Irini: Unopposed Boarding „Roseline A“
Irini: Unopposed Boarding „Roseline A“
- Datum:
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- in See
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Am 22.11.2020 hat die Fregatte Hamburg vom Hauptquartier der Operation aus Rom den Auftrag erhalten, auf den türkischen Containerfrachter „Roseline A“ ein unopposed boading durchzuführen, da das Schiff verdächtigt wurde, dass Waffenembargo nach Libyen zu verletzen.
Unopposed Boarding am 22.11. 2020
Dabei handelt es sich nach dem Unopposed Boarding auf der Royal Diamond 7, um das zweite Boarding dieser Art durch die Fregatte „Hamburg“ während ihres Einsatzes.
Das Unopposed Boarding stellt die unterste Stufe der Boardingarten dar. Sofern das Hailing Verdachtsmomente eines Verstoßes gegen das vom VN-Sicherheitsrat gegen Libyen verhängte Waffenembargo ergibt, kann die EUEuropäische Union-Operationsführung eines ihrer im Operationsgebiet stehenden Schiffe mit einem Boarding beauftragen. Hierfür müssen grundsätzlich sowohl das Einverständnis des zivilen Kapitäns, als auch die Zustimmung des Flaggenstaats vorliegen. Sofern kein Widerspruch innerhalb einer bestimmten Frist vorliegt, gilt gemäß der Resolution des UNUnited Nations-Sicherheitsrates 2292, dass eine Zustimmung des Flaggenstaates unterstellt werden kann, wenn ernstliche Bemühungen (good-faith-efforts) unternommen wurden, die Zustimmung des Flaggenstaates auch zu erreichen. Die Besatzung verhält sich kooperativ und Widerstand gegen das Boarding ist trotz der zu erwartenden Zwangsmaßnahmen eher unwahrscheinlich.
Im aktuellen Fall des Boardings der Roseline A wurde eine mehrstündige Zeitspanne nach der Anfrage des Flaggenstaates abgewartet und damit war nach geltendem Recht die Zustimmung gegeben (stillschweigende Zustimmung). Der Kapitän der Roseline A stimmte dem Boarding zu und steuerte sein Schiff so, dass der Hubschrauber über dem Container seine Position halten und das Boardingteam sicher absetzen konnte.
Der Eigenschutz des Boardingteams hat bei diesem Vorgehen stets oberste Priorität. Grundsätzlich erfolgt bei jedem Boarding daher eine, wenn auch robust erscheinende Durchsuchung aller anwesenden Personen nach Waffen mit entsprechenden Maßnahmen zum Schutz der eigenen Soldaten. Dieses Standardverfahren erfolgt bei allen Boardings auf sämtlichen Schiffen. Anschließend wird der Besatzung zur Sicherheit des Teams ein gemeinsamer Aufenthaltsort zugewiesen. Danach wird das Schiff unter Eigensicherung durch das Boardingteam in Kooperation mit der Besatzung intensiv durchsucht. Die Besatzungsmitglieder werden fotografiert und identifiziert. Ergänzend werden sämtliche Papiere und Dokumente gesichtet und ausgewertet.
Abschluss des Boardings „Roseline A“
In Abhängigkeit von den Ergebnissen des Boardings können bei Erhärtung eines Verdachts des Verstoßes gegen geltendes Recht bzw. das VN-Embargo weitere Maßnahmen erforderlich werden. Dies könnte beispielsweise das Umleiten in einen festzulegenden EUEuropäische Union-Hafen sein, um eine weitere Untersuchung des Schiffes und seiner Fracht vorzunehmen. Man spricht von Diversion.
Im Fall des unopposed boardings der Roseline A entwickelte sich der Tag anders als es zunächst erwartet. Von Seiten der Türkei wurde während des laufenden Boardings nachträglich erklärt, dass der Maßnahme nicht zugestimmt wird. Das Boardingteam hat daraufhin auf Weisung der Operationsführung die Inspektion sofort eingestellt, verblieb aber in Absprache mit dem Kapitän aufgrund des schlechten Wetters bis zum Sonnenaufgang noch an Bord. Am Morgen des 23.11.2020 kehrte das Boardingteam zurück auf die Fregatte Hamburg. Bis zum Zeitpunkt des Abbruchs wurde nichts gefunden, was den Anfangsverdacht eines Verstoßes gegen das VN-Waffenembargo stützen würden.
Abschließend lässt sich festhalten, dass jedes Boarding seine ganz eigenen Besonderheiten hat. Videoaufnahmen von Bord der Roseline A belegen, dass gerade zu Beginn bei der Herstellung der eigenen Sicherheit, während der Kontrolle der Besatzung nach versteckten Waffen, schnell auch kritische, energische Situationen entstehen können. Aber vertrauend in ihre Ausbildung haben die Soldaten des Boardingteams der Fregatte Hamburg zu jeder Zeit rechtmäßig und angemessen gehandelt, gem. den Einsatzregeln zur Durchsetzung des VN-Waffenembargos haben sie die Situation beruhigt. Auch die Besatzung der „Roseline A“ war während der Inspektion grundsätzlich kooperativ und die Atmosphäre an Bord war grundsätzlich positiv.