Ein ungewöhnlicher Start in den Einsatz bei EUTMEuropean Union Training Mission Mali

Ein ungewöhnlicher Start in den Einsatz bei EUTMEuropean Union Training Mission Mali

Datum:
Ort:
Koulikoro
Lesedauer:
4 MIN

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Nicht größer als 120 bis 160 Nanometer ist das Coronavirus, wobei ein Nanometer der Milliardste Teil eines Meters ist. Dieser winzigen Größe zum Trotz entfaltet es weltweit eine riesige Wirkung. Wie geht die Bundeswehr bei den laufenden Auslandseinsätzen mit dieser Gefahr um? Aus eigener Erfahrung berichte ich von 14 Tagen Isolation in der Wüste. 48 Grad Celsius, Sand, Staub und über 150 Menschen aus drei Nationen: Das war die Ausgangssituation meines Auslandseinsatzes. Dabei zeigte sich, dass die Bundeswehr auch in Mali bereit ist, sich der Herausforderung COVID-19Coronavirus Disease 2019 zu stellen.

Die Reise beginnt

Ein Flugzeug auf dem Rollfeld, das Licht der aufgehenden Sonne reflektiert am Rumpf und auf dem Flügel

Das Flugzeug Richtung Mali startete am frühen Morgen in Köln-Wahn

Bundeswehr/Gerrit Hohmann

Bevor sich ein großer Teil des 22. Kontingentes der EUTMEuropean Union Training Mission-Mission auf den Weg nach Mali machte, gab es für die Soldatinnen und Soldaten zahlreiche Besuche bei den Truppenärzten. Diese sollten prüfen, ob man nicht an dem Virus erkrankt ist. Noch vor den Untersuchungen war ich in einer 14-tägigen Selbstisolation. Für jeden Einzelnen keine leichte Situation, aber notwendig, um sicherzustellen, dass das Virus nicht aus Deutschland exportiert wird.

Mali ist mehr als dreimal so groß wie Deutschland und die malische Gesundheitsversorgung ist problematisch. Darauf wies die Organisation Ärzte ohne Grenzen bereits ein Jahr vor dem Corona-Ausbruch hin. Für die Bevölkerung sei es ein Risiko, weit entfernte Einrichtungen aufzusuchen, und entsprechend schlimm sei die Situation, wenn sie medizinische Hilfe brauchen. Grund hierfür sind Gruppen, die sich seit Jahren gegenseitig sowie den malischen Staat bekämpfen.
Demzufolge war die Situation bereits vor Corona nicht leicht. Jetzt hat das Virus in Afrika jedes Land getroffen, die Lage für die ohnehin geplagte malische Bevölkerung spitzt sich zu. Wir Soldatinnen und Soldaten dürfen keine zusätzliche Gefahr durch Corona ins Land bringen. Denn wir gehen nach Mali, um auszubilden und zu unterstützen. Nach fünf Stunden Flug erwarteten uns deshalb zwei Wochen Quarantäne.


Aus der großen in eine kleine Welt

Ein langer Gang, rechts und links befinden sich Türen, Stühle und leere Schuhregale

Karg möbliert: Der Flur des isolierten Unterbringungsbereichs der Bundeswehrangehörigen

Bundeswehr/Gerrit Hohmann


Nach einem Stopp in Malis Hauptstadt Bamako ging es weiter nach Gao. Kurzer Transport auf dem Landweg vom Flugplatz ins Herz vom Camp Castor. Dort wurde ein „Lager im Lager“ eingerichtet, das als Isolationsbereich diente. Die Containerunterkünfte waren dicht an dicht aneinandergereiht. Der ein wenig bedrückende Eindruck wurde durch den Anblick des fast leeren Flurs bekräftigt. Jeder ging in seine Containerunterkunft und richtete sich so weit wie möglich ein. Das Gepäck befand sich irgendwo zwischen Bamako und Gao, da hieß es improvisieren, ein Umstand, den wir Soldatinnen und Soldaten aber gewohnt sind.


