Mit Ameisensäure gegen Tierseuchen
Mit Ameisensäure gegen Tierseuchen
- Datum:
- Ort:
- Rukla
- Lesedauer:
- 3 MIN
Vor dem Einsatzende müssen die Soldatinnen und Soldaten der enhanced Forward Presence Battlegroup Litauen einen Laufzettel abarbeiten – eine Station darauf heißt „Tierseuchenprophylaxe“. Doch was verbirgt sich dahinter? Warum reicht der normale Stiefelputz nicht aus? Und warum müssen die Soldatinnen und Soldaten in eine Wanne steigen?
Zur Vorbereitung der Rückverlegung in die Heimat gehört für das Personal, das Material sowie für die Einsatzfahrzeuge ein ganz besonderer Termin: die Tierseuchenprophylaxe. Alle Soldatinnen und Soldaten der enhanced Forward Presence (eFPenhanced Forward Presence) Battlegroup müssen diesen Termin absolvieren. Ihr Gepäck, Teile ihrer Ausrüstung, aber auch Container und Fahrzeuge, die transportiert werden sollen, müssen bei der Dekontaminationsgruppe der ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Abwehrkompanie teilweise mehrere Reinigungsverfahren durchlaufen.
Die 17 Soldatinnen und Soldaten der Dekontaminationsgruppe werden vom ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Dekontaminationsfeldwebel, Hauptfeldwebel Aaron D., geführt.
Einschleppen von Tierseuchen verhindern
„Der Sinn und Zweck der Tierseuchenprophylaxe besteht darin, das Einschleppen von Tierseuchen, zum Beispiel der Afrikanischen Schweinepest, zu verhindern“, erklärt der 33-Jährige. „Da sind wir als Dekontaminationsgruppe gefragt. Wir verfügen über die Ausrüstung und die notwendigen chemischen Stoffe. Für die Tierseuchenprophylaxe nutzen wir eine Lösung von einem Prozent Ameisensäure auf 99 Prozent Wasser. Das tötet alle Krankheitserreger ab. Allerdings ist die Ameisensäure auch in dieser Lösung für den Menschen gesundheitsschädlich“, führt der Hauptfeldwebel weiter aus. „Deshalb müssen meine Soldatinnen und Soldaten bei der Behandlung von Material und Fahrzeugen immer einen Schutzanzug, Gummihandschuhe und die ABCAtomar, Biologisch, Chemisch-Schutzmaske mit einem speziellen Filter tragen.“
Ameisensäure, die nicht nur von Ameisen eingesetzt wird, sondern auch in Brennnesseln enthalten ist, löst bereits in diesen natürlichen Vorkommen Hautreizungen aus. Beim Umgang mit Ameisensäure sind deshalb besondere Schutzmaßnahmen einzuhalten, um Verätzungen oder auch Schädigungen der Atmungsorgane zu vermeiden. So kann beim chemischen Zerfall von Ameisensäure das Atemgift Kohlenstoffmonoxid entstehen.
Erst reinigen, dann dekontaminieren
„Grundsätzlich alles, was potenziell mit dem Boden in Berührung kommt, behandeln wir mit Ameisensäurelösung. Neben Fahrzeugen, Containern und Kisten gehören dazu auch Gepäck, Stiefel, Schutzwesten und Rucksäcke der Soldatinnen und Soldaten. Denn diese haben ebenfalls Bodenberührung während der Übungen“, erklärt Hauptfeldwebel Aaron D. und fügt hinzu: „Dabei gilt: erst reinigen, dann dekontaminieren. Denn wir wollen ja nicht den Dreck dekontaminieren, sondern das Gerät.“
Bei den Fahrzeugen werden der Unterboden und die Räder oder Ketten bis in die Radkästen sowie die Unterseiten von Abdeckblechen mit der Ameisensäurelösung abgesprüht.
Der Umwelt zuliebe: Regeln für die Dekontamination
Bei der Dekontamination der Fahrzeuge muss auch der Umweltschutz berücksichtigt werden. „Eine besondere Auflage Litauens ist, dass wir die Ameisensäurelösung nach einer Einwirkzeit von 30 Minuten auf den Fahrzeugen mit klarem Wasser wieder abspülen müssen, um die Umwelt und die Gewässer Litauens zu schützen“, erklärt Aaron D. Darüber hinaus darf die Behandlung der Fahrzeuge mit der Ameisensäurelösung nur auf ausgewiesenen Waschplätzen stattfinden. „Das für die Dekontamination genutzte Wasser wird wiederaufbereitet und als Brauchwasser wiederverwendet. Bei einer Nutzung von über 4.000 Litern Wasser für die Dekontamination von einigen hundert Fahrzeugen ist das eine große Menge Wasser“, so der Hauptfeldwebel weiter. „Da ist die Wiederverwendung des Wassers schon im Sinne der Umwelt überaus sinnvoll.“
Sauber zurück nach Hause
Hauptfeldwebel Aaron D. ist einsatzerfahren. Sein Aufenthalt in Litauen ist bereits sein vierter Auslandseinsatz. Während seiner beiden Verwendungen bei der KFORKosovo Force und in seinem Auslandseinsatz bei MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali hat er die Erfahrung gemacht, dass die verpflichtende Station zur Tierseuchenprophylaxe für die Soldatinnen und Soldaten ein Zeichen der näher rückenden Heimkehr aus dem Einsatz ist. „Für manchen mag das lästig sein. Aber allen ist klar: Wenn ich zur Tierseuchenprophylaxe muss, dann geht es bald nach Hause“, lächelt er. „Im übertragenen und wörtlichen Sinne kommen die Kameradinnen und Kameraden sauber nach Hause. Und darauf freuen sich alle.“