Trendradar 2021

Die Bundeswehr in der öffentlichen Wahrnehmung

Die Bundeswehr in der öffentlichen Wahrnehmung

Datum:
Ort:
Potsdam

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Meinungen wissenschaftlich darzustellen, erscheint auf den ersten Blick ein Fehler in sich selbst zu sein. Vor allem dann, wenn es um ein Meinungsbild geht zu einer so vielseitig betrachteten Institution wie der Bundeswehr. 

Radio Andernach hat mit jemandem gesprochen, der genau das kann: Dr. Timo Graf, er ist Sozialwissenschaftler am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Im Trendradar 2021 des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr hat er sich mit der öffentlichen Meinung zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik in der Bundesrepublik Deutschland in den Jahren 2010 bis 2020 beschäftigt. Weiterführend hat er unter anderem auch zur Einstellung der Deutschen zum Afghanistan-Einsatz geforscht.

4 Fragen an Dr. Timo Graf

Sozialwisschenschaftler

Portrait Dr. Timo Graf
Timo Graf
Radio Andernach

Was kann man sich unter dem "Trendradar" vorstellen?

Portrait Dr. Timo Graf

Das Trendradar ist ein neu etablierter Forschungsbericht des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, dessen erste Fassung von mir erstellt wurde. Der Forschungsbericht soll aber fortan jährlich veröffentlicht werden und basiert auf den jährlichen Bevölkerungsbefragungen des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr. Er untersucht die Entwicklung der öffentlichen Meinung zur Bundeswehr und auch zur deutschen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik in den letzten zehn Jahren. Es handelt sich dabei um eine Langzeitbeobachtung des verteidigungspolitischen Bildes. Dabei schauen wir uns immer ausgewählte Indikatoren an. Beispielsweise wird sowohl das öffentliche Ansehen der Bundeswehr betrachtet als auch die außenpolitischen Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger. Ein wichtiger Aspekt, ist auch die Einstellung der Öffentlichkeit zu den Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

Radio Andernach

Anhand dieser Langzeitbeobachtung werden dann bestimmte Trends abgeleitet. Was wären denn aus Ihrer Sicht die wichtigsten zwei?

Portrait Dr. Timo Graf

Der erste wichtige Aspekt ist immer eine positive Grundhaltung der Öffentlichkeit zur Bundeswehr. Der zweite wichtige Aspekt ist, dass eine solide Mehrheit der Bevölkerung, die Bundeswehr als Mittel der Außen- und Sicherheitspolitik sieht und insbesondere Ausbildungs- und Stabilisierungsmissionen akzeptiert und zustimmt. Eine Abneigung gegenüber den Streitkräften lässt sich in diesem Punkt überhaupt nicht erkennen. Lediglich Kampfeinsätze sehen die Befragten kritischer.

Radio Andernach

Die Wahrnehmung des erst kürzlich beendeten Afghanistan-Einsatzes wurde auch erforscht. Welche Einstellung hatte die Öffentlichkeit zu diesem Einsatz?

Portrait Dr. Timo Graf

Zunächst muss unterschieden werden zwischen dem Stabilisierungseinsatz ISAFInternational Security Assistance Force und der Ausbildungsmission Resolute Support ab 2015, das waren zwei verschiedene Auslandseinsätze in Afghanistan. Die Grundhaltung zum Einsatz insgesamt war immer ambivalent, mal positiver und mal kritischer. Kritischer betrachtet wurden der Beginn der Gefechte oder eine zunehmend schlechter werdende Sicherheitslage. Auch das Mandat der jeweiligen Einsätze hat dabei eine Rolle gespielt. Die Grundhaltung zur Ausbildungsmission Resolute Support war immer etwas positiver als zu ISAFInternational Security Assistance Force. Ein wichtiger Punkt ist, dass unter Resolute Support keine deutschen Gefallenen zu beklagen waren.

Radio Andernach

In der Politik fällt öfter der Begriff des „freundlichen Desinteresses“, das die Öffentlichkeit der Bundeswehr angeblich entgegenbringt. Wie bewerten Sie diese Einschätzung?

Portrait Dr. Timo Graf

Sie ist viel zu pauschal und unreflektiert. Die Befragungsdaten zeigen, dass das Faktenwissen eher gering ist. Dieses objektive Wissen über den Einsatz wurde 2010 ganz dezidiert erfragt. Es war aber nicht sehr viel geringer als in anderen Politikbereichen. Der Normalbürger weiß also im Zweifel über spezifische Aspekte der Sozial- oder Finanzpolitik auch nicht mehr oder weniger als über die Auslandseinsätze der Bundeswehr als Detailfrage der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Ein erhellender Befund: Der Stabilisierungs- und Kampfeinsatz ISAFInternational Security Assistance Force war im Zeitraum von 2006 bis 2014 der bekannteste Auslandseinsatz der Bundeswehr in der Bevölkerung, wie aus entsprechenden Daten hervorgeht. Gerade Afghanistan eignet sich nicht als Beispiel für ein „freundliches Desinteresse“ der Bundeswehr.

(Anmerkung der Redaktion: Der Text wurde zur besseren Lesbarkeit bearbeitet.)

Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften in Potsdam bietet neben dem Trendradar auch viele weitere interessante Publikationen. Diese sind zum Teil kostenlos zum Download verfügbar und sprechen unterschiedlichste Zielgruppen an. Hier lohnt sich auf jeden Fall auch ein Blick auf die Webseite des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr.

Weiterführende Informationen finden Sie auch in der IF - Zeitschrift Innere Führung. Als Stammautor hat Dr. Timo Graf beispielsweise in den Ausgaben 4/21 und 1/22 zur öffentlichen Meinung über das Afghanistan-Engagement der Bundeswehr geschrieben.

von Maren Bestehorn  E-Mail schreiben

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