14 Tage Isolation bei extremer Hitze

Ein Hof mit rotem Sand, umgeben von Containern und Zelten. Mehrere Soldatinnen und Soldaten halten sich hier auf.

Der erste Abend im Camp: Zu diesem Zeitpunkt wussten die Soldatinnen und Soldaten noch nicht, wie sie die Isolation meistern

Bundeswehr/Gerrit Hohmann

Die Tage in Isolation wurden vom Kontingent für die erneute Einsatzvorbereitung genutzt. Die Teile des Kontingentes, mit denen ich mich in Isolation befand, fanden schnell zueinander. Teamgeist und Kameradschaft waren von der ersten Minute an prägende Faktoren. Tugenden, welche die Bundeswehr ausmachen, und zugleich einer der Gründe, aus denen ich zur Bundeswehr gegangen bin. Wir konnten uns über unsere Erfahrungen austauschen. So war es den einsatzerprobten Soldatinnen und Soldaten möglich, die anderen an ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen. Durch Online-Medien wusste man, was außerhalb des Camps passiert. Wie genau das mit der Versorgung innerhalb der isolierten Unterbringung funktioniert, wurde uns von außen „zugefunkt“.


Der Mensch lebt nicht vom Brot allein


Mehrere Soldaten in rumänischer Uniform tragen Essensbehälter, im Hintergrund Container

Die rumänischen Kameraden holen die Verpflegung ab

Bundeswehr/Gerrit Hohmann

Verpflegt wurden wir von einem indischen Team des vor Ort eingesetzten Caterers, das außerhalb des Isolationsbereiches in der zentralen Küche kochte. Das Essen wurde durch im Camp eingesetzte Soldatinnen und Soldaten in die Zeltschleuse gebracht. In dieser durfte sich stets nur eine Person aufhalten – entweder von außerhalb oder aus dem isolierten Bereich. Kommuniziert wurde auf Zuruf. So erfuhren wir, wann Essen, Wäsche und Marketenderware kam.

Durch Teambuilding und Vorbereitungen auf den Einsatz im Camp Gecko vergingen die Tage schneller als erwartet. Welche guten Seiten man einer solchen Isolation abgewinnen kann, erklärt der katholische Militärpfarrer, der mit mir bei der 1. Panzerdivision in Oldenburg seinen Dienst verrichtet: „Ein positiver Aspekt der Quarantäne war es, zu sich selbst zu finden. Entschleunigung. Mit der täglichen Andacht hatte ich die Chance, mit den unterschiedlichsten Soldatinnen und Soldaten zu reden, und habe festgestellt, dass die Frauen und Männer hoch motiviert sind.“


Weiter geht’s ins Camp Gecko nach Koulikoro

Zwei Militärfahrzeuge mit Anhänger, im Vordergrund Gruppen von Soldaten

Der Konvoy in das Camp Gecko

Bundeswehr/Gerrit Hohmann

Erneut sein Handgepäck zu schultern und das Marschgepäck im Schleusenzelt zu deponieren war eigenartig. Irgendwie war das, was mir zunächst sehr schwer vorkam, durch die internationale Kameradschaft viel einfacher als gedacht. Alle zogen an einem Strang, um die Isolation in der Wüstenhitze Malis zu überstehen. Ich finde, es ist uns hervorragend gelungen.

Diese positiven Erfahrungen, die ich nun im Camp Gecko Revue passieren lasse, sind etwas Besonderes und ich freue mich darauf, die verbleibende Einsatzzeit mit diesem Team zu verbringen. Denn auch wenn wir momentan ein stark reduziertes Kontingent sind, muss uns bewusst sein, wie wichtig unsere Anwesenheit für den malischen Staat ist. Egal, welcher Nation wir hier bei EUTMEuropean Union Training Mission angehören: Wir sind ein Team mit dem gemeinsamen Ziel, zu unterstützen.  


von Gerrit  Hohmann

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