Neujahrsfest

„Der Schofar zeigt uns Hoffnung auf“: Militärrabbinat feierte Rosch Haschana

„Der Schofar zeigt uns Hoffnung auf“: Militärrabbinat feierte Rosch Haschana

Datum:
Ort:
Leipzig
Lesedauer:
4 MIN

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Das Blasen des Schofars am Leipziger Synagogenmahnmal war das Highlight: Der Militärbundesrabbiner Zsolt Balla lud zur Feier des jüdischen Neujahrsfestes Rosch Haschana ein.

Ein Mann mit einem Gebetsschal bläst auf einem Widderhorn.

Seit 2020 lädt Militärbundesrabbiner Balla an Rosch Haschana zum Schofarblasen am Leipziger Synagogenmahnmal ein: „So hat sich nun eine zwar noch junge, aber sehr schöne Tradition entwickelt.“

Bundeswehr / Alexander Pensch.

„Rosch Haschana erinnert uns jedes Jahr aufs Neue daran, dass das Gewebe, aus dem unsere Gesellschaft besteht, Risse aufweist. Die Aufrüttelung gibt uns eine Chance zu verstehen, dass wir uns stärker engagieren müssen“, erklärt Militärbundesrabbiner Zsolt Balla das Neujahrsfest, das Juden und Jüdinnen Anfang dieser Woche gefeiert haben. „Dabei geht es nicht nur um die individuelle Verantwortung vor G’tt, sondern auch die soziale Verantwortung vor unseren Mitmenschen, die wir alle tragen – ob jüdisch oder nicht. Nicht zuletzt deswegen werden die Menschen, die an Rosch Haschana vor G’tt treten, mit den Soldaten König Davids verglichen.“

An Rosch Haschana, wörtlich „Kopf des Jahres“, feiern Juden und Jüdinnen die Erschaffung des Menschen. Rosch Haschana ist ein ernster Feiertag, denn er kennzeichnet die Zeit des Gerichts über die Sterblichen und den Beginn der Zeit der Umkehr, die bis zum Versöhnungstag Jom Kippur andauert. Im säkularen Kalender fällt der Feiertag, der zwei Feiertage umfasst, in den Herbst – meist in den September oder Oktober.

Schon zum zweiten Mal seit seiner Einrichtung feierte das Militärrabbinat diesen wichtigen Feiertag: Militärbundesrabbiner Balla lud jüdische Soldaten und Soldatinnen zur Begrüßung des Jahres 5783 nach dem jüdischen Kalender ein. „Dass das Militärrabbinat mir die Möglichkeit geboten hat, Rosch Haschana gemeinsam mit dem Militärbundesrabbiner zu feiern und so auch in der Bundeswehr mein Judentum zu praktizieren, bedeutet mir sehr viel“, kommentiert Stabsgefreiter Johannes B., der hierfür nach Leipzig anreiste.

Schofar am Synagogenmahnmal

Neben den Äpfeln in Honig, die gegessen werden, damit das neue Jahr auch ein süßes ist, ist ein Highlight das Blasen des Schofars, eines Musikinstruments aus Widderhorn. Zum ersten Mal seit seiner Einrichtung lud das Militärrabbinat zu diesem wichtigen Ritual ein: In Anwesenheit von Generalmajor Michael Hochwart, Kommandeur des Ausbildungskommandos Heer in Leipzig, blies ein Vorstandsmitglied der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig den Schofar, wonach Rabbiner Balla drei Gebete sprach: eines für die Bundesrepublik Deutschland, eins für die Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr und schließlich eins für Frieden in der Ukraine.

„Ich freue mich, dass es uns möglich ist, eine solche tolle und wichtige Veranstaltung in der Öffentlichkeit durchführen zu können“, kommentiert Generalmajor Hochwart. „Ich danke Ihnen zudem ausdrücklich für die Gedanken und Worte an die Soldatinnen und Soldaten.“

Das Schofar am Rosch Haschana zu hören, ist im Judentum ein Gebot, und anderen die Ausübung eines Gebots zu ermöglichen ist eine gute Tat („Mitzwa“). Damit Leipziger Jüdinnen und Juden auch während der Pandemie den Schofar hören konnten, fing Rabbiner Balla 2020 an, das Blasen an einem zentralen, aber auch geschichtsträchtigen Ort zu veranstalten: am Mahnmal für die in den Novemberpogromen 1938 zerstörte Große Gemeindesynagoge Leipzigs. „Auch wenn wir mit der Pandemie einen sehr unschönen Anlass dafür hatten, hat sich nun eine zwar noch junge, aber sehr schöne Tradition entwickelt“, erklärt Balla. „Dass wir als jüdische Gemeinschaft da sind, sichtbar sind, dass unser Schofar im Leipziger Stadtzentrum zu vernehmen ist – das alles ist eine Bereicherung nicht nur für das jüdische Leben in Deutschland, sondern auch für die Kultur des gegenseitigen Respekts in diesem Land.“

„Der Moment, als der Schofar ertönte, inmitten von Leipzig, inmitten der Stühle des Mahnmals – das war schlichtweg ergreifend“, sagt Stabsgefreiter B. „Es bedeutet mir sehr viel, dass auch die Bundeswehr Teil davon war, und Generalmajor Hochwarts Besuch zeigt die Wertschätzung den jüdischen Kameradinnen und Kameraden gegenüber.“

Nahaufnahme von einem Widderhorn in den Händen eines Mannes.

An Rosch Haschana werden unterschiedliche Töne auf dem Schofar geblasen: ein langer Ton, eine Abfolge von drei kürzeren Tönen und ein schriller Ton mit zahlreichen Unterbrechungen. Jeder Ton hat eine besondere Bedeutung.

Bundeswehr / Eszter Hidasi.

Der Schofar rüttelt auf

In der Tradition wird zwischen drei Tönen unterschieden: „Tekija“, ein langer Ton, „Schewarim“, eine Abfolge aus drei kürzeren Tönen, und „Terua“, ein schriller Ton mit zahlreichen Unterbrechungen. Die Töne werden nach einem Segensspruch in unterschiedlicher Reihenfolge untereinander kombiniert, bevor die „Tekija gdola“, eine besonders lange Form der Tekija, das Schofarblasen abschließt.

„Jeder der Töne hat seine eigene Bedeutung“, so Militärbundesrabbiner Balla. „Die konstante, lange Stimme der Tekija ist ein Zeichen der g’ttlichen Ordnung und Harmonie. Die Schewarim-Töne weisen eine Brechung auf, die auch im Menschen zu beobachten ist – seine Vergehen, Boshaftigkeiten, Fehler. Mit der Terua werden wir aufgeweckt, aufgerüttelt und darauf aufmerksam gemacht, dass wir an uns arbeiten müssen. Doch mit der Tekija gdola zeigt uns der Schofar eine Hoffnung auf.“

Im Judentum sind die Namen G‘ttes besonders heilig. Um Entweihung zu vermeiden, werden oft Ersatznamen oder, wie in diesem Fall, alternative Schreibweisen verwendet.

von Alexander Rasumny  E-Mail schreiben

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