Als Militärpfarrer im Einsatz

Die Militärseelsorge bei Counter Daesh / Capacity Building Iraq

Die Militärseelsorge bei Counter Daesh / Capacity Building Iraq

Datum:
Ort:
Al-Asrak
Lesedauer:
4 MIN

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Ich bin Martin Söffing, 42 Jahre alt. Als Militärpfarrer in der evangelischen Militärseelsorge bin ich seit 2019 in Köln tätig und dort zuständig für alle, die Dienst tun in den Standorten Konrad-Adenauer-Kaserne, Mudra-Kaserne, Lüttich-Kaserne sowie der Brückberg-Kaserne in Siegburg.

Ein Pfarrer in militärischer Uniform steht vor einer bläulichen Flagge im Innern eines Flugzeugs

Militärpfarrer Martin Söffing feiert den Gottesdienst an einem besonderen Ort: im Frachtraum des A400M

Bundeswehr/Robert Bechmann

Dies ist meine erste Einsatzbegleitung. Zwei meiner Kollegen aus dem Bereich konnten mir von ihren Erfahrungen im Vorfeld erzählen. Und zugleich war hier bei Counter Daesh/Capacity Building Iraq in Jordanien und dem Irak erstmal alles ganz neu für mich.

Das ist meine Aufgabe im Einsatz
Eine Gruppe Soldaten steht vor einem Gebäude mit der jordanischen, der US-amerikanischen sowie der deutschen Flagge

Der deutsche Militärpfarrer Martin Söffing mit den Kollegen des USUnited States Military Chaplain Corps

Bundeswehr/Robert Bechmann

Für die Kameradinnen und Kameraden im Einsatz ist der jeweilige Auftrag ganz klar; durch ihren Dienstposten und das Mandat des jeweiligen Einsatzes wird die Aufgabe definiert. Für uns als Militärseelsorgerinnen und Militärseelsorger ist der Auftrag – in der Heimat wie im Einsatz – für die Menschen da zu sein. Ich möchte die Kameraden begleiten, ihren Alltag kennenlernen, mit ihnen Freude teilen aber auch Frust oder Sorge. Zu den Aufgaben gehören Seelsorge und Gottesdienst, aber auch die Unterstützung im Rahmen des Psychosozialen Netzwerks. Der Einsatz bietet die Gelegenheit zu Gottesdiensten am anderen Ort – wie im A400M; einem der Beiträge unseres Kontingents. Nicht nur für die Kameradinnen und Kameraden vor Ort, sondern auch für mich war das ein ganz besonderes Erlebnis.

Das Angebot der Militärseelsorge richtet sich an jede und jeden – ganz gleich ob Teil einer Glaubensgemeinschaft, aus der Kirche ausgetreten oder irgendwas dazwischen. Gerade im Einsatz sind Menschen noch einmal anders auf sich selbst zurückgeworfen; manches, was im Alltag beiseitegeschoben wird, rückt hier plötzlich in den Fokus. Einerseits machen es Smartphone und Videocall leicht, nahezu ständig mit der Heimat in Kontakt zu bleiben – andererseits lassen sich Fragen oder Probleme nicht so einfach aus der Ferne beantworten oder lösen; das macht es manchmal nicht so einfach. Für die Kameraden im Einsatz bedeutet das oft ganz schön viel Druck und Stress – die Bewältigung der Aufgaben im Dienstbetrieb und danach, für „Zuhause“ in gewohnter Manier da zu sein. In solchen und ähnlichen Situationen möchte ich als Militärseelsorger bereit sein, den Kameradinnen und Kameraden zur Seite zu stehen.

Das macht meine Tätigkeit hier besonders
Soldatinnen und Soldaten sitzen andächtig im Frachtraum eines Militärtransportflugzeugs

Der A400M bietet reichlich Platz und eignet sich auch hervorragend für Feldgottesdienste

Bundeswehr/Robert Bechmann

Den Wunsch nach Seelsorge erlebe ich als stärker. Zuhause haben alle ihr gewohntes Netzwerk vor Ort aus Familie und Freunden; mancher Konflikt erübrigt sich durch die Heimfahrt nach Dienstschluss – hier im Einsatz ist das anders: sowohl im jordanischen Al-Asrak als auch im Irak. Auch wenn wir hier sehr gut und komfortabel untergebracht sind, ist es doch deutlich anders als in der Heimat. Ich verstehe, warum meine Kolleginnen und Kollegen so begeistert von ihren Einsätzen erzählen: Es ist wirklich toll und ein Privileg, unsere Soldatinnen und Soldaten zu begleiten, für sie da zu sein – gerade hier im Einsatz. Ich denke an das, was manchmal in der Heimat fehlt, Dankbarkeit und Wertschätzung für den Dienst der Kameradinnen und Kameraden.

