Ein PTBS-erkrankter Soldat hält sich sitzend die Hände vor sein Gesicht

Trauma und PTBSPosttraumatische Belastungsstörung

Trauma: Wenn der Einsatz Folgen hat

Ein Einsatz bringt Ereignisse und Erfahrungen mit sich, die lebensprägend sind. Auf die neuen Lebensumstände einlassen, fremde Kulturen unmittelbar erleben, sich Bedrohungssituationen oder gar dem Kampf stellen – das alles sind Herausforderungen, die auf Körper und Psyche wirken. Sie zu bewältigen, erfüllt die Teilnehmenden mit Stolz und führt zu mentalem Wachstum. Die Kehrseite der Medaille ist jedoch, dass die Bewältigung so einschneidender Erfahrungen und mächtiger Eindrücke nicht jedem leichtfällt. Psychische Belastungen oder gar Erkrankungen wie ein Trauma oder eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBSPosttraumatische Belastungsstörung) können die Folgen sein.  

Die menschliche Seele ist gut darin, sich selbst zu heilen. In der Regel verarbeitet sie das Erlebte bereits im Einsatzland – spätestens aber nach der Rückkehr. Wenn dieser Schutzmechanismus nicht funktioniert, kann bei Soldatinnen und Soldaten und Zivilbeschäftigten ein Trauma mit PTBSPosttraumatische Belastungsstörung-Folge entstehen.

Was ist ein Trauma?

Als traumatisch erleben Menschen in der Regel Situationen von katastrophalem Ausmaß und lebensbedrohlichem Charakter. Dazu zählen der Anblick schweren Leids oder die Notwendigkeit, andere Menschen im Einsatz zu verletzen oder zu töten. Im Falle eines Traumas wirkt das Erlebte so stark nach, dass wesentliche seelische Grundlagen und Grundannahmen erschüttert werden. Dazu gehört beispielsweise die Vorstellung, grundsätzlich in einer gerechten Welt zu leben, die vorhersagbaren Regeln folgt. 

Der Prozess der innerlichen Erholung, der normalerweise in den Wochen nach einem schlimmen Erlebnis erfolgt, setzt bei einem Trauma nicht ein. Stattdessen kämpft das Gehirn mit einer anhaltenden körperlichen Übererregung. Die Erinnerung drängt sich ungewollt immer wieder auf, in Form von Alpträumen oder Bildern und Sequenzen, den sogenannten Flashbacks. Die oder der Traumatisierte versucht das Wiedererleben mit allen Mitteln und mentaler Kraft zu verhindern. Gedanken, Gefühle oder Gespräche, die das Trauma zum Thema haben, meidet er ebenso wie Tätigkeiten, Orte oder Menschen. Eine Verarbeitung ist dadurch nicht möglich. Kontrollverluste in Form von Gefühlsüberflutungen wechseln mit Phasen des Rückzugs und emotionaler Taubheit.   

Erste Schritte zur Hilfe bei Trauma und PTBSPosttraumatische Belastungsstörung 

Viele Betroffene behalten nach Auslandseinsätzen ihre Erinnerungen und die damit verbundenen Belastungen für sich. Sie reden oft über Jahre, weder im Kameraden- oder Kollegenkreis noch im privaten Umfeld, über ihr Trauma. Das führt in der Regel dazu, dass die Symptome dauerhaft bleiben – das Trauma wird zur chronischen Krankheit. Die Folgen können massiv sein: sozialer Rückzug, Suchtverhalten, körperliche Erkrankungen wie Bluthochdruck oder im schlimmsten Falle Suizidgedanken sind häufig diagnostizierte Begleiterscheinungen eines unverarbeiteten Traumas.

Ursächlich ist häufig auch der soziale Druck, denn die Betroffenen haben schlichtweg Angst, ihr Ansehen zu verlieren und befürchten Konsequenzen für ihre Karriere. Ein verständnisvolles Umfeld, das Betroffenen hilft, sich schrittweise zu öffnen – ohne sich emotional überfordert zu fühlen – ist ein wesentlicher Grundpfeiler der Trauma-Genesung.

Tipps zum Umgang mit Trauma und PTBSPosttraumatische Belastungsstörung

Betroffene, aber auch Angehörige fühlen sich nicht selten überfordert im Kampf gegen die PTBSPosttraumatische Belastungsstörung-Erkrankung. Professionelle Hilfe und Therapie unterstützen die gemeinsame Trauma-Bewältigung.

Interview

Oberstarzt Prof. Dr. Peter Zimmermann ist der Beauftragete PTBSPosttraumatische Belastungsstörung. Hier spricht er über die Herausforderungen bei der Heilung eines Traumas.

