Blut und EKGElektrokardiogramm: Ein Tag mit der Ärztin bei EUTMEuropean Union Training Mission Mali
Blut und EKGElektrokardiogramm: Ein Tag mit der Ärztin bei EUTMEuropean Union Training Mission Mali
- Datum:
- Ort:
- Koulikoro
- Lesedauer:
- 4 MIN
Wie werden die Soldatinnen und Soldaten der EUTMEuropean Union Training Mission in Mali eigentlich ärztlich versorgt? Wer kümmert sich um sie? Um diese Fragen zu beantworten habe ich, Hauptmann Markus Bayer, die Leitende Sanitätsoffizierin in Koulikoro, Oberstabsarzt Christina E., einen Tag lang in Mali begleitet.
Es ist Mittwochmorgen, 7 Uhr im Koulikoro Training Center (KTCKoulikoro Training Center). Oberstabsarzt Christina E., auch liebevoll „OSA“ genannt, und ich haben uns verabredet. Ich werde sie heute den gesamten Tag begleiten. Für uns rund 80 Soldatinnen und Soldaten in Koulikoro in Mali ist Mittwoch Corona-Testtag. „Wir haben 100 Prozent Impfschutz gegen COVID-19Coronavirus Disease 2019 im deutschen Einsatzkontingent“, berichtet die Leitende Sanitätsoffizierin zufrieden. Trotzdem testen die Ärztin und ihr Team jeden Kontingentangehörigen wöchentlich auf COVID-19Coronavirus Disease 2019, um auf einen potenziellen Ausbruch frühzeitig reagieren zu können. Für die Soldatinnen und Soldaten im Camp sowie das dreiköpfige Sanitätsteam ist dies inzwischen Routine. Nach rund 30 Minuten ist das Kontingent durchgetestet. Die Meldung an den Chef der Unterstützungskompanie und an den Kontingentführer erfolgt nur wenige Minuten später.
„Wir hatten seit mehreren Monaten keinen positiven Fall mehr“, berichtet die Ärztin. Die Impfungen und das Hygienekonzept haben sich in der EUTMEuropean Union Training Mission bewährt. Auch wenn die Entscheidung über das Hygienekonzept schlussendlich der Kontingentführer getroffen hat, war die Zuarbeit und Beratung der Leitenden Sanitätsoffizierin unentbehrlich. Schließlich ist sie nicht nur für die sanitätsdienstliche Versorgung der Soldatinnen und Soldaten zuständig, sondern auch erste Beraterin des Kontingentführers bei allen sanitätsdienstlichen Fragestellungen.
Stress und Hitze – Kreislaufkollaps vorprogrammiert
Für die Soldatinnen und Soldaten ist die Sanitätsoffizierin nicht nur erste Ansprechpartnerin bei Wehwehchen aller Art, sondern auch bei größeren physischen oder psychischen Problemen. Nach rund sechs Jahren Studium, anschließender ärztlicher Tätigkeit in der Psychiatrie sowie der Weiterbildung zur Notärztin ist sie für die besonderen Belastungen im Auslandseinsatz sehr gut geeignet.
Auch ich mache heute die Erfahrung, dass die Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgradgruppen gerne zu ihr kommen. Glücklicherweise sind die Fälle meist nicht lebensbedrohlich. „Die meisten Fälle, die bei mir landen, sind zum Glück nur der eingewachsene Zehennagel, Kreislaufprobleme oder Magen-Darm-Verstimmungen“, bestätigt mir unsere Ärztin. Doch auch die müssen behandelt werden, schließlich kann zum Beispiel ein unbehandelter Durchfall aufgrund des Flüssigkeitsverlustes und Mineralstoffmangels nach einigen Tagen durchaus lebensbedrohlich werden.
Heute kommt unter anderem ein Soldat mit Kreislaufproblemen zu ihr. Für sie nichts Ungewöhnliches. „Bei Stress und auch bei Hitze kann der Kreislauf manchmal Probleme machen“, erklärt Oberstabsarzt Christina E. Sie vermutet, dass der Soldat zu wenig getrunken hat und legt ihm routiniert eine Infusion.
Erste-Hilfe-Ausbildung
Nach dem Mittagessen steht für uns Sanitätsausbildung auf dem Dienstplan. Grundsätzlich sind die Soldatinnen und Soldaten mindestens als Einsatzersthelfer A ausgebildet, wenn sie in den Einsatz geschickt werden. Dennoch hat unsere OSA mehrere Fortbildungstermine für die Kontingentangehörigen angesetzt, denn Übung macht bekanntlich den Meister. Heute sollen alle die taktische Verwundetenversorgung und insbesondere das cABCDE Schema in drei Stationen wiederholen – dies ist elementar für eine effektive Erstversorgung am Unglücksort. Die Teilnehmenden sind sehr motiviert und die Ausbildung läuft gut.
Am Ende konfrontiert Oberstabsarzt Christina E. die Soldatinnen und Soldaten mit der größtmöglichen Herausforderung: ein Massenanfall an Verwundeten. Zwölf Soldaten müssen sechs Verletzte versorgen und sie anschließend am Verwundetensammelnest an die Ärztin und ihr Team übergeben. Ein Szenario, das die Soldatinnen und Soldaten an ihre Grenzen führt, aber gleichzeitig das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sowie das Material in der persönlichen Sanitätstasche stärken soll.
„Die Ausbildung war wirklich erschreckend realitätsnah sowie professionell durchgeführt. Die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit haben uns zwar an die Belastungsgrenzen geführt, es hat jedoch jeder etwas gelernt und es hat zudem noch Spaß gemacht“, stellt Kapitänleutnant Enzo P. fest. Er war nicht nur als Ausbildungsteilnehmer gefordert, sondern musste im letzten Szenario auch als Schwerstverletzter und Beispiel einer möglichen Folgeversorgung durch die Ärztin dienen.
Ein erfolgreicher Tag geht zu Ende
Nach der Corona-Testung aller deutschen Kontingentangehörigen aus Koulikoro, Patienten mit Kreislaufproblemen und mehrstündiger Ersthelferausbildung steht für uns nach zwölf Stunden Arbeit der Tagesabschluss an. Ich habe heute viel Neues gelernt. Das cABCDE Schema war mir noch grob bekannt, allerdings trage ich mich vorsichtshalber doch noch in die Wiederholungsausbildung in der Folgewoche ein. Schließlich möchte ich nicht das schwache Glied in einer möglichen Rettungskette sein. Zum Ende des Tages muss ich zugeben, dass ich unterschätzt hatte, wie vielfältig das Aufgabengebiet unserer OSA ist – vielfältig und lebensentscheidend. Schließlich muss bei ihr im Notfall jeder Handgriff sitzen.