Profis am Werk – Die Instandsetzung bei EFP

Profis am Werk – Die Instandsetzung bei EFP

Datum:
Ort:
Rukla
Lesedauer:
4 MIN

Der Begriff Einsatzbereitschaft definiert sich anhand zweier wesentlicher Komponenten – der personellen und der materiellen Einsatzbereitschaft. Beide stehen in Abhängigkeit voneinander, denn: Auch die am besten ausgebildete Panzerbesatzung kann im hochintensiven Gefecht nicht erfolgreich sein, wenn das Material streikt. Um dies zu verhindern, arbeiten viele Spezialistinnen und Spezialisten im Hintergrund auf Hochtouren. So auch aktuell bei der NATO-Mission Enhanced Forward Presence in Litauen.

Der Bundeswehr-TÜV in Litauen

Ein Bundeswehrfahrzeug steht auf einer Hebebühne und wird durch einen Materialprüfer auf mögliche Beschädigungen kontrolliert

Während der technischen Materialprüfung werden die Fahrzeuge durch Fachpersonal auf Herz und Nieren geprüft

Bundeswehr/Andy Meier

Zu Beginn des Jahres wagen viele Autofahrerinnen und Autofahrer einen Blick auf die TÜV-Plakette ihres Autokennzeichens: Bin ich dieses Jahr wieder dran? Denn die zulassungspflichtigen Kraftfahrzeuge und Anhänger in Deutschland müssen sich in regelmäßigen Abständen einer Hauptuntersuchung bei einer der staatlich anerkannten Prüforganisationen wie TÜV oder DEKRA unterziehen. Das militärische Pendant ist die technische Materialprüfung (TMPTechnische Materialprüfung). Die TMPTechnische Materialprüfung wird sowohl in Deutschland als auch im Auslandseinsatz durchgeführt.

Bei der zivilen Untersuchung müssen Neuwagen – sofern es sich um Personenkraftwagen bis 3,5 Tonnen zulässige Gesamtmasse handelt – nach drei Jahren zur Haupt- und Abgasuntersuchung, danach wechselt das Prüfintervall in den Zweijahresrhythmus. Die Hauptuntersuchung stellt die Verkehrssicherheit, Vorschriftsmäßigkeit und Umweltverträglichkeit der Fahrzeuge sicher. Auch bei den Streitkräften stehen diese Aspekte im Fokus, jedoch unterscheiden sich die Fahrzeuge der Bundeswehr in Bauart und Anforderungsprofil deutlich von zivilen Fahrzeugen. So ist beispielswiese die Prüfung von montierten Waffensystemen sowie der Funkausstattung mit ihren speziellen Anforderungen fester und wiederkehrender Bestandteil der technischen Materialprüfung.

Die Bundeswehr verfügt über eigene Spezialistinnen und Spezialisten, die das gesamte Anforderungsportfolio zur Prüfung von Gefechtsfahrzeugen abdecken. Die Materialprüftrupps garantieren, dass das bundeswehreigene Material stets verkehrs- und handhabungssicher bleibt. Ihnen kommt dabei eine hohe Verantwortung zu, denn sie gewährleisten durch die gewissenhafte und umfangreiche Prüfung die technische Verkehrssicherheit nicht nur im alltäglichen Dienst- und Übungsbetrieb, sondern auch für den Ernstfall, wenn die Fahrzeuge im hochintensiven Gefecht an ihre Leistungsgrenzen gehen müssen.

Die Koordinatorin im Hintergrund

Eine Soldatin steht vor einem Bundeswehrfahrzeug vom Typ Eagle

Frau Hauptmann Hannah K. überwacht im Auftrag des Kommandeurs die materielle Einsatzbereitschaft der EFP-Battlegroup

Bundeswehr/Pascal Warner

Auch bei der NATO-Mission Enhanced Forward Presence in Litauen steht nun wieder planmäßig für einen Großteil der Gefechtsfahrzeuge die TMPTechnische Materialprüfung auf dem Programm. Aktuell wird die EFP-Battlegroup durch das Panzerbataillon 414 als Leitverband geführt. Frau Hauptmann Hannah K. ist in ihrer Funktion als Technischer Offizier seit Juni 2019 dafür verantwortlich, die materielle Einsatzbereitschaft des in Lohheide stationierten Kampfverbandes sicherzustellen. Nun befindet sich die 28-Jährige mit ihrem Bataillon in Litauen, wo sie ebenfalls die Hauptverantwortliche für die Durchführung der TMPTechnische Materialprüfung ist. Mithilfe der Schirrmeister kümmert sie sich um einen reibungslosen Ablauf und behält den Überblick darüber, welche Fahrzeuge überprüft werden müssen. Die Schirrmeister sind erfahrene Feldwebel und allesamt von der Handwerkerinnung geprüfte Kraftfahrzeugsachverständige mit Meisterabschluss. In ihren Kompanien sind sie für die Wartung und Pflege des ihnen zugewiesenen Materials verantwortlich und arbeiten eng mit dem Technischen Offizier zusammen. Mithilfe der TMPTechnische Materialprüfung verschafft sich der Technische Offizier gleichzeitig einen Überblick über die materielle Einsatzbereitschaft des Verbandes: „Diese Information ist für meinen Kommandeur von existenzieller Bedeutung und es ist meine wesentliche Leistung, ihn stets über Veränderungen auf dem Laufenden zu halten“, erklärt Hauptmann Hannah K. die Relevanz ihrer Aufgabe.