6 Fragen an Beauftragter PTBS, Prof. Dr. Peter Zimmermann

Oberstarzt, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie

Oberstarzt Prof. Dr. Peter Zimmermann
Bundeswehr/Thilo Pulpanek

Was passiert, wenn ein Trauma nicht rechtzeitig erkannt wird?

Oberstarzt Prof. Dr. Peter Zimmermann

Wenn ein Soldat oder eine Soldatin, ein ziviler Mitarbeiter oder eine zivile Mitarbeiterin im Einsatz oder auch im Inland ein Ereignis erlebt, das zum seelischen Trauma wird, bedeutet das zunächst eine erhebliche psychische Belastung. Diese ist nicht leicht zu verarbeiten. Dennoch kommt es bei 80 Prozent aller Betroffenen zu einer spontanen Heilung – auch ohne Therapie. Förderlich sind dabei gute soziale Kontakte in der Einheit, in der Familie und im Freundeskreis. In einigen Fällen jedoch wird es selbst nach drei Monaten noch nicht besser.

Was sollten Trauma-Betroffene tun?

Oberstarzt Prof. Dr. Peter Zimmermann

Wird ein Trauma vermutet, sollte die Soldatin bzw. der Soldat, der zivile Mitarbeiter oder die zivile Mitarbeiterin dringend Fachleute zu Rate ziehen, am besten in einem Bundeswehrkrankenhaus oder einer fachärztlichen Untersuchungsstelle. Es ist dann sehr unwahrscheinlich, dass Symptome wie Albträume, Tagträume, Angst, Depression, Sucht oder auch körperliche Krankheiten noch von selbst wieder verschwinden. Sie beginnen zu chronifizieren, das heißt, sie werden zum stetigen Begleiter und beeinflussen immer mehr Lebensbereiche negativ.

Wie äußert sich der negative Einfluss von PTBSPosttraumatische Belastungsstörung?

Oberstarzt Prof. Dr. Peter Zimmermann

Es kann zu jahrelangen leidvollen Entwicklungen kommen. Oft fehlt Betroffenen irgendwann die Kraft für genussvolle Lebensgestaltung. Sie isolieren sich von der Familie und vom Freundeskreis. Nicht selten spielt dann auch der Alkohol eine Rolle. Eine chronische PTBSPosttraumatische Belastungsstörung birgt auch das Risiko eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Menschen im Umfeld eines Traumatisierten gut informiert sind und die richtigen Worte finden. Dann kann eine solche Entwicklung verhindert werden.

Kann ein Trauma-Patient dauerhaft geheilt werden?

Oberstarzt Prof. Dr. Peter Zimmermann

Ein traumatisches Ereignis bedeutet eine schwerwiegende Erschütterung all dessen, woran Menschen Orientierung finden: Sicherheit, Werte, Glaubenssysteme und mehr. Das geht an den Betroffenen nicht spurlos vorbei und hinterlässt in der Regel lebenslange Folgen. Diese müssen allerdings nicht immer krankhaft sein. Es gibt sogar positive seelische Wachstumsprozesse nach Traumatisierungen, denn es werden auch vielfältige Gedanken angestoßen, die zu einer Reifung beitragen. Eine Heilung im Sinne einer Wiederherstellung eines Zustandes wie vor dem Trauma ist daher kaum möglich.

Wie reagieren die Betroffenen darauf?

Oberstarzt Prof. Dr. Peter Zimmermann

Viele Traumatisierte sagen sogar, dass sie diese Wiederherstellung gar nicht erwarten oder wünschen. Insbesondere angesichts der geschilderten positiven Veränderungen. Was aber eine geduldige und ernsthaft vorangetriebene Psychotherapie erreichen kann, ist die Wiederherstellung der Lebensqualität. Das heißt, die sozialen Beziehungen funktionieren wieder, es besteht wieder ein gutes Verhältnis zur eigenen Persönlichkeit ohne Schuldgefühle oder Scham und der Alltagsrhythmus ist gut zu bewältigen. Dieses Ziel erreichen 60 bis 80 Prozent der traumatisierten Soldatinnen und Soldaten bzw. der zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die motiviert ihre Therapie absolvieren.

Sind Trauma-Betroffene je wieder dienstfähig für Auslandseinsätze?

Oberstarzt Prof. Dr. Peter Zimmermann

Die weitgehende Wiederherstellung der Lebensqualität schließt auch die volle Dienstfähigkeit ein. Die Frage, ob und wann Soldatinnen und Soldaten oder zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Trauma-Folgestörungen wieder in einen Einsatz gehen können, wird je nach therapeutischem Verlauf gemeinsam mit den Behandelnden entschieden. Grundsätzlich ist es aber ein erreichbares Ziel.

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