Erinnerung

Militärrabbiner beim Holocaust-Gedenktag und der Jüdischen Militärseelsorge in Israel

Militärrabbiner beim Holocaust-Gedenktag und der Jüdischen Militärseelsorge in Israel

Datum:
Ort:
Israel
Lesedauer:
4 MIN

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Mit einer kleinen Delegation war die Bundeswehr im April in Israel beim Holocaust-Gedenktag. Während der zentralen Gedenkveranstaltung in Yad Vashem, der staatlichen israelischen Holocaust-Gedenkstätte, besichtigten Militärrabbiner Shmuel Havlin und Oberst Dr. Stefan Gruhl aus dem Bundesministerium der Verteidigung das Museum und gedachten gemeinsam mit hunderten anderen Gästen der Opfer der Judenverfolgung.

Zwei deutsche Soldaten auf einem Antreteplatz der israelischen Armee

Soldaten der Bundeswehr gedachten gemeinsam mit dem Hamburger Militärrabbiner Shmuel Havlin und israelischen Soldatinnen und Soldaten beim Holocaust-Gedenktag auf dem Gelände der Golan-Infanterie-Brigade in Israel der Opfer der Judenvernichtung.

Bundeswehr/Riedel

Der Holocaust-Gedenktag ist einer der wichtigsten Erinnerungstage in Israel. Bei der nationalen Gedenkveranstaltung wurden auf dem Gelände der Gedenkstätte sechs Flammen für die sechs Millionen ermordeten Juden entzündet. Zu den Gästen gehörten Oberst i. G. Dr. Gruhl aus dem Bundesministerium der Verteidigung und der Hamburger Militärrabbiner Shmuel Havlin. Der Erinnerungstag stand in diesem Jahr im Zeichen des 80. Jubiläums des Ghetto-Aufstandes in Warschau am 19.04.1943. Aufgrund der Schoah haben in Israel die Armee, sowie der Gedanke der Wehrhaftigkeit und des Widerstandes eine besonders große Bedeutung. 

Der Bundeswehr-Rabbiner und der Offizier aus dem Verteidigungsministerium nutzten außerdem die Gelegenheit, um sich bei der Israelischen Armee, der Israel Defence Force (IDFIsrael Defence Force), und ihrem Militärrabbinat ein eigenes Bild von der Seelsorge vor Ort zu machen. 

Dem Besuch vorausgegangen waren vielfältige Kontakte des Militärbundesrabbiners Zsolt Balla mit dem israelischen Militärrabbinat und den jüdischen Militärseelsorgen anderer Länder. Erfahrungen zu Fragen der koscheren Verpflegung im Feld, den erforderlichen Kultgegenständen im Einsatz oder den Anforderungen an eine Reisethorarolle sind bereits beim Aufbau der Jüdischen Militärseelsorge in der Bundeswehr durch das deutsche Militärrabbinat berücksichtigt worden.

Hamburgs neuer Militärrabbiner Shmuel Havlin und Oberst Dr. Stefan Gruhl besuchten in Israel nun unter anderem einen Gebetsraum und die Lager für religiöse Gegenstände. Beide kamen mit israelischen Soldatinnen und Soldaten und Militärrabbinern unter anderem über die Herausforderungen religiöser Bestattungen, koscherer Verpflegung im Felde und der Vielfalt der Gläubigen ins Gespräch.

Drei Männer stehen um einen Tisch mit Torarollen in einem Raum mit Regalen voll mit Torarollen

Teil des Erfahrungsaustauschs war auch ein Besuch im Lager des israelischen Militärrabbinats, wo unter anderem Thorarollen für die Einheiten der IDFIsrael Defence Force gelagert werden.

Bundeswehr/Riedel

„Für Oberst Dr. Gruhl und mich war der Besuch eine wichtige Bereicherung, wir haben unter anderem erfahren, wie das israelische Militärrabbinat der IDFIsrael Defence Force mit unterschiedlichen Herausforderungen umgeht, sowohl im Grundbetrieb, als auch in Kriegszeiten“, stellte Rabbiner Havlin fest. Der geborene Israeli ist seit Dezember 2022 Militärrabbiner in der Außenstelle des Militärrabbinats in Hamburg und nutzte die Gelegenheit für einen intensiven Erfahrungsaustausch mit den Kameradinnen und Kameraden in Israel.

