Schwerer Abschied aus GAO - Teil 1
Schwerer Abschied aus GAO - Teil 1
- Datum:
- Ort:
- Gao
- Lesedauer:
- 4 MIN
Militärpfarrer Sauer verabschiedet sich aus Gao in Mali
Am 31. Januar 2022 war es so weit: Es war der Tag, an dem Militärpfarrer Norbert Sauer zum letzten Mal die katholische Gemeinde und die katholische Schule in Gao besuchte. Denn gut zwei Wochen später wird sein Einsatz als katholischer Seelsorger bei den deutschen Soldatinnen und Soldaten in Gao (Mali), in Niamey und Tillia (Niger) im Rahmen der UNUnited Nations (United Nations)-Mission MINUSMAMission Multidimensionnelle Intégrée des Nations Unies pour la Stabilisation au Mali (United Nations Multidimensional Integrated Stabilization Mission in Mali) und der EUTMEuropean Union Training Mission (European Union Training Mission)-Mission enden. Mitte Februar wird er dann nach mehr als vier Monaten Einsatz nach Mittenwald zurückkehren. Deshalb wurde es für ihn Zeit, sich von den Verantwortlichen in der Gemeinde und in der Schule in Gao zu verabschieden.
Seit 2019, seit seinem ersten Einsatz in Mali kennt er die katholische Gemeinde und die katholische Schule. Hinter den wenigen Christen dort – im Nordosten Malis – liegen schwierige Jahre. Als 2012 Islamisten nach Gao kamen, sei ihnen die katholische Kirche sofort ein Dorn im Auge gewesen, so die Einheimischen. Die Islamisten hätten das Kreuz vom Dach der Kirche geschossen, die Sakristei geplündert und die liturgischen Geräte zerstört. Es grenzt für die katholischen Christen noch heute an ein Wunder, dass die Islamisten damals nicht die Kirche dem Erdboden gleich machten.
Nach dem Grund gefragt, haben die Verantwortlichen in der katholischen Gemeinde bis heute nur folgende Erklärung: Damals lag – wie heute – eine Bibel auf dem Altar, das heilige Buch der Christen. Auch Muslime haben ja ein heiliges Buch, den Koran. Deshalb gelten in ihren Augen Christen – wie sie auch – als „Schriftbesitzer“. Und die haben eine bestimmte Würde, wenngleich auf einer untergeordneten Ebene. Das könnte der Grund gewesen sein, weshalb die katholische Kirche vor der Zerstörung verschont blieb.
Noch etwas Verheerendes hätten damals die Islamisten getan: Sie sollen ortsansässige Muslime und Christen gegeneinander aufgehetzt haben. Aus einem zuvor freundschaftlichen Miteinander mit gegenseitigem Respekt und Toleranz zwischen Muslimen und Christen wurde ein distanziertes Nebeneinander. Und das sei bis heute geblieben, so die Einheimischen.
Doch es gibt auch eine gute Nachricht: Seit Mitte Dezember vergangenen Jahres hat die katholische Gemeinde nun wieder einen eigenen Pfarrer. Er heißt David Garango. Sein Vorgänger wurde 2017 vom zuständigen Bischof der Diözese Mopti abgezogen, nachdem er zuvor mehrere Morddrohungen erhalten haben soll. In den vier Jahren dazwischen war es ein kleiner Kreis von engagierten Gemeindemitgliedern, die mit ihren Mitchristen Sonntag für Sonntag in der Kirche Gottesdienst feierten. Ab und zu kam auch ein einheimischer Priester vorbei, feierte mit der Gemeinde die Eucharistie, taufte Kinder, feierte die Erstkommunion und traute Brautpaare.
Oder der jeweilige französische und deutsche katholische Militärpfarrer – wie Militärpfarrer Sauer – kamen in die Gemeinde und brachten die heilige Kommunion für die Sonntagsgottesdienste mit, weil diese den Christen wichtig war und ist und ihnen bis heute viel Kraft gibt. Aber letztlich ist es diesen engagierten Christen zu verdanken, dass die Gemeinde durch all die Jahre hindurch zusammenstand und nicht zerbrach. Gerade dafür dankte Militärpfarrer Sauer bei seinem Abschiedsbesuch den Verantwortlichen von Herzen.
Etliche Christen leben inzwischen am Existenzminimum. Denn dadurch, dass viele Muslime seit Jahren zu ihnen auf Distanz gehen, bekommen Kleinselbstständige unter den Christen kaum mehr Aufträge von Muslimen oder sie kaufen nicht mehr bei Christen ein.
Da kam es gerade recht, dass der Militärpfarrer viele Schokoladen-Nikoläuse, Plätzchen und kleine Plüschtiere für die Kinder mitbringen konnte, die ihm vom Marketender-Laden im Camp Castor kostenlos für einen sozialen Zweck überlassen worden waren. So werden die Kinder nach den Gottesdiensten an den kommenden Sonntagen beschenkt und ihnen wird dadurch eine Freude bereitet. Zudem bekam der Militärpfarrer vor Beginn seines Einsatzes von einer Familie aus Krün eine Spende von 500 Euro mit in den Einsatz – verbunden mit der Bitte, dieses Geld dort einzusetzen, wo die größte Not herrscht. Zusammen mit weiteren 200 Euro konnte er dann insgesamt 700 Euro übergeben. Dieses Spendengeld wird für besonders arme katholische Familien in der Gemeinde verwendet.
Nach einem gemeinsam gesprochenen Gebet in der Kirche und der Bitte um Gottes Segen für die Gemeinde verabschiedete sich Militärpfarrer Sauer. Auf beiden Seiten fiel der Abschied schwer, weil dieser Einsatz für ihn der letzte ist und er deshalb nicht mehr nach Mali zurückkehren wird.
Wie es in der katholischen Schule weitergeht, beschreibt Militärpfarrer Sauer im Teil 2: Abschied von der Katholischen Schule