Wo monatlich 60.000 Mahlzeiten zubereitet werden
Wo monatlich 60.000 Mahlzeiten zubereitet werden
- Datum:
- Ort:
- Zamość
- Lesedauer:
- 4 MIN
Zunächst sollte das deutsche Küchenteam in der polnischen Großküche unterstützen. Doch dann wurde ganz schnell mehr daraus. Die polnisch-deutsche Küchencrew ist mittlerweile zu einem großen Ganzen zusammengewachsen. Inzwischen wechselt sogar die Küchenführung wöchentlich zwischen der polnischen Küchenchefin und Stabsfeldwebel Michael R.
„Die Zusammenarbeit ist so gut, dass wir sogar ein eigenes Büro bekommen haben“, beginnt Verpflegungsfeldwebel Michael R. sofort begeistert zu erzählen. Gemeinsam mit der polnischen Küchenchefin sowie weiteren 19 Fachleuten sorgt er täglich für das leibliche Wohl im polnischen und deutschen Speisesaal. Das Team besteht aus Verpflegungsunteroffizieren und Mannschaftsdienstgraden . Sie nennen sich selbst „Verpfleger“ und haben verschiedene Berufsausbildungen im klassischen Lebensmittelhandwerk durchlaufen, beispielsweise eine Koch- oder Bäckerlehre.
Auf deutscher Seite sind sie ein reines Männerteam. Alle Küchenkräfte kochen gemeinsam in einer Küche das gleiche Essen für die rund 320 deutschen Kontingentangehörigen und circa 300 weitere polnische Soldatinnen und Soldaten. In Spitzenzeiten sind es auf polnischer Seite schon mal 600 bis 700 Personen . Um mehr Platz zu schaffen, wurde ein ausgedienter Speisesaal reaktiviert.
Dimensionen der polnisch-deutschen Küche
„Das Gemüse kommt hier noch aus dem Sack. Jede Kartoffel, Zwiebel und Knoblauchzehe wird von Hand geschält“, berichtet der Küchenchef stolz. Er betont: „Das Kartoffelpüree wird hier mit Manneskraft gestampft.“ Die frische Zubereitung fordert die Verpfleger. Sie sind froh um ihre reichhaltigen Erfahrungen, welche die meisten von ihnen dank ihres Einsatzes in einer Truppenküche in Deutschland aufweisen können. Das schmecken die verköstigten Soldatinnen und Soldaten heraus.
„Unsere polnischen Verbündeten versuchen alles für uns möglich zu machen“, berichtet Michael R. „Sie sind sehr darauf bedacht, dass es uns gut geht.“ Durchschnittlich 60.000 Essen hat die Küchencrew in den Monaten Februar und März jeweils zubereitet. Diese Dimensionen sind schwer vorstellbar. Die Verpfleger erzählen fröhlich, dass es statt „Tüte aufreißen!“ eben „Zähne zusammenbeißen!“ heiße. Soll Rührei für die Einsatzkräfte zubereitet werden, müssen schon mal 1.200 Eier geöffnet und mit Zeit, Kraft sowie Ausdauer aufgeschlagen werden.
Hier wird alles frisch zubereitet
Gearbeitet wird auf deutscher Seite zwischen 4 und 21 Uhr in drei Schichten. Die Soldaten sind normalerweise 12 Stunden am Tag im Einsatz. Zeitlich versetzt und nach Bedarf beginnen sie um 4 Uhr, 5.30 Uhr, 9 Uhr beziehungsweise um 11 Uhr ihren Küchendienst. Täglich findet um 13.30 Uhr vor der Arbeitstafel – mit Schicht- und Essensplänen – eine umfangreiche Besprechung mit allen Küchenkräften auf Polnisch, Deutsch und Englisch statt.
„Die deutschen und polnischen Teammitglieder mussten sich erst einmal aneinander gewöhnen. Aber wenn du mit offenem Herzen unterwegs bist, wird das super“, sagt Michael R. ein wenig stolz. Toleranz und Feinfühligkeit seien wichtig. „Bist du engstirnig, lassen dich die polnischen Küchenkräfte im Stich“, ergänzt der engagierte Verpflegungsfeldwebel und schreibt weiter an seinen Essensplänen. Für eine bessere Verständigung hat er etwas Polnisch gelernt und oft kommen die Sprachmittler zum Einsatz. Daneben nutzen sie Übersetzungs-Apps für die Verständigung.
Vorausschauende Planung ist dringend notwendig
Eine polnische Küchenbuchhalterin ist für den gesamten Lebensmitteleinkauf verantwortlich. Sie bestellt Waren, die nach der Lieferung in ein großes Magazin oder in Kühlräumen verstaut werden. Ähnlich wie in Deutschland arbeitet sie dafür mit einem Warenwirtschaftsprogramm. Täglich aktualisiert sie es. Im Prinzip funktioniert das wie bei Online-Rezeptplattformen. Die Fachfrau gibt die Rezepte der Köche und die Portionenanzahl ein. Das Programm rechnet genau aus, was benötigt wird. Die Lebensmittel werden an unterschiedlichen Tagen in der Woche angeliefert.
Polnisch-deutsche Freundschaft in der Küche
Was war die größte Herausforderung hier vor Ort? Michael R. berichtet: „Für mich war es am schwierigsten, die deutsch-polnischen Emotionen und Gewohnheiten aufeinander abzustimmen, um schnell ein effizientes Team zu formen. Mittlerweile haben wir unsere eigene Küchensprache kreiert, mit der alle zurechtkommen.“ Die Küche ist sehr groß. In Spitzenzeiten sind zeitgleich 3.000 Essen vorbereitet und gekocht worden. „Anfangs bin ich hier 20.000 Schritte am Tag gelaufen.“
Michael R. ist es enorm wichtig, dass möglichst alle mit dem Essen zufrieden sind. Dafür legt sich die gesamte polnisch-deutsche Küchencrew ordentlich ins Zeug. Es verwundert nicht, dass der Stabsfeldwebel betont: „Die schönste Anerkennung für die geleistete Küchenarbeit sind zufriedene Gesichter und ein kurzer Smalltalk an der Essensausgabe.“ Er ergänzt: „Ich weiß, dass hier einiges anders ist. Nicht alles lässt sich an deutsche Gewohnheiten anpassen.“ Kaum ausgesprochen, hallen die Worte „Proszę chodź, chodź Mike!“ (Kannst du bitte kommen, Mike!) über den Flur – und der Küchenchef eilt davon.