Interview: Als Interkultureller Einsatzberater bei EUTMEuropean Union Training Mission Mali

Interview: Als Interkultureller Einsatzberater bei EUTMEuropean Union Training Mission Mali

Datum:
Ort:
Koulikoro
Lesedauer:
0 MIN

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Im Dienst in Deutschland eher weniger bekannt, im Einsatz eine wichtige Säule des Kontingents und direkt dem Kommandeur unterstellt: Interkulturelle Einsatzberater, kurz IEBInterkultureller Einsatzberater. Einer von ihnen ist Hauptmann Marco L. Derzeit ist er eingesetzt als IEBInterkultureller Einsatzberater bei der EUTMEuropean Union Training Mission in Mali. Über seinen Auftrag, seine Motivation und über seine Erfahrungen mit der malischen Kultur spricht er im Interview.

5 Fragen an Hauptmann Marco L.*

Simon Höpfl

Herr Hauptmann, die grundlegende Frage gleich zu Beginn: Was macht ein Interkultureller Einsatzberater, was sind dessen Aufgaben?

Die Interkulturelle Einsatzberatung ist eine Art Brücke zwischen den Kulturen: man fungiert als Vermittler zwischen der Bevölkerung und dem deutschen Kontingent. Dafür halte ich Kontakt zu ganz unterschiedlichen Vertretern innerhalb der malischen Gesellschaft. Das können Repräsentanten von religiösen Vereinigungen, oder der Chef eines Dorfes sein. Allgemein kann man von Multiplikatoren sprechen, also Menschen, die Ansehen in der Gesellschaft genießen. Ziel dieses Ansatzes ist es, ein tieferes Verständnis für die kulturellen Besonderheiten der sehr heterogenen Gesellschaft zu bekommen und zu verstehen wie wir als deutsches Kontingent wahrgenommen werden. Auf der Basis dieses Wissens können wir die Kontingentführung beraten und helfen die täglichen Ergebnisse aus einer malischen Perspektive zu erklären.

Weiterhin können wir die deutschen Soldatinnen und Soldaten, die einen täglichen Umgang mit Maliern pflegen unterstützen und sie beraten, mit dem Ziel durch Verständnis für die malische Kultur Konfliktpotenzial zu reduzieren.

Simon Höpfl

Um diesen Auftrag fachgerecht durchführen zu können, bedarf es sicherlich einer Menge an Fachexpertise. Was muss man können, um IEBInterkultureller Einsatzberater zu werden? Gibt es spezielle Vorbereitungskurse?

Da wir hier mit vielen unterschiedlichen Ethnien und religiösen Würdenträgern und sonstigen wichtigen Gruppen das Gespräch suchen, ist es natürlich wichtig zu wissen, welche unterschiedlichen Gruppierungen im Einsatzland und welche Konfliktlinien es zwischen diesen gibt. Kulturverständnis für das jeweilige Land ist daher die grundlegendste Voraussetzung. Viele Interkulturelle Einsatzberater kommen aus dem Zivilen. Es gibt viele Quereinsteiger, die als Schlüsselkompetenz zum Beispiel ein Studium der Islamwissenschaften oder Religionswissenschaften mitbringen und dann auch wissen, welche alltäglichen Regelungen es im Leben eines Moslems gibt. Auch ein gewisses Maß an Kulturkompetenz, durch beispielsweise frühere Auslandsreisen, ist sicherlich wichtig. Die Kontakte zur Bundeswehr können vielfältig entstehen, beispielsweise durch vorherige Engagements bei Entwicklungsbanken oder Nichtregierungsorganisationen (NGOsNon-governmental organization).

Bei mir entstand der Kontakt zum Zeitpunkt meiner Masterarbeit, für die ich zu Recherchezwecken mit einem Karrierecenter gearbeitet habe, die gleich erkannt haben, dass mein Profil zum IEBInterkultureller Einsatzberater passt und die direkt den weiteren Vorgang eingeleitet haben. Wenn dann alles passt, wird man zum Verwendungslehrgang eingeladen. Hat man diesen bestanden, folgt noch die militärische Einsatzvorbereitung.

Simon Höpfl

Wenn man die Ausbildung dann durchlaufen hat, geht es irgendwann in den Einsatz. In Ihrem Falle hier nach Koulikoro. Wo liegt der Schwerpunkt der Arbeit hier bei der EUTMEuropean Union Training Mission?

Bis vor kurzem lag der Schwerpunkt auf den Kontakten in Koulikoro, weil uns natürlich die Wahrnehmung der lokalen Bevölkerung sehr stark interessiert. Mittlerweile nehmen wir auch Kontakte in Bamako wahr, da viele Personen in Bamako leben die einen Einfluss auf die Lage in Koulikoro haben. Man versteht oft erst, was in unserem direkten Umfeld passiert, wenn man mit etwas räumlichen Abstand die Lage betrachtet und mit Menschen spricht, die ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit uns teilen.

Simon Höpfl

Wie gestalten sich derartige Gesprächsrunden? Werden sie mit offenen Armen oder eher mit einer gewissen Skepsis empfangen? Macht man sich Gedanken um mögliche Gefahren?

Wie Gesprächsrunden ablaufen, hängt oft stark von der Gewichtigkeit der Person ab. Man hat Kontakte, die in der Hierarchie enorm weit oben sind und die sich dementsprechend auch verhalten, beispielsweise indem sie uns warten lassen. Auf der anderen Seite hat man Kontakte, die uns mit einer Delegation empfangen. In der Regel wird man positiv aufgenommen. Gerade bei Kontakten, die wir regelmäßig treffen, gibt es zudem meistens etwas zu Essen. Die Leute nehmen sich Zeit für das gemeinsame Gespräch. Die Absprachen vor Ort werden durch einen Sprachmittler übersetzt. Ablauforganisation und taktische Führung übernimmt der IEBInterkultureller Einsatzberater-Feldwebel. Mein Part ist die fachliche Führung des Gesprächs. Man bewegt sich ziemlich lange in einem formellen Austausch, je nach Kontakt länger oder kürzer. Gerade gegenüber Älteren ist es schon so, dass man in den ersten fünf bis zehn Minuten mit Höflichkeitsfloskeln, die einfach notwendig sind, beschäftigt ist.

Man drückt immer wieder seinen Respekt aus und findet langsam ins Gespräch und spricht nicht allzu schnell irgendwelche sensiblen Themen an. Sicherheitsbedenken oder Angst habe ich persönlich dabei noch nicht gehabt. Im Gegenteil, die Leute, mit denen wir reden, sorgen für unseren Schutz. Trotz all dem Elend, dass man teilweise in den Städten sieht, begegnet einem bislang immer Freundlichkeit.

Simon Höpfl

Haben sie sich ein Ziel für ihren Einsatzzeitraum vorgenommen?

Mein Ziel ist es, ein gutes, solides und stabiles Netzwerk zu schaffen, mit Ansprechpartnern, die valide Informationen vermitteln, aber auch interessante Blickwinkel und Sichtweisen auf die Situation vor Ort teilen. Es ist meine Absicht, als deutscher Repräsentant den Leuten mit diesem Netzwerk zu helfen unsere Botschaft und unsere Arbeit hier im Land zu erklären, ihnen unsere Botschaften zu vermitteln. Insgesamt arbeite ich – einfach gesagt – am guten Ruf des deutschen Kontingentes.

*Name zum Schutz des Soldaten geändert.

von Simon Höpfl

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