Vortrag

„Militärseelsorge hat auch einen friedenspolitischen Auftrag“

„Militärseelsorge hat auch einen friedenspolitischen Auftrag“

Datum:
Ort:
Hessen
Lesedauer:
3 MIN

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.

„Sicherheit und Verteidigungsbereitschaft sind eine Gemeinschaftsaufgabe der ganzen Gesellschaft“: Das betonte der evangelische Militärbischof Dr. Bernhard Felmberg in seinem mit großem Applaus bedachten Vortrag während der Frühjahrstagung der Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW). „Deshalb schulden wir auch den Menschen, die für uns alle zum Dienst in der Landes- und Bündnisverteidigung bereit sind, Solidarität und Begleitung“, ergänzte Felmberg.

Beim Vortrag in Hofgeismar

Unter dem Titel: "Lebendig und kräftig und schärfer? Seelsorge an Soldatinnen und Soldaten in der Zeitenwende" hielt Dr. Bernhard Felmberg, Bischof für die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr der EKD in Hofgeismar auf der Synode einen Vortrag.

medio.tv/schauderna

Seine Ausführungen zum Thema „Seelsorge an Soldatinnen und Soldaten in der Zeitenwende“ standen unter dem Leitwort, das sich die 14. Landessynode der EKKW zu Beginn ihrer Amtsperiode gegeben hatte: „Lebendig und kräftig und schärfer“ (Hebräer 4,12).

Lebendig und kräftig – das treffe auf die Seelsorge zu. „Aber ist Seelsorge scharf?“, fragte Felmberg. Scharf – das habe für Menschen in der Bundeswehr eine eigene Bedeutung: „Wenn Soldaten am ‚scharfen Ende ihres Berufes angekommen‘ sind, heißt das: Sie sind im Krieg“, erläuterte er. In den ersten Jahrzehnten der Bundeswehr sei dieses „scharfe Ende“ eher eine theoretische Möglichkeit gewesen. Seit dem Afghanistan-Krieg seien Gefechte indes Realität geworden. „Und jetzt fragen wir uns angesichts des Kriegs mitten in Europa, was für die Bundeswehr als Nächstes kommt. Und nicht nur für die Bundeswehr, sondern für uns alle, die wir in diesem Land leben. Ja, die Zeiten sind für Soldatinnen und Soldaten schärfer geworden“, resümierte Felmberg im Blick auf den „Ukraine-Schock“.

Pandemie, Afghanistan, Ukraine-Krieg: Bundeswehr im Ausnahmezustand
Militärbischof Felmberg vor der Synode

Militärbischof Dr. Bernhard Felmberg vor der Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck in der Evangelischen Tagungsstätte in Hofgeismar zu ihrer Frühjahrstagung.

medio.tv/schauderna

Die „Zeitenwende“ fordere eine sich nach Frieden und Sicherheit sehnende Gesellschaft insgesamt heraus, insbesondere aber auch „Christinnen und Christen in unseren Kirchen, die sich in den sicherheitspolitischen Diskussionen der Vergangenheit in der pazifistischen Ecke eingerichtet hatten“, so der Militärbischof. Die Bundeswehr sei nicht erst seit Beginn des Ukraine-Kriegs, sondern seit drei Jahren im Ausnahmezustand. Felmberg erinnerte an die Corona-Pandemie, an die Hochwasserkatastrophe im Ahrtal und an das Ende des Afghanistan-Krieges mit einer stark kritisierten Evakuierungsaktion, die bei einigen „noch einmal massiv den Sinn des ganzen Afghanistankrieges in Frage gestellt hat – bis hin zur Retraumatisierung“. In rund 20 Jahren seien etwa 160.000 deutsche Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan eingesetzt gewesen. Sie wurden von 150 evangelischen Militärgeistlichen begleitet, führte er vor Augen. In diese Situation nach Pandemie und Afghanistan komme nun die „Zeitenwende“. Der Krieg sei nicht nur eine Eventualität. „Vielmehr wurden jetzt schon Hunderte deutsche Soldatinnen und Soldaten in die NATO-Mitgliedsländer an der Außengrenze des Bündnisses verlegt; faktisch haben wir im Baltikum, in Rumänien, Polen, Slowenien und der Slowakei einen neuen, durchaus belastenden Auslandseinsatz“, sagte der Bischof.

Aufgaben der Militärseelsorge: begleiten, ermutigen, verkündigen und orientieren

Felmberg führte aus, welche Aufgaben der evangelischen Seelsorge in der Bundeswehr zukommen: begleiten, ermutigen, verkündigen und orientieren. Die Militärseelsorge habe nicht nur die Aufgabe, zur ethischen Orientierung innerhalb der Bundeswehr beizutragen, sondern sie habe auch einen „friedensethischen und friedenspolitischen Auftrag“ mit dem Ziel, nach den Voraussetzungen des Friedens zu fragen und ihn zu fördern. „Angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen sehe ich uns als Kirche in der Verantwortung, einen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Meinungsbildung über Rolle und Auftrag der Bundeswehr und über ein schlüssiges und tragfähiges friedens- und sicherheitspolitisches Konzept in Deutschland zu leisten“, sagte Felmberg. Nicht nur die Politik trage Verantwortung für friedenspolitische Entscheidungen: „Die Gesellschaft als Ganzes ist aufgerufen, Verantwortung zu übernehmen.“

von Anja Berens

Bei manchen Mobilgeräten und Browsern funktioniert die Sprachausgabe nicht korrekt, sodass wir Ihnen diese Funktion leider nicht anbieten können.