EFP: Einsatz im kalten Litauen

EFP: Einsatz im kalten Litauen

Datum:
Ort:
Rukla
Lesedauer:
5 MIN

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Grundsätzlich ist jede Mission eine Herausforderung. Aber wenn es eine Mission der Bundeswehr gibt, die von den Soldatinnen und Soldaten sprichwörtlich in eine „gute“ und eine „weniger gute“ Zeit unterteilt wird, so ist das jene in Litauen. Bei Enhanced Forward Presence liegt die „gute“ Zeit in der ersten Hälfte des Jahres, in der die Nächte kürzer und die Tage länger werden. In der zweiten Hälfte ist es genau umgekehrt. In der weniger beliebten Zeit wird es dabei vor allem eines: immer kälter.

Ein Panzer steht mit Nadelgehölzen getarnt im Schnee am Waldrand

Perfekt an die Bedingungen angepasst: ein Panzer vom Typ Leopard im litauischen Winter

Bundeswehr/PAO EFP

Es ist Januar in Litauen, der Winter war bisher eher mild, aber seit Tagen gehen die Temperaturen rapide in den Keller. Doch auch bei Schnee und Eis müssen die Soldatinnen und Soldaten der multinationalen Battlegroup in Litauen ihren Dienst verrichten. Wie wirkt sich extreme Kälte auf die Truppe aus? Auf Personal, Material und die Operationsführung? Oberfeldarzt Victoria L. ist als Leitender Sanitätsoffizier der EFP-Battlegroup in Litauen im Einsatz. Sie erklärt, wie sich die Soldatinnen und Soldaten vor extrem kalten Temperaturen schützen können – und wo die Gefahren lauern.
„Grundsätzlich ist bei extremer Kälte alles etwas anstrengender als bei normalen Temperaturen. Um auf Betriebstemperatur zu kommen, verbraucht der Körper im Grundbetrieb schon mehr als in einer wärmeren Umgebung“, so die Ärztin, die bereits in mehreren Einsatzgebieten der Bundeswehr Erfahrungen sammeln konnte. Besonders tückisch sei dabei, dass sich bei Anstrengung nicht das sonst bekannte Durstgefühl einstellt. „Aus diesem Grund ist es schwierig, uns selbst einzuschätzen und zu erkennen, wann wir dehydrieren“, erklärt Victoria L. Genug zu trinken sei daher besonders wichtig. Sonstige Gefahren sind mögliche Schäden an der Lunge bei hoher körperlicher Belastung und sehr tiefen Temperaturen, Austrocknen und Reißen der Haut, Erfrierungen an Händen und Füßen. Gegen Letzteres kann die richtige Kleidung helfen.

Das in der Bundeswehr angewandte Kleidungssystem, mit dem man sich mit mehreren Schichten vor der Kälte schützt, sei dabei ideal: „Das sogenannte Layering ermöglicht, dass bei körperlicher Anstrengung die Feuchtigkeit von den unteren Kleidungsschichten nach außen abgeleitet werden kann.“ Die Funktionalität der heutigen Ausrüstung der Bundeswehr sei diesbezüglich gut geeignet, findet die Oberfeldärztin, und weist auf erreichte Fortschritte hin: „Da hat sich die Bundeswehr in den letzten Jahren mit ihrem Bekleidungskonzept deutlich verbessert.“

Extreme Kälte – Führungsaufgabe in jeder Hinsicht

Ein Soldat mit Mütze und Maske schaut aus dem Panzer

Hauptfeldwebel Thomas S. schaut dick vermummt aus seinem Panzer und macht sich ein Bild der Lage

Bundeswehr/PAO EFP

Die medizinische Theorie ist das eine, wie es aber wirklich ist, wenn man in der baltischen Kälte im Einsatz ist, erzählt Zugführer Hauptfeldwebel Thomas S. Er ist ein erfahrener Hauptfeldwebel und führt in Litauen einen Panzerzug mit vier Kampfpanzern vom Typ Leopard 2 A6. In Litauen zu sein bedeutet für ihn, „dass die klimatischen Bedingungen gerade im Winter viel härter sind. Daran sind wir eigentlich nicht so gewöhnt. Anders als zum Beispiel die Norweger“, fügt er lachend hinzu. Kälte stellt für Thomas S. eine vielschichtige Herausforderung dar, sowohl als taktischer als auch als militärischer Führer. Er muss auf seine Männer und Frauen noch mehr achtgeben als sonst, alle Vorgänge dauern etwas länger.

