Jahresrückblick

Erste Jüdische Rüstzeit, Ausbildungsvorhaben und zwei weitere Militärrabbiner

Erste Jüdische Rüstzeit, Ausbildungsvorhaben und zwei weitere Militärrabbiner

Datum:
Ort:
Berlin
Lesedauer:
5 MIN

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Mehr Angebote für jüdische Soldatinnen und Soldaten bereitzustellen und eine sichtbare Ansprechstelle für alle Bundeswehrangehörigen zu sein – das war auch im dritten Jahr ihres Bestehens eines der wichtigsten Ziele der Jüdischen Militärseelsorge. Das Militärrabbinat schaut zurück auf ein ereignisreiches Jahr 2024.

Ein Militärrabbiner steht in Uniform in einer Formation

Militärrabbiner der Jüdischen Militärseelsorge in Uniform: Während der „Grünen Woche“ in Hammelburg lernten sie den Dienst der Soldatinnen und Soldaten kennen.

Bundeswehr/Benjamin Bendig

Es war einer der Höhepunkte jüdischen Lebens in Deutschland, nicht nur für die Bundeswehr, in 2024: die Fertigstellung der Torarolle für die Jüdische Militärseelsorge und die Einweihung der neuen Räume des Militärrabbinats in Berlin-Mitte. Am 4. Juli 2024 hatten Verteidigungsminister Boris Pistorius, das Präsidium des Zentralrats der Juden in Deutschland und zahlreiche Gäste in den Räumen des Leo-Baeck-Hauses die Tora finalisiert.

Für die Jüdische Militärseelsorge bedeutete die anschließende Prozession mit der Torarolle und Rabbinerinnen und Rabbinern in die neuen Räumlichkeiten in der Johannisstraße einen Meilenstein in ihrer jungen Geschichte. Die neue Geschäftsstelle des Militärrabbinats, der Bundeswehr-Verwaltungsbehörde der Jüdischen Militärseelsorge, in Laufweite des Zentralrats ist nun Treffpunkt und Koordinationsstelle für die Jüdische Militärseelsorge. Mehr als 30 Mitarbeitende organisieren als Angehörige der Bundeswehr inzwischen deutschlandweit Jüdische Militärseelsorge und sind zu einem festen Bestandteil der deutschen Streitkräfte geworden.

Der Militärbundesrabbiner, ein Soldat und zwei Soldatinnen stehen gemeinsam in einem Büro und unterhalten sich

Die Torarolle der Jüdische Militärseelsorge soll in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr genutzt werden. Hier zeigt Militärbundesrabbiner Zsolt Balla die Torarolle jüdischen Kameradinnen und Kameraden in den Räumen des Militärrabbinats in Berlin.

Bundeswehr/Gregor Matthias Zielke

„Wir haben mit viel Tatkraft einige große Projekte umgesetzt und die Jüdische Militärseelsorge weiter ausgebaut und professionalisiert“, zieht Monika Heimburger, die amtierende Leiterin des Militärrabbinats, Bilanz. Seit einem Jahr führt sie die Geschäfte der Dienststelle. „Die feierliche Vollendung der Torarolle war für mich ein absolutes Highlight, das die grundlegende Aufbauarbeit abschließt. Die Zentrale des Militärrabbinats in Berlin-Mitte ist nun nahezu voll besetzt. Jetzt können wir uns mit voller Kraft der Intensivierung von Kooperationen und der weiteren strategischen Ausrichtung der Jüdischen Militärseelsorge widmen. Bald haben wir hoffentlich zwei weitere Rabbiner, sodass wir dann in allen fünf Außenstellen des Militärrabbinats mindestens einen Rabbiner haben.“ 

Militärrabbiner in Kölner Außenstelle

Seit der Unterzeichnung des Staatsvertrags zwischen dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Bundesregierung im Jahr 2019 und der Ernennung von Rabbiner Zsolt Balla zum ersten Militärbundesrabbiner im Juni 2021 hat sich das Militärrabbinat in großen Schritten weiterentwickelt: Mit der Außenstelle West eröffnete im Herbst 2024 die fünfte Außenstelle der Bundeswehrdienstelle ihre Türen. Militärrabbiner David Geballe ist seit September 2024 in der Luftwaffenkaserne in Köln-Wahn Ansprechpartner der Jüdischen Militärseelsorge für die Bundesländer Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und das Saarland. Vor wenigen Tagen hat auch eine Rabbinatsassistentin dort ihre Arbeit aufgenommen.

In Schwielowsee, der Außenstelle Ost, hat Anfang Juni 2024 Rabbiner Shlomo Afanasev seinen Dienst angetreten und ist dort für die Bundesländer Berlin und Brandenburg zuständig. Der Dienstort in der Nähe von Potsdam ist nicht nur für die Jüdische Militärseelsorge von besonderer Bedeutung, denn im dortigen Einsatzführungskommando werden die Auslandseinsätze der Bundeswehr geplant. Fünf Militärrabbiner bieten inzwischen deutschlandweit Seelsorge für jüdische Soldatinnen und Soldaten und alle anderen Kameradinnen und Kameraden sowie Lebenskundlichen Unterricht, eine Ethikunterweisung bei der Bundeswehr, an.

