Die Bedrohung ist nur wenige Mikrometer groß

Unsichtbare Gefahr im Kampfstiefel

Unsichtbare Gefahr im Kampfstiefel

Datum:
Ort:
Gao
Lesedauer:
4 MIN

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Gefahren im Kampfstiefel in Mali? Da denkt wohl jede und jeder zuerst an Schlangen und Skorpione. Doch die viel größere Gefahr ist nur ein paar Mikrometer groß: Bakterien und Pilze, die in den warmen und verschwitzten Kampfstiefeln der Soldatinnen und Soldaten einen idealen Lebensraum finden – und lebensbedrohliche Erkrankungen auslösen können.

Ein Arzt in Wüstentarnuniform untersucht ein Handgelenk in einem Behandlungszimmer

Oberstabsarzt Philipp S. ist der Truppenarzt für die Soldatinnen und Soldaten im Camp Castor

Bundeswehr/Julia Dahlmann

Oberstabsarzt Dr. Philipp S. ist der Truppenarzt im Camp Castor. Regelmäßig behandelt der 32-Jährige Soldatinnen und Soldaten, die mit juckenden Füßen in seine Sprechstunde kommen. Ein kurzer Blick auf die Fußsohle oder zwischen die Zehen reicht ihm meistens, um das Problem zu erkennen. „Viele der Soldatinnen und Soldaten haben sogenannte Hitzepickel oder beginnenden Fußpilz. Durch den Auftrag und die Bedingungen lassen sich derartige Erkrankungen oftmals kaum vermeiden.“ 

Während der langen Diensttage im Einsatz tragen die Soldatinnen und Soldaten die Kampfstiefel oft über einen längeren Zeitraum. Gerade während der Operationen außerhalb des Lagers haben sie die Stiefel häufig über mehrere Tage ununterbrochen an und sind entsprechend anfällig für Fußerkrankungen. „Wenn Kameradinnen und Kameraden von einer längeren Operation wiederkommen, sehen wir in der Truppenarztsprechstunde viele hitze- und feuchtigkeitsbedingte Fußerkrankungen“, erklärt der angehende Facharzt für Allgemeinmedizin. Bei der Entstehung von Hitzepickeln oder Fußpilz spielt insbesondere die Schweißabsonderung eine entscheidende Rolle.

Unsichtbare Gefahr

Ein behaarter Fuß, zwischen den Zehen ist die Haut rissig

Ein typisches Symptom für Hautpilz ist eine gerissene und schuppige Haut zwischen den Zehen und ein starker Juckreiz

Bundeswehr/Jaqueline Herrmann

An Händen und Füßen finden sich im Vergleich zum restlichen Körper überdurchschnittlich viele Schweißdrüsen. Auch ohne große Belastung sondern diese an den Füßen täglich bis zu zwei Zentiliter Schweiß, also ein Schnapsglas, ab. Das heiße Klima in Verbindung mit den robusten Stiefeln der Soldatinnen und Soldaten kann diese Menge deutlich erhöhen. 

„Durch eine dauerhaft hohe Produktion von Schweiß und gleichzeitigen Hitzestau in den Stiefeln können die Schweißdrüsen verstopfen und sich entzünden“, erklärt Oberstabsarzt Philipp S. Die Folge: Hitzepickel – kleine rote Punkte unter der Fußsohle, die einen starken Juckreiz auslösen. Wenn die Füße über einen längeren Zeitraum feucht sind, weicht zudem die Haut auf und bietet Bakterien die Möglichkeit, sich einzunisten. „Überall auf der Haut haben wir Bakterien“, erklärt Philipp S., „diese können dann an aufgeweichten oder beschädigten Hautpartien in die Unterhaut eindringen und dort Entzündungen verursachen.“ Den gleichen Weg nehmen die Dermatophyten: Hautpilze, die ebenfalls die Haut angreifen und zur Schuppenbildung mit starkem Juckreiz führen. 

So unangenehm diese Erkrankungen auch sind, sie sind mit entzündungshemmenden oder erregerabtötenden Salben gut zu behandeln. „Es ist aber wichtig, dass die Soldatinnen und Soldaten rechtzeitig zum Arzt gehen“, sagt Oberstabsarzt Philipp S. Denn aus einer einfachen Entzündung am Fuß kann unbehandelt schnell eine lebensbedrohliche Erkrankung werden. Haben sich die Krankheitserreger erst einmal in der Haut ausgebreitet, kann eine Wundrose die Folge sein. Dabei breitet sich die Entzündung vom Fuß über das Bein aus. Über das Lymphsystem können sich die Bakterien im schlimmsten Fall bis in den Blutkreislauf, also im ganzen Körper, ausbreiten. Dies wird umgangssprachlich als Blutvergiftung bezeichnet, Fachleute sprechen von einer Sepsis. „Dann müssen wir schnell mit einer Antibiotikatherapie starten, um eine lebensgefährliche Entzündung des gesamten Körpers zu verhindern“, so Phillip S. „Im schlimmsten Fall droht sogar eine stationäre Aufnahme oder die Rückführung in die Heimat, wenn wir die Entzündung nicht schnell in den Griff bekommen.“

Fußpflege im Einsatz

Ein Soldat trocknet sich die nackten Füße ab, im Vordergrund stehen staubige Kampfstiefel

Selbst kurze Pausen sollten Soldatinnen und Soldaten nutzen, um ihre Füße trocknen zu lassen

Bundeswehr/Julia Dahlmann

Um es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, setzt Oberstabsarzt Philipp S. auf Prävention: „Als Soldatin oder Soldat im Einsatz muss man achtsam sein und seinen Körper beobachten. Und dazu gehören auch die eigenen Füße.“ Wichtig sei es, diese mindestens einmal am Tag auf Rötungen zu kontrollieren. Außerdem sollten die Angehörigen des Kontingents auch kurze Pausen nutzen, um die Füße zu trocknen – also Schuhe und Socken ausziehen und die Füße lüften. „Zehn Minuten Luft an die Füße zu lassen, macht da schon einen Unterschied“, erklärt Philipp S., „und wenn es der Auftrag zulässt, sollten danach trockene Socken und Schuhe angezogen werden.“ 

Von der generellen Nutzung von Puder, um die Füße nicht feucht werden zu lassen, rät der Oberstabsarzt aber ab: „Bei trockener Haut kann Puder dazu führen, dass die Haut weiter austrocknet und dann wieder anfällig für Bakterien und Hautpilz wird.“ Um das zu vermeiden, ist ein Gespräch mit dem Truppenarzt nötig, um die „individuelle Schweißsituation“ bewerten zu können.
Eine korrekte Stiefelpflege kann die medizinischen und prophylaktischen Maßnahmen unterstützen. Eine regelmäßige Desinfektion der Innenseite der Kampfstiefel hilft, die Keimbelastung zu reduzieren. Außerdem sollten am Abend die Sohlen aus den Stiefeln genommen werden, um eine vollständige Trocknung der Stiefel zu ermöglichen – und so der unsichtbaren Gefahr aus dem Kampfstiefel etwas entgegenzusetzen.
 

von Claas Gärtner

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