Der Technische Offizier erkennt am Ergebnis der TMPTechnische Materialprüfung, wie viele Fahrzeuge Mängel aufweisen. Dies spiegelt unter anderem den Umgang der Soldatinnen und Soldaten mit dem von der Bundeswehr zur Verfügung gestellten Material wider. So kann mithilfe der TMPTechnische Materialprüfung auch der Bedarf an Weiterbildungsmaßnahmen festgestellt und gezielt gegengesteuert werden: „Gut ausgebildete Soldatinnen und Soldaten im Aufgabengebiet der Materialerhaltung sind ein wesentlicher Faktor, damit wir als Verband eine gleichbleibend hohe materielle Einsatzbereitschaft aufweisen“, unterstreicht der Kommandeur der EFP-Battlegroup, Oberstleutnant Hagen Ruppelt.

Von der Truppe für die Truppe

Ein Soldat hat die Motorhaube eines Fahrzeuges geöffnet und prüft es auf mögliche Beschädigungen

Oft reicht der geschulte Blick unter die Motorhaube aus, um technische Probleme zu erkennen und diese schnell zu beheben

Bundeswehr/Pascal Warner

Einen großen Anteil an der materiellen Einsatzbereitschaft der EFP-Battlegroup haben die Instandsetzungsfachleute der Einsatzunterstützungskompanie. Sie sind jederzeit ansprechbar und stehen den fahrzeugführenden Personen mit Rat und Tat zur Seite. So können technische Probleme schnell erkannt und möglichst an Ort und Stelle behoben werden, damit an den betroffenen Fahrzeugen bei einer Weiterfahrt kein größerer Schaden entsteht. Meist genügt ein gezielter Blick der Expertin oder des Experten in den Motorraum, um Probleme zu erkennen und diese schnell zu beheben. Und sollte wirklich etwas Schwerwiegendes am Fahrzeug defekt sein, benötigen die Spezialistinnen und Spezialisten der Einsatzunterstützungskompanie meistens nur wenige Stunden, um die Fahrtüchtigkeit des Fahrzeuges wiederherzustellen.

Fakt ist: Im Einsatz werden Fahrzeuge und Gerät durch den dauerhaften Betrieb stärker beansprucht als in der Heimat – dies gilt auch bei der Enhanced Forward Presence Battlegroup Litauen. Hier müssen über 650 deutsche, niederländische, tschechische und norwegische Fahrzeuge einsatzbereit gehalten werden.

Multinationale Schlagkraft

Ein Soldat hievt mit Hilfe eines Kranes einen Motorblock zurück in einen Kampfpanzer

Ein niederländischer Instandsetzungssoldat hievt mit Hilfe eines Kranes den Motorblock zurück in den Kampfpanzer

Bundeswehr/Pascal Warner

Um diese Mammutaufgabe zu bewältigen, ist multinationale Schlagkraft notwendig. Der Battlegroup stehen insgesamt 110 Instandsetzungskräfte aus den verschiedenen Nationen zur Verfügung. Ihr Arbeitsplatz ist der technische Bereich unweit der Truppenunterkunft in Rukla. In drei großen Instandsetzungszelten werden die Rad- und Kettenfahrzeuge nach Bedarf gewartet. Die Zelte sind ähnlich wie normale KfzKraftfahrzeug-Werkstätten aufgebaut und mit einer Absauganlage sowie mit mobilen Hebebühnen ausgestattet. Hier werden Motor- und Getriebeschäden behoben oder Bremsanlagen justiert. Zudem verfügt der technische Bereich auch über ein umfangreiches Ersatzteillager mit etwa 30 Containern und ist an das Materialbewirtschaftungssystem der Bundeswehr angebunden. Ist ein Ersatzteil nicht vorrätig, kann es über dieses System in einem Depot in Deutschland angefordert werden. Somit ist auch die Ersatzteilversorgung sichergestellt. Sollte beispielsweise ein Kampfpanzer doch einmal streiken, kann sich die betroffene Besatzung stets gewiss sein: Dieser Zustand ist nicht von großer Dauer – die Spezialistinnen und Spezialisten im Hintergrund regeln das!

von Timo Radke

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