Die evangelische Militärseelsorge im Einsatz in der Slowakei
Die evangelische Militärseelsorge im Einsatz in der Slowakei
- Datum:
- Ort:
- Slowakei – eVA
- Lesedauer:
- 4 MIN
Die Militärseelsorge ist Teil des psychosozialen Netzwerkes. Neben der Sanität im Einsatz und der Truppenpsychologie ist sie der dritte Baustein um die Angehörigen des Einsatzkontingentes zu betreuen und die Kontingentführung zu beraten.
Der Ruf des Dienstherrn erreichte Winfried Moselewski. spät. Der 59-Jährige ist erst seit 2017 als Militärpfarrer tätig. Bis dahin hatte er Funktionen als Gemeindehirte und Superintendent der evangelischen Kirche im östlichen Ruhrgebiet inne. „Am Anfang erschien es mir ein wenig merkwürdig, zwei Dienstherren zu dienen“, beschreibt er seine späte Berufung. Doch die Leitlinien beider Dienstherren, das durch christliche Grundwerte geprägte Grundgesetz für den Staat und die Bibel für die Kirche, sind sich in vielen Dingen ähnlich. In der Bibel wird jeder Mensch als 'Bild Gottes' geadelt. Das Grundgesetz basiert auf der unantastbaren Würde des Menschen. Beide Menschenbilder geben jedem Menschenleben einen hohen Wert. Diese Würde 'zu achten und zu schützen' ist die Grundlage und der Rahmen für den Auftrag der Bundeswehr. „Ich bin als Militärpfarrer stolz, die Truppe dabei unterstützen zu dürfen„, fasst es der Militärpfarrer zusammen.
Dieses Zusammenleben mitzugestalten, beschloss Winfried M. Anfang Mai, denn er war ein einsatzerfahrener Kandidat im Personalpool des Militärdekans. Der körperlich fitte Pfarrer mit vielen Eindrücken aus Afghanistan zögerte nicht lange, denn „ich wollte dauerhaft vor Ort sein und nicht auf Dienstreisebasis immer mal wieder ins Kontingent kommen“, erinnert sich der Militärpfarrer.
Der Prophet kommt in diesem Fall zum Berg
Auch für Militärpfarrer gibt es vor einem Einsatz Dinge zu erledigen, „ich habe einen Rucksack vom Kirchenamt bekommen, vollgepackt mit Sachen, die man für Gottesdienste und Seelsorge gebrauchen kann“, so Winfried M. Was, oder besser gesagt wer noch fehlte, war ein Pfarrhelfer. Der Militärpfarrer griff, wie schon bei seinem ersten Einsatz in Afghanistan, auf handverlesenes Personal zurück, das aus seiner räumlichen Nähe kommt. Und so saß er mit Oberstabsgefreiten Benjamin F., der in Ahlen stationiert ist, Anfang Mai im A400M.
Das Einsatzkontingent hat unterdessen vieles vorbereitet und geregelt. „Es war sofort ein Fahrzeug für uns da, und auch ein Container als provisorischer Arbeitsraum war in kurzer Zeit organisiert“, freut sich der Geistliche. Noch fehlende Infrastruktur für Gottesdienste und Bereiche für die Tätigkeiten der Seelsorge stellen ein Manko dar. „Doch es ist glücklicherweise Sommer, und man kann vieles draußen machen“, lächelt Winfried M.
Die ersten Fäden werden geknüpft
In den ersten Tagen legte der Pfarrer auch einige Kilometer zurück – jedoch nicht nur mit dem Dienstwagen, sondern auch auf der Platzrunde des Flughafens. „Die ein oder andere Idee für eine Predigt kommt mir auch gern mal beim Joggen“, weiß der Militärpfarrer zu berichten. Es gibt in der Bibel viele Aussagen, die sich auf das Leben einer Einsatzsoldatin- oder eines -soldaten übertragen lassen. Darüber hinaus gibt es auch einen Ideenfundus an Bibeltexten, aus denen sich mit ein wenig Phantasie und Kreativität auch Herausforderungen für ein Einsatzkontingent herauslesen lassen. Eine Predigt ist jedoch immer situationsbezogen und individuell.
Auch mit der Ärztin im Einsatz und der Truppenpsychologin hat er schnell Verbindung aufgenommen, denn das Dreierteam unterstützt nicht nur die Soldatinnen und Soldaten im Einsatz, sondern berät auch die Kontingentführung in Angelegenheiten des psychosozialen Netzwerkes. Es geht nicht immer darum, sofort eine Repatriierung aufgrund von überwältigenden Problemen ins Auge zu fassen, sondern gezielt den Betroffenen Gesprächsangebote zu bieten und die Bindung im Kontingent zu vertiefen.
Hilfreich sind hier sicher die ersten „Maßnahmen“, die der Militärpfarrer geplant hat. Durch gemeinsame Spieleabende, aber auch Betreuungsfahrten lernen die Soldatinnen und Soldaten eine andere Facette im Einsatz kennen und gewinnen auch mal Abstand zu dem fordernden Alltag. „Bald werden wir auch eine weitere Gitarre für solche Zwecke und für die Gottesdienste hier haben“, sagt Winfried M. mit spürbarer Begeisterung.
Eine zweite Gemeinde kommt dazu
Noch ist Sommer in der Slowakei und die Niederschläge halten sich im Talkessel am Flughafen Sliač in Grenzen. Doch nicht nur hier wird sich das Arbeitsfeld der Militärseelsorge verändern, sondern auch im rund eine Autostunde südostwärts gelegenen Leŝt. Dort trafen Ende Juni die deutschen Anteile des multinationalen Verbandes unter tschechischer Führung ein. „Auf dem Übungsgelände will und werde ich auch auf jeden Fall Flagge zeigen“, erklärt der 59-Jährige Militärpfarrer, der schon an einem Modus tüftelt, wann und wie lange er an dann zwei Orten jeweils verweilt.
Bei so vielen Plänen und Absichten hat Winfried M. schon fast vergessen, dass es auch für ihn irgendwann wieder nach Hause geht. Seine Ablöse ist im Moment für Anfang September vorgesehen, und der Name des Nachfolgers ist ihm bereits bekannt. Bis es soweit ist, möchte er regelmäßige Gottesdienste und auch Betreuungsfahrten sowie lebenskundliche Seminare an beiden Standorten etablieren.