Das Einsatztagebuch in Auslandseinsätzen der Bundeswehr

Das Einsatztagebuch in Auslandseinsätzen der Bundeswehr

Datum:
Ort:
Rukla
Lesedauer:
3 MIN

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Das Einsatztagebuch als Langzeitgedächtnis: Bei jeder Rotation der Enhanced Forward Presence Battlegroup in Rukla ist es lediglich zwei Büros vom Kommandeur entfernt zu finden. Trifft dieser eine Entscheidung, wird jedes Detail, das bei der Entscheidungsfindung von Relevanz war, aufgezeichnet und für die Nachwelt im Einsatztagebuch festgehalten.

Ein Teil der Geschichte

Ein Soldat mit grünem Barett steht vor einem Panzer

Oberstleutnant Heiner B. hat das Einsatztagebuch der 8. Rotation in Litauen geführt

Bundeswehr/PAO EFP

Verantwortlich für das Einsatztagebuch der 8. Rotation ist Oberstleutnant Heiner B. Er ist Reservistendienstleistender in der Panzerbrigade 12 in Bayern und erzählt: „Mit 29 Jahren habe ich die Ausbildung zum Offizier der Reserve begonnen. Das ist spät, doch verbindet mich unsere Familiengeschichte sehr eng mit dem Militärdienst.“ Sein Vater und dessen Bruder kämpften im Zweiten Weltkrieg, der Großvater kämpfte im Ersten Weltkrieg. „Alle überlebten ihre Einsätze und haben zu Hause davon berichtet. Daher stammt wohl mein Interesse an Zeitgeschichte und daran, was sie und ihre Kameraden erlebt und durchgestanden haben.“ Inzwischen hält Heiner B. als Verantwortlicher für das Einsatztagebuch die Geschichte fest, welche die deutsche Öffentlichkeit später über das Leben der deutschen Soldatinnen und Soldaten bei der anerkannten Mission EFP erfahren wird.

Schreiben für die Nachwelt

Ein Soldat steht vor den Nationalflaggen der EFP-Battlegroup

Oberstleutnant Heiner B. war bereits mit der 1. Rotation im Einsatz. An der Battlegroup in Litauen beteiligen sich 6 Nationen

Bundeswehr/PAO EFP

Das Einsatztagebuch ist eine historische Quelle, es hält die Geschehnisse sowie den täglichen Ablauf der Mission im Baltikum fest. In ihm werden alle verarbeiteten Informationen und Maßnahmen der Bataillonsführung vermerkt. Die Anordnungen und Befehle, die sich aus der Beurteilung der Lage ergeben, sind chronologisch und lückenlos aufgelistet, ebenso der Wetterbericht oder sonstige Vorkommnisse. Auf diese Weise stehen sie der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung und können zum Aufarbeiten der Geschehnisse im Einsatzkontingent genutzt werden. Wichtig ist, dass die Ereignisse auch ohne die Hilfe weiterer Quellen nachvollziehbar sind.
 
Die Dienstpostenbeschreibung für den Einsatztagebuchverantwortlichen sieht aufgrund der umfangreichen Aufgabenstellung einen Historiker als Idealbesetzung vor. „Ich habe Skandinavistik sowie Neuere und Neueste Geschichte im Nebenfach studiert. Das sowie meine Vergangenheit als Presseoffizier der 1. Rotation bei Enhanced Forward Presence geben mir das notwendige Rüstzeug, um diese Aufgabe zu übernehmen“, berichtet Oberstleutnant Heiner B.

Aufarbeiten und Lernen von Ereignissen

Ein belgischer Soldat steht vor dem Gedenkstein für die ums Leben gekommenen Soldaten der EFP-Battlegroup

Der Gedenkstein für Adrian Rohn und einen kroatischen Soldaten: Die Todesumstände sind im Einsatztagebuch nachvollziehbar

Bundeswehr/PAO EFP

Idealerweise nimmt der Einsatztagebuchführer an allen wichtigen Besprechungen im Hintergrund teil. Er oder sie fungiert gewissermaßen als Spinne im Netz, sammelt relevante Informationen und schreibt diese im Einsatztagebuch nieder. Was festgehalten wird, mag auf den ersten Blick banal erscheinen, betrachtet man es jedoch durch die Brille der Wissenschaft, so stellt das Festgehaltene eine wertvolle Ressource für Forschungsaufgaben dar. Sie kann bei komplizierten Situationen wie Unfällen entscheidend sein. Beispielsweise wurden auch der Unfalltod von Adrian Rohn am 6. Oktober 2018 und die darauffolgenden Maßnahmen sehr detailliert dokumentiert.

„Alle Einsatztagebücher, die im Rahmen der durch den Deutschen Bundestag mandatierten Einsatzkontingente der Bundeswehr im Ausland erstellt wurden, werden im Original an das Einsatzführungskommando der Bundeswehr übergeben“, erklärt Oberstleutnant Daniel H. Er ist in Schwielowsee für das Erstellen der Einsatztagebücher des Kommandos sowie die Übernahme der Kontingenttagebücher verantwortlich und ergänzt: „Einsatztagebücher sollen militärisches Handeln transparent und nachprüfbar machen. Ziel ist es, Lageentwicklung und Entscheidungsabläufe lückenlos zu dokumentieren. Im Einsatzführungskommando der Bundeswehr dienen die Einsatztagebücher im Rahmen der Einsatzauswertung dem Gewinnen von Erkenntnissen. Anschließend werden die Originale dem Bundesarchiv-Militärarchiv übergeben.“

Neue Herausforderungen in Rukla

Ein Soldat mit schwarzem Barett steht neben dem Eingangsschild des Training Regiments Barracks in Rukla

Oberleutnant Mark K. ist Einsatztagebuchführer der 9. Rotation der EFP-Battlegroup

Bundeswehr/PAO EFP

Der neue Einsatztagebuchführer der 9. Rotation der EFP-Battlegroup, Oberleutnant Mark K., muss sich unbekannten Herausforderungen stellen. Diese liegen in den Einschränkungen begründet, die durch die COVID-19Coronavirus Disease 2019-Pandemie verursacht werden. Bewegungen außerhalb der Kaserne in Rukla sind vor diesem Hintergrund fast unmöglich. Dies schließt auch die Begleitung des Kommandeurs bei Außenterminen ein.

„Insbesondere für mich als jungen Offizier wäre es spannend, alle relevanten Entscheidungsprozesse als Beobachter unmittelbar zu begleiten. Dies wäre für mich die Möglichkeit, erstmalig hautnah mitzuerleben, wie multinationales Handeln auf Bataillonsebene entsteht“, erklärt der aktuelle Einsatztagebuchführer. Dies ist jetzt leider nur im Ausnahmefall möglich.   

Trotzdem wird Oberleutnant Mark K. den Kommandeur der 9. Rotation, Oberstleutnant Sebastian Hebisch, bei seinem Wirken so weit wie möglich begleiten und mit ihm ein neues Kapitel im Einsatztagebuch der EFP-Battlegroup in Litauen aufschlagen – und die Geschichte dieser Mission weiterschreiben.


von Stefan  Gierke

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