Thomas S. muss dafür sorgen, dass das Wasser nicht einfriert und alle genug zu trinken haben. Der Hauptfeldwebel trägt außerdem Sorge dafür, dass es Wärmequellen gibt, an denen die Soldatinnen und Soldaten sich aufwärmen sowie feuchte Kleidung und Ausrüstung trocknen können. „Feuchtigkeit kann ganz schnell zum Problem werden“, bestätigt der Zugführer der Panzergrenadiere, Hauptfeldwebel Axel P. Seine Soldatinnen und Soldaten sind den Auswirkungen des Wetters noch unmittelbarer ausgesetzt als ihre Kameradinnen und Kameraden in den Kampfpanzern, da sie auch zu Fuß unterwegs sind. Im Feld ist Feuchtigkeit ein großes Problem, weil man diese bei Kälte schwer wieder loswird. Was einmal nass ist, bleibt es auch und kann im schlimmsten Fall zu Erfrierungen, Nässe- oder Kältebrand führen.

Schwierige Verhältnisse für Mensch und Material

Mehrere Schützenpanzer stehen in einer Reihe, zwei Soldaten stehen auf der Motorklappe eines Panzers

Die Soldatinnen und Soldaten der EFP-Battlegroup in Litauen müssen sich gerade im Winter großen Herausforderungen stellen

Bundeswehr/PAO EFP

Die eisige Kälte stellt auch eine hohe Belastung für das Material dar. Im Fall der EFP-Battlegroup gilt dies vor allem für die Panzer sowie die weiteren Fahrzeuge. Gerade die Motoren leiden unter der Kälte, ein Kaltstart bei arktischen Temperaturen ist Höchstbelastung für das Material. Der Standlauf, der einen gewissen Schutz der Betriebsstoffe wie Wasser, Öle und Diesel vor der Kälte gewährleisten soll, ist leider auch nicht viel schonender. Hinzu kommt die deutlich herabgesetzte Leistungsfähigkeit von Batterien – egal ob in Taschenlampen, Funk-, Heiz- oder Nachtsichtgeräten. Für Hauptfeldwebel Axel P. wiegt aber eines noch schwerer: „Solange alles funktioniert, können wir mit der Kälte ganz gut umgehen. Wenn jedoch etwas kaputtgeht, wird’s schwierig. Gerade filigrane Reparaturen werden in dieser Kälte deutlich erschwert.“

Schnee macht sichtbar – Wärme auch

Auf einer verschneiten Landschaft steht ein schießender Panzer, im Hintergrund viele Bäume, mehrere Spuren verlaufen im Schnee

Spuren im Schnee: Aus der Luft sind eigene Kräfte bei Frost und Schnee leichter aufklärbar

Bundeswehr/PAO EFP

Grundsätzlich kann man die Auswirkungen der Kälte aber ein wenig kompensieren. Die richtige Kleidung anziehen, möglichst schonend mit dem Material umgehen, ein Feuer entfachen, um nasse Kleidung zu trocknen und um sich aufzuwärmen. Aber Feuer machen, geht das wirklich immer? „Nein“, erklärt Hauptfeldwebel S., „ein Feuer birgt immer die Gefahr, dass man durch Schein und Rauch weithin sichtbar wird.“ Die Soldatinnen und Soldaten laufen dadurch Gefahr, aufgeklärt und vom Gegner bekämpft zu werden.
Dem stimmt auch Hauptmann D. zu. Er ist bei der EFP-Battlegroup für das militärische Nachrichtenwesen zuständig und einer der Berater des Kommandeurs. Zu seinem Aufgabengebiet gehört auch zu erkennen, welche Auswirkungen das Wetter auf die eigene Operationsführung hat. Hauptmann D. weiß daher, dass Schnee für die Soldatinnen und Soldaten nicht immer eine „weiße Pracht“ ist. „Schnee kann uns das Leben schwermachen, weil so vor allem aus der Luft klar zu erkennen ist, wo wir mit unseren Panzern unterwegs sind oder waren. Und das geschulte Auge erkennt auch, wie viele es waren“, sagt der Offizier. Für den Gegner sind das wertvolle Informationen.
Insgesamt sind Eis und Schnee für unsere Soldatinnen und Soldaten im Baltikum also eine Herausforderung, aber kein Hindernis. Gute Ausbildung und Ausrüstung helfen bei der Auftragserfüllung, allerdings kann die Kälte auf Dauer etwas aufs Gemüt schlagen. Oder wie es die beiden Zugführer lachend ausdrücken: „Die Motivation und Durchhaltefähigkeit sinkt mit der Viskosität des Motoröls.“

von Benedikt Hoff

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