Innovation in Afghanistan: Ersatzteile per 3D-Drucker
Innovation in Afghanistan: Ersatzteile per 3D-Drucker
- Datum:
- Ort:
- Masar-i Scharif
- Lesedauer:
- 2 MIN
Der afghanische Sommer beginnt gerade erst in Masar-i Scharif. Die Durchschnittstemperaturen gehen in Richtung 40-Grad-Marke: Das bedeutet extreme Belastungen für Mensch und Material. Da die Ausrüstung durch Hitze und Staub schnell verschleißt, schafft ein 3D-Drucker vor Ort Abhilfe. Auf diese Weise können die Soldatinnen und Soldaten schnell, unbürokratisch und kostengünstig ausgewählte Kleinteile selbst herstellen.
Ein gut funktionierender Nachschub bildet die Grundlage für erfolgreiche militärische Operationen, eine simple, aber vielfach belegte Wahrheit. Das hat zur Folge, dass die Bundeswehr in Masar-i Scharif technisch voll und ganz auf Höhe der Zeit arbeitet. Das unter deutscher Führung stehende Support-Bataillon betreibt dort ein Pilotprojekt: der erste 3D-Drucker der Bundeswehr im Einsatz. Er steht unter der fachlichen Führung des Wehrwissenschaftlichen Institutes für Werk- und Betriebsstoffe in Erding. Die im hohen Norden Afghanistans stationierte Truppe verfügt somit über eine effektive und flexible Quelle für die kurzfristige Bereitstellung von Kleinteilen.
Kreative Lösungen in einem fordernden Umfeld
Stabsunteroffizier Nils K. ist für den Betrieb des Druckers zuständig. Das rund 600 Kilogramm schwere und in einem speziellen Container untergebrachte Gerät ist in der Lage, selbst entworfene Druckerzeugnisse in verschiedenen Farben herzustellen. „Mir gefällt besonders das kreative Arbeiten mit dem Drucker“, berichtet Nils K. Begonnen wird oftmals mit einfachen Konzeptskizzen auf Papier. Diese werden dann in eine Konstruktionssoftware eingearbeitet. Nach wenigen Probedrucken entsteht auf diese Weise ein zumeist fertiges und direkt nutzbares Produkt.
„Ich habe mit dem Drucker quasi eine maßgeschneiderte Lösung auf Wunsch eines Sanitäters entwickelt: eine schnell griffbereite und bruchsichere Ampullenbox“, erzählt Nils K. stolz. „Ein echter Beitrag, um im Notfall besser helfen zu können.“ Insbesondere klassische Verschleißteile wie Schutzkappen und Hüllen lassen sich mit dem 3D-Drucker passgenau nachdrucken. Ebenfalls können Bauteile hergestellt werden, die den Dienstalltag der Soldatinnen und Soldaten erleichtern. Nils K. hat zum Beispiel eine für die Diensthandys passgenaue Halterung für Fahrzeuge entworfen. Sogar durch COVID-19Coronavirus Disease 2019 bedingte Lieferengpässe konnten mit dem Drucker schnell überbrückt werden: Während der weltweiten Knappheit von Schutzmasken druckte man in Masar-i-Scharif die Kopfteile von Behandlungsmasken für Zahnärzte einfach selbst.
Grenzen setzt nur die Physik
Natürlich gibt es Bereiche, in denen auch der Drucker den klassischen Nachschubweg nicht ersetzen kann: Waffenteile oder tragende Elemente können aufgrund der aktuell gültigen Sicherheitsbestimmungen nicht selbst produziert werden. Nils K. erkennt hierin aber deutliches Potenzial: „Das Drucken von Leichtmetallen ist mittlerweile technisch ebenfalls möglich. Nach unseren enorm positiven Erfahrungen mit dem Druck von Hartplastikprodukten wäre das Herstellen von Ersatzteilen aus Metall der für mich nächste logische Schritt.“ Zwei weitere Vorteile stehen dabei ebenso im Fokus: Kosteneffizienz und Zeitersparnis.
Geringe Kosten, zahlreiche Vorteile
Jedes vor Ort produzierte Ersatzteil spart letztendlich Kosten. „Selbstverständlich ist ein Druck vor Ort immer günstiger als der Lufttransport aus Deutschland und auch die Zeitersparnis wäre enorm. Mit dem Drucker benötige ich selten mehr als ein paar Stunden“, erklärt Nils K. Ebenso kann selbst die beste Einsatzgrundausstattung nicht alle Facetten von Praxis und Alltag in den Einsatzgebieten abbilden. Der 3D-Drucker bietet der Bundeswehr im Einsatz deshalb in ausgewählten Bereichen eine äußerst sinnvolle Möglichkeit, individuell und flexibel handeln zu können.