Der Fennek in der Sahelzone
Der Fennek in der Sahelzone
- Datum:
- Ort:
- Gao
- Lesedauer:
- 6 MIN
Der Auftrag lautet: bewegliche und stationäre Aufklärung. Letzte Updates kommen aus dem Gefechtsstand. Der Trupp erhält diese Informationen, bevor er seine sichere Umgebung verlässt. Jetzt geht es rein in den Fennek und raus aus dem Camp Castor bei Gao. „Klar zum Gefecht“ befiehlt im gleichen Augenblick der Kommandant. Der Fennek, ein hochmoderner, niedrig gebauter und äußerst geräuscharmer Spähwagen der Bundeswehr, verschwindet in die Nacht.
Agil und klein: Er ist für die Steppe Malis wie gemacht, genau wie sein vierbeiniger Namensvetter. Wenn man möchte, bleibt von ihm nicht mehr als ein leiser Schemen in der Dunkelheit. Das erste Ziel: ein durch die Drohne Heron aufgeklärter, bisher unbekannter Checkpoint. Die Soldaten im Fennek sind wachsam. Checkpoints sind hier in Mali häufig anzutreffen. Dieser ist vom Aufbau her typisch für die Region. Eine Stacheldrahtsperre ist quer über die Straße gelegt und verhindert die Weiterfahrt. Das Einzige, was fehlt, sind die „Betreiber“. Weit und breit ist niemand zu sehen - ungewöhnlich. Autos stehen rechts am Wegesrand und warten.
Manchmal öffnen in Mali die Checkpoints erst mit dem Sonnenaufgang. Der Kommandant beschließt, näher heranzufahren, um seinen Auftrag zu erfüllen: Informationen sammeln. Die wartenden Menschen haben sich schlafen gelegt, zum Teil zwischen den Fahrzeugen, in den Fahrzeugen oder einfach am Straßenrand direkt auf den Boden. Dies ist nicht ungewöhnlich. Der Kommandant lässt den Spähwagen ganz nah an die Straßensperre heranschleichen. Der Fennek ist so leise, dass die Leute weiter vor sich hinschlummern.
Sobald der Auftrag abgeschlossen ist, legt der Fahrer den Rückwärtsgang ein. Der Kommandant beobachtet mithilfe eines Nachtsichtgerätes und sieht, wie ein Kopf sich erhebt, schlaftrunken – und keine fünf Meter entfernt. Er blinzelt in Richtung Fennek, welcher zu dieser Sekunde schemenhaft in die Dunkelheit entschwindet.
Klein trifft auf Groß
Das Aufgabenspektrum des Spähtrupps beinhaltet auch die Erkundung von möglichen Ortsumgehungen sowie von neuen Wegen, die in keiner Karte verzeichnet sind. Ein neuer Auftrag, ideal für den Fennek, der trotz guter Panzerung extrem geländegängig und leicht ist.
Mögliche Passagen – auch für größere und schwerere Fahrzeuge – in der Steppe zu finden, gelingt nur durch Erfahrung und Spontanität gleichermaßen. Die Richtung, in der das Ziel liegt, wird mit Kompasszahl eingeschlagen. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder finden die Aufklärer einen Pfad oder sie bewerten das Gelände dahingehend, ob schwere Fahrzeuge ebenfalls durchkommen können. Sollte das nicht der Fall sein, geht das Ganze von Neuem los.
Der Fennek bewegt sich mühelos im Gelände, auch wenn es keine Pfade gibt. Gelände erkunden heißt für die Besatzung, durchgeschüttelt zu werden, so wie in diesem Moment. Mitten im Gelände erkennt der Fahrer ein kleines Fellknäul direkt voraus. Es ist wahnsinnig schnell auf seinen vier Pfoten und hat überdimensionierte Ohren, seine Hauptsensoren. Er bleibt einige Meter entfernt stehen: ein Wüstenfuchs, ein „echter“ Fennek. Gegenseitig beobachten sich der Kleine und der Große; für die Soldaten eine willkommene Verschnaufpause. Das Wollknäul verliert dann das Interesse und trollt sich flink seines Weges. Auch für die Aufklärer geht es weiter im unwegsamen Gelände. Auf der Suche nach neuen Wegen.
Überraschung in der Steppe
In der folgenden Nacht erkennt der Bordschütze in der Ferne schemenhaft einen Pick-up, der wie verlassen auf einer Anhöhe steht. In einer solchen Situation kommt das Wärmebildgerät des Fenneks zum Einsatz. Integriert in die Waffenstation wird die Situation „verifiziert“. Unter Nachtsicht und in totaler Dunkelheit pirscht der Fennek näher heran, da inzwischen neben dem Pick-up weitere Fahrzeuge erkennbar sind. Ungefähr zehn Personen, die neben den Fahrzeugen schlafen, werden durch die Hightech-Sensoren des Fenneks aufgeklärt. Eine nicht schlafende Person, offensichtlich als Wachposten eingeteilt, wird dem Kommandanten schon aus größerer Entfernung gemeldet.
