Klare Positionen, gesellschaftliche Resilienz und Seelsorge
Klare Positionen, gesellschaftliche Resilienz und Seelsorge
- Datum:
- Ort:
- Berlin
- Lesedauer:
- 2 MIN
„Wenn Kirche relevant sein will, muss sie klar sein – gerade in schwierigen Fragen.“ So brachte ein Diskussionsteilnehmer die Grundidee des neuen friedensethischen Dokuments der Seelsorge in der Bundeswehr auf den Punkt. Es wurde jetzt in Berlin vorgestellt.
Schon länger waren im Raum der evangelischen Kirchen Stimmen zu hören, die protestantische Friedensethik müsse „nachgeschärft“ werden. Dieser Forderung hat sich die Evangelische Seelsorge in der Bundeswehr ausdrücklich nicht angeschlossen. Im Gegenteil: Bei der intensiven Befassung mit den vorhandenen Dokumenten und Überzeugungen kam man zu dem Ergebnis, dass die EKD-Friedensdenkschrift „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ von 2007 nach wie vor belastbare Positionen enthält. Auch wenn seinerzeit die Möglichkeit eines Krieges in Europa nicht das Denken bestimmte, weshalb auch entsprechende Ausführungen fehlen.
Deshalb sprechen die Wissenschaftler, die es jetzt im Auftrag der Evangelischen Seelsorge in der Bundeswehr unternommen haben, diese Lücke mit dem Dokument „Maß des Möglichen“ zu füllen, lieber von „Neujustierungen“ der bekannten Grundüberlegungen. So muss, zum Beispiel, die „rechtserhaltende Gewalt“ nicht nur in Bezug auf nichtstaatliche Akteure und Gruppen gedacht werden, sondern auch und gerade in Bezug auf staatliche Aggressoren.
Bei der Vorstellung des Dokuments mit Vertretern von Politik, Militär, theologischer Wissenschaft und Kirchen wurden zahlreiche Details und Grundüberlegungen fachkundig eingeordnet. Über allem aber stand die Doppelfrage: Kann und muss die Kirche hierzu eine Position entwickeln und was ist ihre eigene Aufgabe in einer vom Krieg bedrohten und geprägten Zeit?
Eines der deutlichsten Voten für eine klare Position kam von einem bekennenden Nicht-Kirchler, BAKSBundesakademie für Sicherheitspolitik-Präsident Ekkehard Brose: „Wenn Kirche relevant sein will, muss sie klar sein.“ Auch in diesem Sinn begrüßte er das vorliegende Dokument. Allerdings sieht er die Kirche nicht so sehr als ethische Instanz, sondern stellt eher die Frage, welchen Beitrag die Religionsgemeinschaften zur gesellschaftlichen Resilienz leisten und dazu, dass ein Land auch einer länger andauernden Aggression entgegenstehen kann.
Pröpstin Dr. Christina-Maria Bammel, theologische Leiterin des Konsistoriums der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, räumte mit dem Vorurteil auf, kirchliche Positionen stünden sicherheitspolitischen Rationalen entgegen: „Pazifismus war nie eine Position der Mehrheit im Protestantismus.“ Sie wünsche sich für die Beratungen in den Gemeinden so gründlich ausgearbeitete Papiere wie das vorliegende.
Mit sehr persönlichen Worten beschrieb der einzige Soldat auf dem Podium, Generalmajor Ruprecht von Butler, seine Wahrnehmung der Brutalität des augenblicklichen Krieges in Europa. Damit nahm er den Versammelten die Gelegenheit, ihre Reflexionen als akademische Angelegenheit zu betrachten; denn es geht um menschliche Katastrophen, die sich im Augenblick konkret ereignen.
Auch der Gastgeber des Tages, Militärbischof Dr. Bernhard Felmberg, setzte den Fokus auf konkrete Menschen – und zwar auf die der Seelsorge anbefohlenen Soldatinnen und Soldaten. „Das ist unsere Aufgabe, dazu sind wir als Kirche da.“