Bundeswehr in Kosovo

Mit Rat und Tat an der Seite der kosovarischen Sicherheitskräfte

Mit Rat und Tat an der Seite der kosovarischen Sicherheitskräfte

Datum:
Ort:
Pristina
Lesedauer:
4 MIN

Seit zehn Jahren stellt die Bundeswehr einen Brigadegeneral, der das NATO Advisory and Liaison Team (NALTNATO Advisory and Liaison Team) im Kosovo leitet. Der Direktor dieses NALTNATO Advisory and Liaison Team berät in erster Linie die Führung der kosovarischen Sicherheitskräfte. Er bleibt ein Jahr im Einsatz und wechselt bald wieder.

Zwei Soldaten verschiedener Nationen sitzen an einem Tisch und unterhalten sich

Truppenbesuch im Training and Doctrine Command (TRADOC): Brigadegeneral Ralf Hammerstein (links) lässt sich vom Kommandeur der Einrichtung, Brigadier General Jeton Dreshaj, briefen

Bundeswehr/Simone Meyer

Bei seinem letzten Besuch war es noch ein Rohbau. Heute, keine drei Monate später, betritt Brigadegeneral Ralf Hammerstein ein fast fertiges Trainingsgebäude. In den Räumen stehen Tische, Stühle und Computer, die noch in Folie gewickelt sind. 

Im Obergeschoss führt ihm der in den USA ausgebildete Kommandeur des Training and Doctrine Command (TRADOC) der kosovarischen Sicherheitskräfte einen taktischen Sandkasten vor. „Noch in diesem Jahr finden hier die ersten Übungen statt, mit denen wir unsere Einheiten zertifizieren“, erklärt Brigadegeneral Jeton Dreshaj. Sein Besucher nickt anerkennend.

Fortschritte an vielen Stellen

Für Hammerstein sind das gute Nachrichten. Als Direktor des NATO Advisory and Liaison Teams (NALTNATO Advisory and Liaison Team) gehört es zu seinen zentralen Aufgaben, die Kosovo Security Force (KSFKosovo Security Force) beim Aufbau ihrer Fähigkeiten ihres originären Zivilschutzmandates zu beraten. 

Dass das TRADOC als zentrale Ausbildungseinrichtung der KSFKosovo Security Force nicht nur bauliche, sondern auch inhaltliche Fortschritte macht, freut ihn aber noch mehr. Die 15 kosvovarischen Oberstabsfeldwebel, vor denen er im November noch einen Vortrag hielt, haben gerade erfolgreich ihren sechsmonatigen Lehrgang abgeschlossen.

„Sehr gut“, sagt Hammerstein anerkennend. Er blickt dabei auch einen seiner Mitarbeiter an. Ein kroatischer Oberstleutnant aus seinem Team hat als Berater ein ständiges Büro im TRADOC. Nach drei Wochen Anwesenheit wirken sich seine Ratschläge offenbar schon aus. So soll es sein.

NATO Advisory and Liaison Team

Das NALTNATO Advisory and Liaison Team besteht aus knapp 50 militärischen sowie zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus 13 NATO-Staaten und hat seinen Sitz im Camp Film City in der kosovarischen Hauptstadt Pristina. Wie die KFORKosovo Force-Schutztruppe. An der Spitze des NALTNATO Advisory and Liaison Team steht schon seit 2013 jeweils für ein Jahr ein deutscher Brigadegeneral. 

Dieser ist nicht Teil der KFORKosovo Force, sondern untersteht direkt dem Internationalen Stab der NATO in Brüssel. In dessen Auftrag bietet sein Team den Sicherheitsorganisationen im Kosovo der Beratung an, etwa in Bezug auf Logistik, Beschaffung, Finanzen, Planung oder Personal.

Im NALTNATO Advisory and Liaison Team arbeiten weitere Deutsche – wie der Medical Advisor für alle Themen des Sanitätswesens, der Fachmann für den Aufbau von Organisationsstrukturen, vergleichbar mit denen eines Ministeriums, oder der Training Advisor, der außer dem TRADOC auch den Verbänden der KSFKosovo Security Force zur Seite steht. 

Für die Unterstützung der zivilen Seite ist ebenfalls ein deutscher Berater im NALTNATO Advisory and Liaison Team. Dessen Fokus liegt auf Fähigkeiten wie Minenräumung, Gefahrgutbekämpfung oder Rettungswesen.