Leise fahren die Fenneks näher, um ein besseres Lagebild zu erhalten. Dann kommt der Zeitpunkt, an dem der Besatzung bewusstwird, dass sie zu hören sein muss. Doch es dauert noch einige Zeit, bis der Wachposten tatsächlich auf die Fahrzeuge reagiert. Er schlägt Alarm und weckt durch lautes Rufen die Mitstreiter. In wenigen Sekunden werden aus zehn schlafenden Menschen zehn mit Handfeuerwaffen ausgestattete Kämpfer. Die Fenneks stehen ihnen direkt gegenüber, mit dem Vorteil, dass die Bewaffneten zwar irgendetwas gehört, aber nichts gesehen haben.
Bereit zum Feuerkampf befiehlt der Kommandant, in die Dunkelheit auszuweichen. Hintergründe zu der angetroffenen Gruppierung liegen nicht vor. Eine Entschärfung der Situation anderweitig ist nicht möglich. Wieder aus Hörweite der Gesichteten wird erneut beobachtet. Da für die bewaffneten Männer kein Gegner greifbar oder erkennbar ist, legen sie sich nach kurzer Zeit erneut wieder schlafen. Der Kommandant im Fennek schickt eine Lagemeldung an den Gefechtsstand und der Aufklärungsauftrag wird fortgesetzt.
Klein hilft Groß
Neuer Auftrag: Die Unterstützung der Sicherung eines Konvois. Während die Aufklärungsdrohne LUNALuftgestützte unbemannte Nahaufklärungsausstattung als „fliegendes Auge“ die Überwachung und Aufklärung des Operationsgebietes aus der Luft sicherstellt, übernehmen die Fenneks die Sicherung am Boden. Das alles unter ständiger Bewegung und Verlegung in andere Räume, ohne jegliche Infrastruktur. In diesem unwegsamen Gelände hat der Bundeswehrtanklaster ZETROS trotz der Begleitung und Sicherung der Fenneks seine Mühen. Bis an den Rand mit Betriebsstoff befüllt, ist das Gespann sehr schwer. Schwierigkeiten, in der Steppe vorwärts zu kommen, sind da vorprogrammiert. Er fährt sich des Öfteren fest, einmal so sehr, dass er aus eigener Kraft nicht mehr rauskommen kann.
Der kleine Fennek wird durch das Team der Aufklärer an den großen Tanklaster mit einer Abschleppstange angehängt. Der Fahrer schaltet im Fahrzeug die Differentialsperren ein. Jetzt ist ein Zischen zu vernehmen, die integrierte Reifendruckregelanlage des Fenneks lässt etwas Luft aus den Reifen. Dann zieht der kleine Fennek den schweren festgefahrenen Tanklastzug bis zum vereinbarten Treffpunkt. Umgehend wird mit der Betankung der dort wartenden Truppe des LUNALuftgestützte unbemannte Nahaufklärungsausstattung-Zuges begonnen, um den Auftrag reibungslos fortsetzen zu können.
Beobachten und Verfolgen
Nördlich von Gao liegt die nächstgrößere Stadt Bourem, ebenfalls direkt am Fluss Niger. Die drei Fenneks werden dort während einer Multisensoroperation eingesetzt. Das bedeutet, dass verschiedene Aufklärungseinheiten in einem bestimmten Raum gemeinsam operieren. Unterschiedliche Sensoren erzielen verschiedene Aufklärungsergebnisse. Setzt man diese wie die Teile eines Puzzles zusammen, ergibt das ein aussagekräftiges Lagebild. Bevor es los nach Bourem geht, wird bekannt, dass ein größerer Konvoi, bestehend aus neutralen Kräften, den Operationsraum durchqueren wird. Zwei Spähtrupps erhalten den Auftrag, Fühlung herzustellen und den Konvoi umfangreich zu dokumentieren.
Die Aufklärungsdrohne Heron hat den Konvoi lokalisiert, jetzt gilt es für die Fenneks, sich „festzubeißen“. Ein Spähtrupp positioniert sich nördlich, der zweite südlich der festgestellten Bewegungsachse. Der Konvoi ist zum Zeitpunkt des Eintreffens der Fenneks bereits im Beobachtungsfeld. Der Fennek des Truppführers hat Position bezogen und sofort beginnt die Aufklärung und Dokumentation.
Ungefähr 70 Pick-ups mit teils schweren Maschinengewehren werden ausgemacht. Nun folgt der schwierigere Part des Auftrages: Fühlung halten. Die Pick-ups versuchen, die Fenneks abzuhängen. Vergeblich. Mit über 80 km/h im Gelände haben sich die Aufklärer festgebissen und beobachten den Konvoi die gesamte Fahrtstrecke, bis zur Grenze des Operationsgebietes. Dabei werden hervorragende Aufklärungsergebnisse erzielt, welche in das gesamte Lagebild einfließen.