Wie Militärbundesrabbiner Balla bereits festgestellt hat, sind Deutschland und Israel natürlich nicht vergleichbar, was die Jüdische Militärseelsorge betrifft, da in Israel das Judentum die Religion der Mehrheit ist. „Aber Inspirationen und Ideen können wir auf jeden Fall mitnehmen“, so Havlin. „Durch die Jüdische Militärseelsorge Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zu betreuen, finde ich wichtig, weil ich so für jüdische Soldatinnen und Soldaten und alle anderen Angehörigen da sein kann. Und natürlich ist es auch etwas Besonderes, als Rabbiner bei den deutschen Streitkräften zu arbeiten und keineswegs eine Selbstverständlichkeit für einen Juden – wir schreiben gewissermaßen Geschichte“, erklärt der Militärrabbiner.

Vier Männer, darunter zwei Rabbiner, unterhalten sich

Rabbiner Shmuel Havlin, Brigadegeneral Hurav Eyal Krim, der Oberrabbiner der israelischen Armee, und Oberst Dr. Stefan Gruhl vom Bundesministerium der Verteidigung tauschten sich in Israel aus.

Bundeswehr/Riedel

In seiner Außenstelle des Militärrabbinats in der Clausewitz-Kaserne in Hamburg am Standort der Führungsakademie der Bundeswehr ist er täglich unterwegs: „Der Kontakt zu den Kameradinnen und Kameraden vor Ort ist sehr wichtig für mich, denn für viele jüdische und andere Soldatinnen und Soldaten ist es die einzige Gelegenheit, uns kennenzulernen. Für Lehrgangsteilnehmer und -teilnehmerinnen sowie das Stammpersonal in der Führungsakademie ist es manchmal ihre erste Begegnung mit einem Rabbiner und wir kommen ins Gespräch“, erzählt Havlin. 

Anregungen gab es für die Delegation aus Deutschland unter anderem in Sachen Einsatzbekleidung. So konnten der Rabbiner und der Soldat beispielsweise die Zizit in Augenschein nehmen, die die jüdischen Kameraden im Feld anhaben. Das sind Schaufäden, die jüdische Männer als spezielle Kleidung zur Erinnerung an die religiösen Gebote unter ihrem Hemd tragen. in der israelischen Armee werden sie nicht als separates Kleidungsstück getragen, sondern unmittelbar an einem Hemd angebracht, das Teil der Bekleidung der Soldaten ist.

„Wir wollen jüdisches Leben in Deutschland ein Stück normaler machen, die Jüdische Militärseelsorge und der damit verbundene Lebenskundliche Unterricht sind Bausteine dafür“, sagt Oberst Dr. Gruhl, der im Verteidigungsministerium für die Militärseelsorge zuständig ist. „Persönlichkeitsbildung verstehen wir als Kompetenzvermittlung politischer, ethischer und interkultureller Aspekte. Das ist ein Prozess, der Zeit braucht. Umso präsenter die Militärrabbiner in der Truppe sind, umso mehr erreichen wir diese Zielsetzung. Über allem steht die große Frage, was wir in der Bundeswehr garantieren und ermöglichen sollten und wo es seine Grenzen findet“, so Oberst Dr. Gruhl.

Drei Männer, darunter ein Rabbiner, entzünden Kerzen in einem abgedunkelten Gedenkraum

Oberst Stefan Gruhl, Referatsleiter Militärseelsorge im Bundesministerium der Verteidigung, zündete in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem eine Kerze an.

Bundeswehr/Riedel

 

Auch in der israelischen Armee spielt die Integration von Minderheiten eine große Rolle: „Für uns ist es wichtig, dass alle Soldatinnen und Soldaten an einem Tisch sitzen und gemeinsam essen können, egal, ob streng gläubiger Jude oder Angehörige einer Minderheit, wie etwa Muslime oder Drusen“, erläuterte Hauptmann Israel Luvaton, Militärrabbiner der Golan Infanterie Brigade.

von Cornelia Riedel

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