahrzeit erreichen wir unser Ziel. Nach einer kurzen Verbindungsaufnahme werden wir um drei Ecken zu einem Parkplatz geleitet und anschließend herzlich in Empfang genommen. In das Treffen selbst hat Hauptfeldwebel Robin R. wenig Einblicke, aber das ist auch nicht sein Auftrag. Auch während des Abends ist er für die Sicherheit der Kräfte vor Ort verantwortlich. Zugute kommt uns allerdings, dass die Gastfreundschaft im Irak sehr hoch gehalten wird und uns der Schutz seitens unserer Gastgeber zugesagt wurde. Und dennoch bemerke ich, wie Robin R. regelmäßig Verbindung mit unserem Camp hält.
Bereit für den Rückmarsch
Am nächsten Morgen brechen wir früh auf. Das Treffen war erfolgreich und die Nacht verlief ruhig. Noch in der Morgendämmerung beladen wir unsere Fahrzeuge und treten den Rückweg an. Nachdem wir mit unseren Fahrzeugen das multinationale Camp Erbil erreicht haben, werden zunächst die Handwaffen entladen und die Fahrzeuge nachbereitet. Im Detail bedeutet das, dass die mitgenommene Ausrüstung abgeladen und erneut überprüft wird: alles vollzählig. Erst danach kümmert sich Hauptfeldwebel Robin R. um seine persönliche Ausrüstung und sich selbst.
Keine drei Minuten vergehen, da klingelt auch schon sein Tetrapol: Die Arbeit ruft erneut. Sein Chef möchte auf Nummer sichergehen und wissen, ob er die Munitionsanforderung für das morgige Schießen abgeschickt hat, für das er als Leitender eingeteilt ist. „Schon geschehen“, meldet er seinem Vorgesetzten und ein kleines Grinsen huscht über sein Gesicht, als er meinen verblüfften Blick bemerkt. Ein ganz schön fordernder Job.
Durchatmen, nachbereiten und ein wenig Zeit für Sport
Etwa fünf Stunden später treffe ich Robin R. wieder. Nach einer kurzen Nachbesprechung der Fahrt waren wir beide zunächst auf unseren Stuben und dann in unseren jeweiligen Büros, um dem eigentlichen Tagesdienst nachzugehen. In Robins Fall war das TOCTactical operation cell-Dienst: die Überwachung zweier Märsche im Stadtgebiet und die Bearbeitung einiger Anforderungen und E-Mails. „Und danach habe ich mir erst einmal eine Runde Sport gegönnt.“ Mehr als verständlich nach diesen zwei Tagen. Es war spannend, abwechslungsreich und beeindruckend, vor allem aber interessant und aufschlussreich. Selten zuvor war es mir möglich, so viele Einblicke in die Planung und den Ablauf unserer eigenen Operationsführung zu erhaschen und ich durfte verstehen, wie gut unsere ständige Kommunikation auch mit den Kräften außerhalb des Camps funktioniert.