Auf beachtliche fünf weitere „Erste Male“ schauen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Militärrabbinats im vergangenen Jahr zurück:

Erster Auslandseinsatz eines Militärrabbiners

Im April 2024 ging mit Militärrabbiner Konstantin Pal erstmalig seit dem Ersten Weltkrieg wieder ein Rabbiner in den Auslandseinsatz. Sieben Wochen war der Berliner Rabbiner an Bord des Tenders „Donau“. Das Schiff führte als Teil einer NATONorth Atlantic Treaty Organization-Operation einen Minenabwehrverband, der aus fünf Minensuchbooten bestand. In den Auslandseinsätzen der Bundeswehr bieten die Militärrabbiner alternierend mit ihren christlichen Kolleginnen und Kollegen Seelsorge für die Kameradinnen und Kameraden an. An Bord des Marineschiffes war Rabbiner Pal Ansprechpartner für die Soldatinnen und Soldaten und packte auch beim ganz normalen Borddienst mit an. Inzwischen ist er als Einsatzreferent Teil der Verwaltung des Militärrabbinats und koordiniert die Ausbildung und die anstehenden Einsätze seiner Rabbinerkollegen.

Militärische Ausbildung im Gelände

Prägend für die Militärrabbiner der Bundeswehr war in diesem Jahr auch die „Grüne Woche“: In der Infanterieschule im bayerischen Hammelburg erhielten sie einen Einblick in das Soldatenhandwerk und wurden dafür in Uniformen der Bundeswehr eingekleidet. Den besonderen Dienst der Soldatinnen und Soldaten zu verstehen, ist essenziell für gelingende Militärseelsorge. Für die Militärrabbiner ging es deshalb eine Woche lang raus ins Gelände und auch auf die Schulbank, um die wichtigsten Regeln des Soldatenhandwerks zu lernen. Wie Feldmütze und -bluse getragen werden, welche Dienstgrade was bedeuten und worauf es beim Orientieren im Gelände ankommt, das erfuhren die Militärrabbiner von erfahrenen Feldwebeln und Offizieren der Infanterieschule. Auch Munitions- und Waffenkunde, die wichtigsten Fahrzeuge der Bundeswehr und die Grundlagen der Selbst- und Kameradenhilfe waren wichtige Themen.

Intensiven Austausch: in einem Raum sitzen mehrere Soldatinnen und Soldaten sowie Zivilistinnen und Zivilisten

Jüdische Soldatinnen und Soldaten waren der Einladung des Militärrabbinats zur ersten Jüdischen Rüstzeit im November 2024 ins rheinland-pfälzische Bad Sobernheim gefolgt und nutzten das Treffen für einen intensiven Austausch

Bundeswehr/Janik Meurer

Angebote für jüdische Soldatinnen und Soldaten

Premiere hatte im Herbst 2024 die Jüdische Rüstzeit. Bei dieser besonderen Freizeit, die vom Militärrabbinat organisiert worden war, tauschten sich erstmalig Militärrabbiner mit jüdischen Soldatinnen und Soldaten und ihren Angehörigen mehrere Tage aus. Während eines verlängerten Wochenendes im rheinland-pfälzischen Bad Sobernheim war auch ein religiöses Angebot mit Gebeten und Toralesungen Teil des Programms. Die Rüstzeit soll fester Bestandteil im Jahreskalender der Jüdischen Militärseelsorge werden und den direkten Austausch zwischen Militärrabbinern und jüdischen Kameradinnen und Kameraden fördern.

Einen besonderen Einblick in jüdisches Leben gab es für Bundeswehrangehörige in Hamburg im November und Dezember 2024: Organisiert durch die Außenstelle Nord des Militärrabbinats präsentierte die Jüdische Militärseelsorge im Manfred-Wörner-Zentrum in der Hamburger Clausewitz-Kaserne Bilder des israelisch-deutschen Fotografen Rafael Herlich.

Militärseelsorge-Netzwerk

„Kontakte zu anderen jüdischen Militärseelsorgen zu pflegen und innerhalb der NATONorth Atlantic Treaty Organization Verbindungen aufzubauen, ist für die Jüdische Militärseelsorge besonders im Hinblick auf neue Herausforderungen der NATONorth Atlantic Treaty Organization-Bündnisverteidigung wichtig“, beschreibt Monika Heimburger einen weiteren Schwerpunkt. Die Zusammenarbeit mit den Schwesterorganisationen, der Katholischen und Evangelischen Militärseelsorge, und den Institutionen der Bundeswehr, die Fürsorge und Betreuung organisieren, habe man deshalb weiter intensiviert.

So hatte im August eine Delegation des Militärrabbinats von nicht-orthodoxen Militärrabbinern unter der Leitung von Militärbundesrabbiner Zsolt Balla am „Annual Chaplain Training Event“ in New York teilgenommen. Bei dem dreitägigen Treffen, das jährlich vom JWB Jewish Chaplains Council für Jüdische Militärseelsorgerinnen und -seelsorger in den USUnited States-Streitkräften organisiert wird, gab es zahlreiche Vorträge und Gespräche, darunter mit den leitenden Militärseelsorgern der USUnited States-Teilstreitkräfte. Auch hier rundeten religiöse Inhalte das Programm ab.

Bereits im März nahmen orthodoxe Rabbiner des Militärrabbinats an der Jahreskonferenz der USUnited States-Militärseelsorgeagentur Aleph Institute im USUnited States-Bundesstaat Florida teil. Bei dem fünftägigen Treffen mit jüdischen Militärseelsorgerinnen und Militärseelsorgern weiterer NATONorth Atlantic Treaty Organization-Länder wurden praktische Fragen rund um die Militärseelsorge besprochen. Teil des Programms war ein Schabbat mit Gottesdiensten, einer gemeinsamen Mahlzeit für Militärseelsorger und deren Familien sowie Gesprächsrunden.

Für 2025 steht unter anderem schon ein weiteres Ereignis im Kalender: Anfang Februar wird Militärrabbiner David Geballe offiziell in Köln in sein Amt eingeführt.

von Cornelia Riedel

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