Von Pappenheimern und Spießgesellen. Verstehen Sie etwa nur Bahnhof?
Von Pappenheimern und Spießgesellen. Verstehen Sie etwa nur Bahnhof?
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Sie möchten am liebsten die Flinte ins Korn werfen, weil Sie wieder einmal nur Bahnhof verstehen? - Bleiben Sie heute lieber bei der Stange und geben Sie sich nicht gleich geschlagen! Solche und ähnliche Redewendungen begegnen uns in unserem Alltag zuhauf. Hier einige verblüffende Fundstücke im Blickpunkt unseres scharfen Spekuliereisens!
Vom Kasernenhof in den allgemeinen Sprachschatz: Militärische Begriffe und Redensarten
Ob man dem antiken griechischen Philosophen Heraklit heute noch zustimmen muss, wenn er vom Krieg als Vater aller Dinge spricht, soll ein jeder für sich beantworten. Kein Zweifel besteht allerdings darüber, dass das Militär seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte in selbiger seine tiefen Spuren hinterlassen hat. Deutlich werden diese bei näherer Betrachtung vor allem auch in der jeweiligen Sprache einer Kultur. Selbst größte Antimilitaristen und glühendste Pazifisten verwenden - vermutlich unwissentlich - tagtäglich Begriffe und Phrasen, die soldatischen Ursprungs sind. Denn während einige davon ihre etymologische, also sprachgeschichtliche, Herkunft offen erkennen lassen, liegt er bei einer Vielzahl anderer wiederum sehr im Verborgenen.
Etwas Licht in dieses Dunkel soll nun diese Serie bringen!
Spuren von Soldatensprache - für viele unter dem Radar
„Was zum Henker führst Du denn hier im Schilde?“ möchte man den Sohnemann nur allzu nachdrücklich fragen, wenn dieser mal wieder in der Nase popelt. Und jener würde sich jetzt natürlich am liebsten unbemerkt aus dem Staub machen. Oder hoffen, dass Mama mal wieder für ihn in die Bresche springt. Oder, noch besser: versucht, den Spieß umzudrehen. Ja, es sind bekanntlich nicht selten schwere Geschütze, die in der Hitze und im Eifer familiärer Gefechte aufgefahren werden. Doch Eltern wissen: Es lohnt sich, dem Nachwuchs gelegentlich ordentlich den Marsch zu blasen, wenn er nicht nach der elterlichen Pfeife tanzt! Dass ein Popel im Mittelalter eigentlich eine völlig andere – nicht selten übrigens: überlebenswichtige! – Bedeutung hatte, eine Reklamierung im Ersten Weltkrieg etwas mit der Freistellung vom Kriegsdienst zu tun hatte und der Spießgeselle auch früher schon nicht der Hilfsknecht des Kompaniefeldwebels gewesen ist, erfahren Sie hier:
08/15. Null Ahnung, acht Stunden Dienst und Besoldung A15…?
… das ist schon eine ziemlich bitter-böse Spitze, die den – Achtung: Klischee! – amtsschimmeligen Stabsoffizier sarkastisch ins Visier nimmt, wenn dieser mal wieder berechenbar und farblos Dienst nach Vorschrift verrichtet. Meist verwenden wir die Bezeichnung 08/15 dann, wenn wir zum Ausdruck bringen möchten, dass etwas (maximal) dem Standard entspricht, also über keine besonderen Alleinstellungsmerkmale verfügt, die es aus der Masse hervorhebt und uns deswegen als unspektakulär und gerne auch als etwas langweilig gilt. Ursprünglich die Typenbezeichnung für das deutsche Standardmaschinengewehr im Ersten Weltkrieg, das 1908 eingeführt und 1915 modernisiert wurde, hat sich bis heute die Bedeutung insofern gewandelt, dass 08/15 tendenziell - wenn auch leicht - abwertend verwendet wird.
Deutlich positiver gefärbt sind hingegen die beiden Redensarten von der Pike auf sowie auf Vordermann bringen. Was es mit deren Herkunft auf sich hat und warum bei der Truppe ein Aal nicht immer zwingend im Wasser zu finden sein muss, hören Sie hier:
An der Begriffsfront werden schwere Geschütze aufgefahren
Fronten gibt es viele, nicht nur solche im Krieg. Gewitterfronten werden in der Wettervorhersage angekündigt, Häuserfronten prägen Stadt- und Gebirgsfronten ganze Landschaftsbilder. Ebenso sprechen wir mittlerweile von Schlachten nicht nur im Rahmen von militärischen Konflikten – im Fernsehen jagt so eine Küchenschlacht die nächste, in zahlreichen Schlammschlachten wird tagtäglich massig schmutzige Wäsche gewaschen und nach dem Kindergeburtstag gleicht die eigene Wohnung regelmäßig einem wahren Schlachtfeld. Der Alltag ist voll von soldatischen Sprachprägungen. Weitere Fundstücke:
Achtung: Vermintes Gelände lauert auch im Sprachgebrauch
Wer gedankenlos von Pimpfen, Achse oder Anschluss spricht, dem kann es passieren, dass das Gegenüber unter Umständen wahlweise gar nicht, mit langsam entgleisenden Gesichtszügen oder spürbarer Entrüstung reagiert. Das ist nämlich das Kreuz mit der Kommunikation: nicht der Sender, sondern der Empfänger entscheidet ganz maßgeblich darüber, wie er eine Botschaft versteht - oder verstehen will. Und einige scheinbar unverfängliche Begriffe sind eben, obwohl sie sprachgeschichtlich eindeutig viel älter sind, unter dem Nationalsozialismus gezielt verfremdet, in ihrer ursprünglichen Bedeutung verschoben und in einem konkreten historischen Zusammenhängen verwendet worden. Meist, um bestimmte Personengruppen abzuwerten oder um Dinge, die man vor der Öffentlichkeit nicht so klar benennen wollte, geschickt zu verschleiern oder zu verharmlosen. Ein Beispiel:
Ein Ende mit Pauken und Trompeten
Militär und Musik – das war und ist von Beginn an eine untrennbare Verbindung. Früher sogar eine noch deutlich engere als heute. Marschmusik als Taktgeber für Paraden, soldatisches Liedgut, um den Corpsgeist und die Zugehörigkeit zum eigenen Verband zu stärken, sowie klingendes Spiel, wenn die Truppen mit der Bevölkerung den Auszug aus ihren Garnisonen in die Schlacht ankündigten. So war der Tambourmajor in seiner bunten Uniform – modern gesprochen – ein absoluter Star am Standort. Auch die Pappenheimer – Sie kennen Ihre eigenen ja ganz bestimmt - werden früher wohl auch ihren Regimentsmarsch oder zumindest Vergleichbares gehabt haben, wenn sie im Dreißigjährigen Krieg von Landstrich zu Landstrich, von Feldlager zu Feldlager, von Schlacht zu Schlacht zogen, um nicht immer nur Gutes im Schilde zu führen. Aber auch mit Pauken und Trompeten? Wie werden sehen: