Eine multinationale Übung im Camp Erbil
Eine multinationale Übung im Camp Erbil
- Datum:
- Ort:
- Erbil
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- 4 MIN
Zu den Aufgaben der deutschen Soldatinnen und Soldaten auf der Erbil Air Base (EABErbil Air Base) im Irak gehört es, die Einsatzkräfte und das Lager zu schützen. In Übungen bereiten sie sich gemeinsam mit anderen Nationen auf mögliche Gefahrensituationen vor – für reibungslose Abläufe im Ernstfall.
Die Sirene ertönt im multinationalen Camp der Operation Inherent Resolve (OIROperation Inherent Resolve), so der Name einer Koalition aus 24 Staaten im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS„Islamischer Staat“). Über Lautsprechern kündigt eine Stimme die Übung an: „Exercise – Seek Shelter“. Alle Soldatinnen und Soldaten müssen Unterschlupf in geschützten Unterkunfts- oder Funktionscontainern oder Betonbunkern suchen.
Die heutige Übung täusche zwei Drohneneinschläge im Camp vor, so Captain Eric W.* Der USUnited States-amerikanische Offizier gehört zur Planungsgruppe für sogenannte Base Defence Exercises (BDEXBase Defence Exercise). Regelmäßige Übungen von unterschiedlichen Szenarien sollen dafür sorgen, dass, die Soldatinnen und Soldaten die geregelten Abläufe kennen und befolgen.
Zuständig für die Warnung mit Sirenen und Lautsprechdurchsage ist das Base Defence Operation Centre, kurz B-DOCBase Defence Operation Centre: Die dort eingesetzten USUnited States-amerikanischen Soldatinnen und Soldaten koordinieren außerdem die Zusammenarbeit der verschiedenen Nationen im Ernstfall.
Beste Vorbereitung durch eine realistische Übung
Eine grüne Rauchgranate zeigt in der heutigen Übung den Einschlag einer Drohne im britischen Teil des Feldlagers an. Die Drohne, so das Szenario, hat das Sanitätspersonal teils schwer verwundet. Entsprechend übernehmen Oberfeldarzt Timo H.* und USUnited States-amerikanische Soldatinnen und Soldaten des Sanitätsdienstes die Rolle der Verwundeten. Um ihre Verletzungen realistisch darzustellen, haben sich die Ärzte und Sanitäter vorher mit Kunstblut selbst geschminkt.
„Train as you fight“ – also üben, wie man kämpft – erläutert Captain W. den Grundsatz der Übungen: Eine Übung sollte so realistisch, wie möglich sein. Nur so könnten Soldatinnen und Soldaten im Feldlager richtig reagieren, wenn es zum realen Beschuss komme. Auch deshalb spielt das Sanitätspersonal dieses Mal die Verwundeten. Die Ärzte und Notfallsanitäter wissen am besten wie sich Menschen mit bestimmten Verletzungen verhalten. Zugleich erschwert dies die Situation für das übrige multinationale Sanitätspersonal. Es muss den Ausfall des deutschen Anästhesisten Oberfeldarzt Timo H., auffangen.
Erstversorgung unter schwierigen Bedingungen
Während einige USUnited States-Soldaten die Absturzstelle untersuchen und dafür sorgen, dass das Gelände wieder sicher ist, beginnen britische Soldatinnen und Soldaten mit der Erstversorgung. Sie tragen die Verwundeten aus der Gefahrenzone und bringen sie zu einem festgelegten Sammelpunkt, wo sie versorgt werden können.
Die Soldatinnen und Soldaten folgen dabei dem internationalen MARCHMassive hemorrhage, Airway, Respiration, Circulation, Head injury/Hypothermia-Schema: Zuerst werden lebensbedrohliche Verletzungen behandelt, dann werden die Verwundeten stabilisiert und auf den Transport zur „Role 2“ für die weiterführende Behandlung vorbereitet. Role 2 ist die Einrichtung zur notfallchirurgischen Versorgung. Zu ihr gehören mehrere Operationssäle ebenso wie Behandlungsmöglichkeiten für leichter Verwundete.
In diesem Fall können die britischen Soldatinnen und Soldaten die Verwundeten aber nicht einfach in Autos legen und direkt losfahren. Ein zweiter simulierter Drohneneinschlag zwingt sie mit den Verwundeten zurück in die Bunkersysteme. In den engen Tunnelsystemen müssen sie nun die Verletzungen der Soldatinnen und Soldaten versorgen und ihre Kreisläufe stabilisieren. Es dauert weitere zehn Minuten, bis die Stimme aus den Lautsprechern Entwarnung gibt und die Bunker verlassen werden dürfen.
Gut versorgt durch ein multinationales medizinisches Team
Nun muss es schnell gehen: Estnische Soldatinnen und Soldaten helfen beim Transport der Verletzten. Oberfeldarzt Timo H. muss liegend transportiert werden. Ein britischer Sanitäter steigt mit ins Fahrzeug und kümmert sich um die Wunden. Der estnische Fahrer sorgt dafür, dass der Oberfeldarzt schnellstmöglich in der Role 2 ankommt. Auch dort ist die Kooperation international: Finnische, deutsche und USUnited States-amerikanische Chirurgieteams arbeiten Hand in Hand. Sie nehmen die Verwundeten auf, untersuchen sie und kategorisieren die Verletzungen. Die dringlichsten Verletzungen werden zuerst chirurgisch behandelt, die weniger dringlichen zunächst weiter notfallmedizinisch versorgt.
Ruhig und mit präzisen Handgriffen arbeiten sich die Ärztinnen, Ärzte und Fachpersonal durch die Übung. Sie bereiten die Operationssäle vor und ziehen die spezielle sterile Kleidung wird an. Schnell sieht es kaum anders aus als in einem zivilen OP zu Hause in Deutschland. Gesprochen wird allerdings weiterhin ausschließlich Englisch, die Schutzwesten und Helme aller Beteiligten stehen noch vor der Tür.
Operiert wird heute allerdings niemand. Die Übung endet, nachdem die Behandlung durchgesprochen und angedeutet und durchgesprochen wurde. Was noch folgt, ist eine Auswertung. Captain Eric W. äußert sich beeindruckt von der Reaktion der britischen Soldaten. Sie hätten nicht nur sehr schnell, sondern auch sehr koordiniert auf die Übungslage reagiert. In einer guten internationalen Zusammenarbeit habe schließlich jede Nation zum Gelingen der Übung beigetragen.
*Namen zum Schutz abgekürzt.