„WAS WIR DEM BÖSEN IN DER WELT ENTGEGENSETZEN KÖNNEN“
„WAS WIR DEM BÖSEN IN DER WELT ENTGEGENSETZEN KÖNNEN“
- Datum:
- Ort:
- Oldenburg
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- 1 MIN
Im vergangenen Jahr hat sich bei mir ein recht tiefsitzender Knoten gelöst. Er betrifft mein Menschenbild. „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“, das war auch meine Überzeugung.
Über die Jahre aber bekam ich mit, wie Hans Rosling („Factfulness“) unseren Pessimismus korrigiert, was die humanitäre Situation auf unserem Globus angeht. Die extreme Armut ist stark zurückgegangen. Die medizinische Versorgung und Bildung sind viel besser geworden. Die Geburtenrate liegt nahe bei Zwei. Die Lebenserwartung beträgt über 70 Jahre. Weltweit.
Dann lese ich im vergangenen Jahr bei Rutger Bregman („Im Grunde gut“), dass wir Menschen nicht aufgrund unserer raffinierten Bosheit die erfolgreichste Tierart geworden sind, sondern wegen unserer Freundlichkeit und Kooperativität. Bei Jägern und Sammlern wurden und werden aggressiv-dominante Alpha-Menschen eingehegt oder sogar umgebracht, weil sie den Frieden stören und den Tod bringen. Der Austausch über die eigene Gruppe hinweg bringt Fortschritt und Vorteile. „Wenn man sie etwas fragt, sagen sie niemals nein“, schrieb Kolumbus in sein Logbuch. „Im Gegenteil, sie teilen mit allen …“ (Bregman, S. 119f.).
Die Geschlossenheit, mit der die UNUnited Nations-Vollversammlung Putins Krieg abgelehnt hat, erinnert mich an die wehrhafte Friedlichkeit von Urgesellschaften. Ich glaube, dass ein konsequenter Boykott russischer Energie das Blatt wenden würde. Das würde uns allen etwas abverlangen. Aber für alle Gewaltherrscher auf der Welt brächen schwere Zeiten an. „Tyrannenmorde“ oder auch militärische Erfolge kämen an eine solche Nachhaltigkeit nicht heran.
Wir müssen uns nicht damit abfinden, dass „die Mächtigen“ „ihre Völker niederhalten“ und „ihnen Gewalt antun“, wie Jesus sagt (Markus 10, 42). Bei mir jedenfalls hat sich dieser Knoten gelöst.