Direktor NALTNATO Advisory and Liaison Team

In erster Linie beraten wir die Führung der kosovarischen Sicherheitskräfte – auch im Hinblick auf eine demokratische Kontrolle“, berichtet Hammerstein, der mittlerweile elfte deutsche Direktor NALTNATO Advisory and Liaison Team

Mal hält er mit seinen Mitarbeitern Fachvorträge vor ausgewählten Führungskräften, mal geht es um Themen wie Strukturen der KSFKosovo Security Force, mal um Führungskräfteausbildung. Mindestens einmal pro Woche trifft er den obersten Vorgesetzten des zivilen „Überbaus“ der KSFKosovo Security Force, Ejup Maqedonci, der einem Verteidigungsminister entspricht.

Ein Soldat sitzt neben einen Zivilisten. Beide posieren für ein Foto.

Brigadegeneral Ralf Hammerstein (links) trifft regelmäßig Verteidigungsminister Ejup Maqedonci, der die zivilen Strukturen der kosovarischen Sicherheitskräfte leitet

Bundeswehr/Melanie Turzer

An diesem Nachmittag lässt Maqedonci auf sich warten. „Er sitzt noch im Kabinett“, sagt eine Mitarbeiterin, die den deutschen General im Büro empfängt. „Ich weiß“, sagt Hammerstein. Das Kabinett diskutiere noch über einen strittigen Gesetzesentwurf. Maqedonci hat ihm vor fünf Minuten eine Nachricht geschrieben, dass er sich verspäten werde – ein Vertrauensbeweis, aber auch ein Zeichen der Wertschätzung. 

„Wir sind sehr froh, dass wir ihn haben“, wird Maqedonci später sagen. Er schätze den Rat des deutschen Generals. Maqedonci gehörte früher der kosovarischen Befreiungsarmee UÇK an, war dann selbst Soldat der KSFKosovo Security Force und wurde in den USA ausgebildet.

Internationaler Ruf

Der Direktor NALTNATO Advisory and Liaison Team hält aber nicht nur engen Kontakt zur höchsten Führungsriege, sondern bereist auch regelmäßig bedeutende Einrichtungen der KSFKosovo Security Force – wie das Search and Rescue International Training Centre, das im vorigen Jahr in der Türkei Erdbebenhilfe leistete und von Deutschland auch in diesem Jahr finanziell unterstützt wird. 

Eine weitere Vorzeigeeinheit besucht Hammerstein an diesem Nachmittag: die Kampfmittelabwehr-Kompanie der Nationalgarde. Als sein Wagen auf das Kasernengelände in Prizren fährt, sieht er dort reihenweise grüne Geländewagen parken. Die Fahrzeuge hat die Bundeswehr den kosovarischen Sicherheitskräften übergeben, als sie 2018 ihr direkt gegenüberliegendes Feldlager in Prizren verließ.

Der Kommandeur der Kompanie, Oberstleutnant Zekrija Shekreta, hat erst vor zwei Wochen sein Büro in der Kaserne bezogen. Vor einer Wand stehen Masten mit Flaggen der KSFKosovo Security Force, des Kosovo, der NATO und der USA. Als Shekreta den Direktor NALTNATO Advisory and Liaison Team in seinem Büro empfängt, macht er einen zufriedenen Eindruck: Die Personallage sei gut, Nachwuchs könne die Kompanie aus eigenen Kräften genug ausbilden. Und bald beginne der erste Ausbildungsdurchgang für ziviles Sicherheitspersonal aus der Ukraine, den die KSFKosovo Security Force gemeinsam mit dem USUnited States EUCOM, dem Europa-Kommando der Vereinigten Staaten, auf die Beine stellt.

General Hammerstein staunt über die Qualität dieser Arbeit. „Das ist bemerkenswert“, sagt er, „dass sich diese Kompanie schon international einen Ruf gemacht hat“. Für so junge Sicherheitskräfte wie die KSFKosovo Security Force sei dies eine echte Erfolgsgeschichte, die Deutschland durch Ertüchtigungsprojekte, auch bilateral, über viele Jahre unterstützt hat.

Die Früchte dieser Arbeit wird Hammerstein allerdings nicht mehr vor Ort erleben. Mitte April übergibt er nach einem Jahr im Kosovo die Dienstgeschäfte an seinen Nachfolger: Brigadegeneral Christian Nawrat leitet derzeit die Panzergrenadierbrigade 41 „Vorpommern“. Diese wird er dann – quasi im Dienstpostentausch – in die Hände seines Vorgängers im NALTNATO Advisory and Liaison Team geben.

von Simone Meyer

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