Der Einsatz, mein Einsatz ist eine ambivalente Erfahrung: stationiert in Jordanien, an der Grenze zum für Juden und Christen gelobten Land. Ganz nah – aber eben auf der Schwelle. Soldatinnen und Soldaten erleben oft diese Schwellen- und Grenzerfahrungen. Auch und gerade dort kann die Militärseelsorge einen Beitrag leisten und begleiten.

Dabei gab es viele kleine und große Highlights – eines davon war sicher der Staffelmarathon unter der Schirmherrschaft der Militärseelsorge: Deutsche und amerikanische Soldatinnen und Soldaten haben gemeinsam die Marathondistanz absolviert – eine tolle Gelegenheit zum gemeinsamen Austausch. Es gab ein Fußballturnier, an dem deutsche, USUnited States-amerikanische und jordanische Soldaten teilnahmen. Überhaupt war die Zusammenarbeit mit den Kollegen des USUnited States Military Chaplain Corps großartig; gemeinsame Gottesdienste für unsere Soldaten, aber auch Dienstbesprechungen, die wir zusammen abgehalten haben.

Und dann sind da ganz besondere Erinnerungsstücke wie die Glocke aus dem deutschen Feldlager Camp Marmal in Masar-i Scharif. Sie wurde durch die Initiative eines Afghanistan-Veteranen der Bundeswehr übereignet und fand in diesem Jahr eine neue Heimat hier im jordanischen Camp Sonic. Sie läutet zu Gottesdiensten und Gedenkfeiern: „Licht denen, die im Finstern wohnen“ zu bringen, das ist ihre Bestimmung. Mich beeindruckt die Geschichte dieser für uns ganz besonderen Glocke, stellt sie die Verbindung her zu einer der schwierigsten Zeiten unserer Bundeswehr. Für viele Kameradinnen und Kameraden wie auch für mich war es immer besonders, sie am Sonntag läuten zu hören.

Das vermisse ich hier am meisten
Ein Fahrrad lehnt an einer Mauer; im Hintergrund der Kölner Dom

Mehr als nur ein Fortbewegungsmittel: für Militärpfarrer Söffing bedeutet sein Fahrrad auch ein Stück Freiheit und Heimat

Privat/Martin Söffing

Meine Familie habe ich in den vier Monaten am meisten vermisst, Freunde und Nachbarn ebenso. Und daneben fehlt mir das Fahrradfahren. Zuhause fahre ich mit dem Fahrrad zum Dienst, bei Regen ebenso wie bei Sonnenschein. Ich freue mich auf den Herbst, den Rhein, den Anblick des Doms; all das, was einem – was mir – das Gefühl von Heimat gibt.

Das sind meine Pläne, meine Wünsche und Grüße
Eine Glocke steht vor der Kapelle; daneben ist das Ärmelabzeichen des Deutschen Einsatzkontingents zu sehen

Die Glocke aus dem ehemaligen deutschen Feldlager in Masar-i Scharif läutet nun zum Gottesdienst im jordanischen Camp Sonic

Bundeswehr/Robert Bechmann

An erster Stelle steht, dass alle Kameradinnen und Kameraden an Leib und Seele wohlbehalten zurückkehren. Ich wünsche ihnen allen, dass sie eine gute Zeit verbringen, in der sie Kameradschaft erleben, sich darauf verlassen können, dass jede und jeder für den anderen einsteht.

Ich möchte die Impulse, die ich aus der internationalen wie aus der ökumenischen Zusammenarbeit gewonnen habe, nutzbar machen für den Dienst in der Heimat und die Kontakte, die geknüpft wurden, aufrechterhalten. Die Militärseelsorge steht vor großen Herausforderungen. Ich freue mich darauf, daran mitzuarbeiten, dass dies gelingt.

Ich fand den Einsatz unglaublich bereichernd, konnte so vieles lernen – dafür bin ich tatsächlich sehr dankbar.

von Martin Söffing (Redaktion Robert Bechmann) 

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